Arbeitslosigkeit

Aktuelles

Entfristung des erleichterten Zugangs zum Arbeitslosengeld für kurz befristet Beschäftigte (§ 142 Abs. 2 SGB III) - 8. SGB IV-Änderungsgesetz
Der Bundestag billigte das Achte Gesetz zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze in seiner 73. Sitzung am 1. Dezember 2022. Der Bundesrat hat in seiner 1029. Sitzung am 16. Dezember 2022 zu dem Einspruchsgesetz keinen Antrag auf Einberufung des Vermittlungsausschusses gestellt. Das Gesetz wurde am 28.12.2022 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht.


Arbeitslosmeldung ab dem 1. Januar 2022 auch online möglich
Auszug aus der Presseinformation Nr. 43 der Bundesagentur für Arbeit vom 14.12.2021:

Sich online arbeitsuchend melden, auf elektronischem Weg einen Antrag auf Arbeitslosengeld stellen und online einen Beratungstermin vereinbaren: Diese eService-Angebote der Bundesagentur für Arbeit werden ab dem 1. Januar 2022 um ein weiteres digitales Angebot ergänzt, das einen durchgängigen Online-Prozess ermöglicht. Mit der elektronischen Arbeitslosmeldung können sich Kundinnen und Kunden zu Beginn des neuen Jahres im Bereich der Arbeitslosenversicherung rund um die Uhr und ortsunabhängig arbeitslos melden. Ab dem 1. Januar 2022 ist die elektronische Arbeitslosmeldung der persönlichen Arbeitslosmeldung gleichgestellt. Bisher war ein persönliches Erscheinen zwingend erforderlich.

Wie bei der persönlichen Arbeitslosmeldung ist auch bei der Online-Arbeitslosmeldung ein Identifikationsnachweis erforderlich. Die Identifikation erfolgt dabei mit Hilfe des Personalausweises mit Online-Ausweisfunktion bzw. eines anderen elektronischen Identifikationsnachweises (elektronischer Aufenthaltstitel, eID-Karte, Ausweis eines EU-/EWR-Mitgliedslandes mit Online-Ausweisfunktion).

Als Alternative zur Online-Meldung bleibt die persönliche Arbeitslosmeldung auch weiterhin bestehen.

Grundsätzliches

Nach § 16 SGB III gelten Personen als arbeitslos, wenn sie:

  • vorübergehend nicht in einem Beschäftigungsverhältnis stehen,
  • eine versicherungspflichtige Beschäftigung suchen und dabei den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit zur Verfügung stehen und
  • sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet haben.

Teilnehmer an Maßnahmen der aktiven Arbeitsmarktpolitik gelten nicht als arbeitslos.

Die wirkliche Arbeitslosigkeit ist viel höher als die gemeldete Zahl. Seit 2009 weist die Bundesagentur in den Monatsberichten die sogenannte Unterbeschäftigung aus. In der Unterbeschäftigungsrechnung sind neben den Arbeitslosen die Personen enthalten, die an Maßnahmen der Arbeitsmarktpolitik teilnehmen oder zeitweise arbeitsunfähig erkrankt sind und deshalb nicht als arbeitslos gezählt werden.

Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung in Deutschland (Jahresdurchschnittswerte)

Quelle: Bundesagentur für Arbeit

Merkmal 2010 2011 2012 2013 2014
Arbeitslosigkeit registriert nach § 16 SGB III 3.239.000 2.976.000 2.897.000 2.950.000 2.898.000
Arbeitslosigkeit im weiteren Sinne 3.537.000 3.252.000 3.170.000 3.257.000 3.222.000
Unterbeschäftigung im engeren Sinne 4.502.000 3.989.000 3.768.000 3.796.000 3.712.000
Unterbeschäftigung (ohne Kurzarbeit) 4.747.000 4.212.000 3.928.000 3.901.000 3.803.000
Unterbeschäftigung (mit Kurzarbeit) 4.915.000 4.268.000 3.970.000 3.949.000 3.840.000

Definitionen der Bundesagentur für Arbeit:

Arbeitslosigkeit
Zahl der Personen, die die Arbeitslosenkriterien des § 16 Abs. 1 SGB III (Beschäftigungslosigkeit, Verfügbarkeit, Arbeitssuche) und des § 16 Abs. 2 SGB III (keine Teilnahme an einer arbeitsmarktpolitischen Maßnahme) erfüllen und deshalb als arbeitslos zählen.

