Der Arbeitsvertrag

Aktuelles

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 13.05.2020 (4 AZR 489/19): Grenzen der tariflichen Regelungsmacht - Ansprüche nur bei "arbeitsvertraglicher Nachvollziehung" eines Tarifwerks
Auszug aus der Pressemitteilung Nr. 14/20 des Bundesarbeitsgerichts:

Die Parteien eines Tarifvertrags können in diesem nicht wirksam vereinbaren, dass Ansprüche aus dem Tarifvertrag trotz beiderseitiger Tarifgebundenheit nur dann bestehen sollen, wenn die Arbeitsvertragsparteien die Einführung des Tarifwerks durch eine Bezugnahmeklausel auch individualvertraglich nachvollziehen. Eine solche Bestimmung liegt außerhalb der tariflichen Regelungsmacht der Tarifvertragsparteien.

Die Tarifvertragsparteien dürfen eine allgemeine Altersgrenze (Rentenalter) festlegen, mit deren Erreichen das Arbeitsverhältnis automatisch endet. Ebenso zulässig ist, dass ein solcher Tarifvertrag für allgemeinverbindlich erklärt wird.

Dies hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) in einem Urteil vom Urteil vom 12. 10. 2010 entschieden und ein Verfahren zurück an das Arbeitsgericht Hamburg verwiesen. Dort hatte eine Gebäudereinigungskraft auf Weiterbeschäftigung geklagt.
Der EuGH entschied, dass die in Deutschland geltenden gesetzlichen Grundlagen (tarifliche Rentenalterklausel im § 10 Satz 3 Nr. 5 AGG) und die tarifvertragliche Zwangspensionierungsregelung mit dem Europarecht vereinbar sind.
§ 10 Satz 3 Nr. 5 AGG:

Ungeachtet des § 8 ist eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters auch zulässig, wenn sie objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist. Die Mittel zur Erreichung dieses Ziels müssen angemessen und erforderlich sein. Derartige unterschiedliche Behandlungen können insbesondere Folgendes einschließen:
  1. eine Vereinbarung, die die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses ohne Kündigung zu einem Zeitpunkt vorsieht, zu dem der oder die Beschäftigte eine Rente wegen Alters beantragen kann; § 41 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch bleibt unberührt,

Grundsätzliches

Der Arbeitsvertrag ist eine Unterart des im BGB geregelten Dienstvertrages. Da Arbeitsvertragsbedingungen für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert werden, unterliegen sie grundsätzlich auch dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen im BGB.

Das durch den Arbeitsvertrag begründete Arbeitsverhältnis ist von der persönlichen Abhängigkeit des Arbeitnehmers vom Arbeitgeber gekennzeichnet. Der Arbeitnehmer kann seine Tätigkeit im wesentlichen nicht selbst gestalten und seine Arbeitszeit frei festlegen. Er ist in die Arbeitsorganisation des Arbeitgebers eingegliedert und unterliegt damit den Weisungen des Arbeitgebers über Inhalt, Durchführungsart, Durchführungszeit und Ort der Tätigkeit.

Die arbeitsvertragliche Vereinbarung von Regeln und Normen für das störungsfreie Miteinander am Arbeitsplatz, aber auch für den Streitfall, ist sehr wichtig. So birgt eine nicht eindeutig geregelte Zusammenarbeit das Risiko zahlreicher Probleme.

Für viele Arbeitverhältnisse ergeben sich wesentliche Punkte aus einem Tarifvertrag.
Nach einer Presseinformation des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung vom 02.06.2014 arbeiteten im Jahr 2013 hochgerechnet etwa 52 Prozent der westdeutschen und 35 Prozent der ostdeutschen Beschäftigten in Betrieben, die branchentarifgebunden waren. Firmentarifverträge galten für 8 Prozent der westdeutschen und rund 12 Prozent der ostdeutschen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Damit gab es für 40 Prozent der Beschäftigten im Westen und 53 Prozent im Osten keinen Tarifvertrag.

Gesetzlich vorgeschrieben ist eine schriftliche Zusammenfassung der wesentlichen Vertragsbedingungen des Arbeitsverhältnisses. Der Arbeitgeber hat spätestens einen Monat nach dem vereinbarten Beginn des Arbeitsverhältnisses die Niederschrift zu unterzeichnen und dem Arbeitnehmer auszuhändigen.
Mindestanforderungen stehen im § 2 NachwG.
Die Schriftform ist nicht für Aushilfstätigkeiten von höchstens einem Monat erforderlich. Dazu enthält der § 1 NachwG (Gesetz über den Nachweis der für ein Arbeitsverhältnis geltenden wesentlichen Bedingungen) folgendes:

Dieses Gesetz gilt für alle Arbeitnehmer. Praktikanten, die gemäß § 22 Absatz 1 des Mindestlohngesetzes als Arbeitnehmer gelten, sind Arbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes.

Ein schriftlicher Arbeitsvertrag hilft bei der Vermeidung späteren Streits. Er sollte mehr als die geforderten Punkte umfassen. Ein guter Arbeitsvertrag sollte die tarifliche Situation und die betrieblichen Notwendigkeiten berücksichtigen, vollständig sein sowie dem aktuellen Stand der Rechtsprechung entsprechen. Das lässt sich mit einem Standardformular vom Steuerberater oder aus dem Schreibwarengeschäft in der Regel nicht bewerkstelligen. Standard-Arbeitsverträge werden der komplexen Lebenswirklichkeit nicht gerecht.