Arbeitslosigkeit im weiteren Sinne
Zahl der Arbeitslosen nach § 16 SGB III plus Zahl der Personen, die die Arbeitslosenkriterien des § 16 Abs. 1 SGB III erfüllen (Beschäftigungslosigkeit, Verfügbarkeit und Arbeitssuche) und allein wegen des § 16 Abs. 2 SGB III (Teilnahme an einer arbeitsmarktpolitischen Maßnahme) oder wegen des § 53a Abs. 2 SGB II (erwerbsfähige Leistungsberechtigte nach Vollendung des 58. Lebensjahres, denen innerhalb eines Jahres keine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung angeboten werden konnte) nicht arbeitslos sind.

Unterbeschäftigung im engeren Sinne
Zahl der Arbeitslosen i.w.S. plus Zahl der Personen, die nah am Arbeitslosenstatus sind, also an bestimmten entlastend wirkenden arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen teilnehmen oder zeitweise arbeitsunfähig sind und deshalb die Kriterien des § 16 Abs. 1 SGB III (Beschäftigungslosigkeit, Verfügbarkeit und Arbeitssuche) nicht erfüllen. Personen in der Unterbeschäftigung im engeren Sinne haben ihr Beschäftigungsproblem (noch) nicht gelöst; ohne diese Maßnahmen wären sie arbeitslos.

Unterbeschäftigung
Unterbeschäftigung i.e.S. plus Zahl der Personen in weiteren entlastenden arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen, die fern vom Arbeitslosenstatus sind und ihr Beschäftigungsproblem individuell schon weitgehend gelöst haben (z.B. Personen in geförderter Selbständigkeit und Altersteilzeit); sie stehen für Personen, die ohne diese arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen arbeitslos wären.

Die persönliche Arbeitslosmeldung ist unverzichtbare Voraussetzung für den Bezug von Arbeitslosengeld. Sie muss spätestens am ersten Tag der Beschäftigungslosigkeit (frühestens drei Monate vorher) persönlich bei der für den Wohnort zuständigen Agentur für Arbeit erfolgen. Zu beachten ist aber der § 38 Abs. 1 SGB III:

Personen, deren Ausbildungs- oder Arbeitsverhältnis endet, sind verpflichtet, sich spätestens drei Monate vor dessen Beendigung bei der Agentur für Arbeit unter Angabe der persönlichen Daten und des Beendigungszeitpunktes des Ausbildungs- oder Arbeitsverhältnisses arbeitsuchend zu melden. Liegen zwischen der Kenntnis des Beendigungszeitpunktes und der Beendigung des Ausbildungs- oder Arbeitsverhältnisses weniger als drei Monate, haben sie sich innerhalb von drei Tagen nach Kenntnis des Beendigungszeitpunktes zu melden. Die Pflicht zur Meldung besteht unabhängig davon, ob der Fortbestand des Ausbildungs- oder Arbeitsverhältnisses gerichtlich geltend gemacht oder vom Arbeitgeber in Aussicht gestellt wird. Die Pflicht zur Meldung gilt nicht bei einem betrieblichen Ausbildungsverhältnis. Im Übrigen gelten für Ausbildung- und Arbeitsuchende die Meldepflichten im Leistungsverfahren nach den §§ 309 und 310 entsprechend.

Die Regelanwartschaftszeit war erfüllt, wenn in den letzten zwei Jahren vor der Arbeitslosmeldung und dem Beginn der Arbeitslosigkeit mindestens zwölf Monate ein Versicherungspflichtverhältnis bestanden hat.
Ab 01.01.2019 können diejenigen einen Anspruch auf Arbeitslosengeld geltend machen, die innerhalb von 30 Monaten auf Versicherungszeiten von 12 Monaten kommen.

Anspruchsdauer nach § 147 SGB III

Die Dauer des Anspruchs auf Arbeitslosengeld richtet sich nach der Dauer der Versicherungspflichtverhältnisse innerhalb der um 30 Monate erweiterten Rahmenfrist und dem Lebensalter, das die oder der Arbeitslose bei der Entstehung des Anspruchs vollendet hat.

Die Dauer des Anspruchs auf Arbeitslosengeld beträgt

nach Versicherungspflichtverhältnissen mit einer Dauer von insgesamt mindestens ... Monaten und nach Vollendung des ... Lebensjahres ... Monate
12   6
16   8
20   10
24   12
30 50. 15
36 55. 18
48 58. 24

Anspruchsdauer bei kurzer Anwartschaftszeit

Achtes Gesetz zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze (8. SGB IV-Änderungsgesetz)
Der Bundestag hat am 1. Dezember 2022 den Gesetzentwurf der Bundesregierung für ein achtes Gesetz zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze gebilligt. Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hatte zuvor noch Änderungen am Gesetz beschlossen (20/4706). Eine Änderung betrifft den § 142 Abs. 2 SGB III.
Der Bundesrat hat in seiner 1029. Sitzung am 16. Dezember 2022 zu dem Einspruchsgesetz keinen Antrag auf Einberufung des Vermittlungsausschusses gestellt.
Für überwiegend kurz befristet Beschäftigte wird der erleichterte Zugang zum Arbeitslosengeld festgeschrieben. Damit wird die bisher bis zum Ende des Jahres 2022 befristete Sonderreglung entfristet. Nach dieser Regelung kann ein Anspruch auf Arbeitslosengeld unter erleichterten Bedingungen geltend gemacht werden. Für diesen Personenkreis reichen bereits Versicherungspflichtzeiten von sechs Monaten innerhalb der letzten 30 Monate vor der Arbeitslosigkeit aus (Quelle: Pressemitteilung des Bundesministerium für Arbeit und Soziales vom 02. Dezember 2022).

Die Rahmenfrist beträgt 30 Monate und beginnt mit dem Tag vor der Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld (§ 143 SGB III).

Der § 142 SGB III definiert die Anwartschaftszeit und die kurze Anwartschaftszeit.

Die Gültigkeit des § 142 Abs. 2 SGB III (kurze Anwartschaftszeit) war bis 31.07.2021 befristet.
Mit dem Gesetz zur Stärkung der Chancen für Qualifizierung und für mehr Schutz in der Arbeitslosenversicherung (Qualifizierungschancengesetz) wurde diese Regelung bis zum 31.12.2022 verlängert.
Mit dem 8. SGB IV-Änderungsgesetz wird die Regelung entfristet.

(1) Die Anwartschaftszeit hat erfüllt, wer in der Rahmenfrist (§ 143) mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden hat. Zeiten, die vor dem Tag liegen, an dem der Anspruch auf Arbeitslosengeld wegen des Eintritts einer Sperrzeit erloschen ist, dienen nicht zur Erfüllung der Anwartschaftszeit.
(2) Für Arbeitslose, die die Anwartschaftszeit nach Absatz 1 nicht erfüllen sowie darlegen und nachweisen, dass
  1. sich die in der Rahmenfrist zurückgelegten Beschäftigungstage überwiegend aus versicherungspflichtigen Beschäftigungen ergeben, die auf nicht mehr als 14 Wochen im Voraus durch Arbeitsvertrag zeit- oder zweckbefristet sind, und
  2. das in den letzten zwölf Monaten vor der Beschäftigungslosigkeit erzielte Arbeitsentgelt das 1,5fache der zum Zeitpunkt der Anspruchsentstehung maßgeblichen Bezugsgröße nach § 18 Absatz 1 des Vierten Buches nicht übersteigt,
beträgt die Anwartschaftszeit sechs Monate. § 27 Absatz 3 Nummer 1 bleibt unberührt.

Die Änderung des § 142 Abs. 2 SGB III durch das 8. SGB IV-Änderungsgesetz ist fett hervorgehoben. Vorher stand dort: "gilt bis zum 31. Dezember 2022, dass die Anwartschaftszeit sechs Monate beträgt".

Bei Erfüllung der Anwartschaftszeit nach § 142 Absatz 2 beträgt die Dauer des Anspruchs auf Arbeitslosengeld unabhängig vom Lebensalter (§ 147 Abs. 3 SGB III)

nach Versicherungspflichtverhältnissen mit einer Dauer von insgesamt mindestens ... Monaten ... Monate
6 3
8 4
10 5

Abweichend von Absatz 1 sind nur die Versicherungspflichtverhältnisse innerhalb der Rahmenfrist des § 143 zu berücksichtigen.

Vorübergehende Sonderregelung zum Arbeitslosengeld - Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie

Der Bundesrat hat am 15. Mai 2020 dem Gesetz zu sozialen Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie (Sozialschutz-Paket II) zugestimmt, das der Bundestag am 14. Mai 2020 beschlossen hatte. Das Gesetz wurde am 28.05.2020 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht.
Das Sozialschutzpaket II enthält auch eine befristete Verlängerung der Anspruchsdauer beim Arbeitslosengeld. Für Personen, deren Anspruch auf Arbeitslosengeld sich in der Zeit vom 1. Mai 2020 bis zum 31. Dezember 2020 erschöpfen würde, wird die Anspruchsdauer einmalig um drei Monate verlängert.
Nach § 421c SGB III wird der folgende § 421d eingefügt (wurde später noch erweitert):

§ 421d Vorübergehende Sonderregelung zum Arbeitslosengeld

Für Personen, deren Anspruch auf Arbeitslosengeld sich in der Zeit vom 1. Mai 2020 bis zum 31. Dezember 2020 auf einen Tag gemindert hat, verlängert sich die Anspruchsdauer einmalig um drei Monate.

Sonderregelung zum Arbeitslosengeld durfte zeitlich begrenzt sein

Drei Monate mehr Arbeitslosengeld wegen der Corona-Pandemie nur bei Anspruchsende noch in 2020 - Hessisches Landessozialgericht, Beschluss vom 14.04.2021 (L 7 AL 42/21 B ER)
Leitsätze des Beschlusses:

1. Die Verlängerung der Dauer des Arbeitslosengeldanspruchs um drei Monate gilt nur für Personen, deren Anspruch sonst in der Zeit vom 1. Mai 2020 bis zum 31. Dezember 2020 ausgelaufen wäre.
2. Die einschlägige Rechtsgrundlage in § 421d Abs. 1 SGB III ist nicht analogiefähig.
3. Die Beschränkung des zeitlichen Anwendungsbereichs der Sonderregelung verstößt nicht gegen Verfassungsrecht.

Auszug aus der Pressemitteilung des LSG Darmstadt vom 29.04.2021:

Da der Arbeitslosengeldanspruch des Versicherten erst nach dem 31. Dezember 2020 ausgelaufen sei, resultiere auch aus der vorübergehenden Sonderregelung kein Leistungsanspruch über weitere drei Monate. Diese Vorschrift sei auf Personen, deren Anspruch auf Arbeitslosengeld erst im Jahr 2021 ausgelaufen sei, nicht analog anzuwenden.

Die Sonderregelung verstoße nicht gegen Verfassungsrecht. Der Gesetzgeber habe den ihm zustehenden Gestaltungsspielraum nicht überschritten. Er sei nicht verpflichtet, stets die optimale Lösung zu finden. Die Befristung der Leistungsverlängerung sei insbesondere nicht willkürlich, da für sie Sachgründe von hinreichendem Gewicht vorlägen. So sei es ein anerkanntes öffentliches Interesse, die Finanzierung der gesetzlichen Arbeitslosenversicherung zu sichern. ....

Arbeitslosengeld

Die Höhe des Arbeitslosengeldes legt § 149 SGB III fest:

Das Arbeitslosengeld beträgt
  1. für Arbeitslose, die mindestens ein Kind im Sinne des § 32 Absatz 1, 3 bis 5 des Einkommensteuergesetzes haben, sowie für Arbeitslose, deren Ehegattin, Ehegatte, Lebenspartnerin oder Lebenspartner mindestens ein Kind im Sinne des § 32 Absatz 1, 3 bis 5 des Einkommensteuergesetzes hat, wenn beide Ehegatten oder Lebenspartner unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind und nicht dauernd getrennt leben, 67 Prozent (erhöhter Leistungssatz),
  2. für die übrigen Arbeitslosen 60 Prozent (allgemeiner Leistungssatz)
des pauschalierten Nettoentgelts (Leistungsentgelt), das sich aus dem Bruttoentgelt ergibt, das die oder der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat (Bemessungsentgelt).

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