Hier finden Sie wichtige Punkte eines Arbeitsvertrags.

Wenn ein Arbeitnehmer den Arbeitgeber bei Abschluss des Arbeitsvertrags bewusst über persönliche Eigenschaften täuscht, die für das Arbeitsverhältnis von Bedeutung sind, rechtfertigt das die Anfechtung des Arbeitsvertrages, der damit sofort beendet ist.

Einheitliches Beschäftigungsverhältnis

Übt ein Arbeitnehmer bei demselben Arbeitgeber gleichzeitig mehrere Beschäftigungen aus, so ist ohne Rücksicht auf die arbeitsvertragliche Gestaltung sozialversicherungsrechtlich von einem einheitlichen Beschäftigungsverhältnis auszugehen. Mehrere Beschäftigungen bei demselben Arbeitgeber werden versicherungsrechtlich als eine Einheit betrachtet.
Der Arbeitgeberbegriff ist nicht betriebsbezogen, sondern personenbezogen zu verstehen (Finanzgericht Niedersachsen Urteil vom 26.09.2017, 14 K 241/16).
Eine Mehrfachbeschäftigung kann nur bei verschiedenen Arbeitgebern vorliegen.

Auszug aus den Geringfügigkeits-Richtlinien vom 14. Dezember 2023:

Übt ein Arbeitnehmer bei demselben Arbeitgeber gleichzeitig mehrere Beschäftigungen aus, so ist ohne Rücksicht auf die arbeitsvertragliche Gestaltung sozialversicherungsrechtlich von einem einheitlichen Beschäftigungsverhältnis auszugehen (vgl. Urteil des Bundessozialgerichts - BSG - vom 16. Februar 1983 - 12 RK 26/81 -, USK 8310). Gesetzliche Regelungen, insbesondere im Leistungsrecht der Arbeitsförderung, ändern daran nichts.
....
Mehrere Beschäftigungen bei demselben Arbeitgeber werden versicherungsrechtlich als eine Einheit betrachtet. Dabei ist auf den in der Sozialversicherung verwendeten Begriff des Arbeitgebers abzustellen, der einen eigenständigen Inhalt hat. Für die Feststellung, ob ein einheitliches Beschäftigungsverhältnis vorliegt, ist demnach allein zu prüfen, ob Arbeitgeberidentität besteht. Die Art der jeweils ausgeübten Beschäftigung ist dabei unbedeutend; es ist also nicht erforderlich, dass bei einem Arbeitgeber gleiche oder funktionsverwandte Tätigkeiten ausgeübt werden.
....
Hat ein Arbeitgeber mehrere Betriebe, ist unabhängig davon, in welchen Betrieben oder Betriebsteilen die jeweilige Beschäftigung ausgeübt wird, von einem einheitlichen Beschäftigungsverhältnis auszugehen. Dabei ist unerheblich, ob es sich um organisatorisch selbständige (z. B. Zweigniederlassungen) oder um unselbständige Betriebe (z. B. Betriebsstätte) oder Betriebsteile handelt.
....
Von einem einheitlichen Beschäftigungsverhältnis ist nicht auszugehen, wenn ein auf der Grundlage eines Berufsausbildungsvertrages zur Berufsausbildung Beschäftigter zusätzlich eine geringfügige Beschäftigung im Ausbildungsbetrieb im Rahmen eines Arbeitsvertrages aufnimmt. Die Eigenart des Berufsausbildungsverhältnisses lässt es nicht zu, die Beschäftigung zur Berufsausbildung mit der geringfügigen Beschäftigung im Sinne einer einheitlichen Beschäftigung zu verbinden. Die in einer Ausbildungs-, Studien- oder Prüfungsordnung vorgeschriebenen Praktika von Studenten und Schülern sowie die Teilnahme an einem dualen Studiengang gelten dabei ebenfalls als Beschäftigungen zur Berufsausbildung.

Für Ausbildende und Studierende bedeutet das, das Sie Ausbildung und Minijob beim gleichen Arbeitgeber ausüben dürfen.

Bundessozialgericht Urteil vom 16.02.1983 - 12 RK 26/81
Amtlicher Leitsatz:

Auch nach der Neuregelung der Versicherungsfreiheit von geringfügig Beschäftigten sind alle bei demselben Arbeitgeber ausgeübten Beschäftigungen, ohne Rücksicht auf ihre arbeitsvertragliche Gestaltung, als ein einheitliches Beschäftigungsverhältnis anzusehen. Eine neben einer versicherungspflichtigen Beschäftigung ausgeübte geringfügige Beschäftigung ist deshalb nur versicherungsfrei, wenn sie nicht von demselben Arbeitgeber ausgeübt wird.

Bundessozialgericht Urteil vom 27.06.2012 - B 12 KR 28/10 R
Leitsätze:

Auch nach der Neuregelung der Versicherungsfreiheit von geringfügigen Beschäftigungen zum 1.4.2003 gelten alle von einem Beschäftigten bei demselben Arbeitgeber ausgeübten Beschäftigungen als einheitliche Beschäftigung iS von § 8 SGB IV, sodass neben einer versicherungspflichtigen Beschäftigung bei demselben Arbeitgeber keine versicherungsfreie geringfügige Beschäftigung besteht.

Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg hat am 28.12.2022 mit dem Urteil 6 K 6129/20 die höchstrichterliche sozialgerichtliche Rechtsprechung bestätigt.
Auszug aus den Entscheidungsgründen:

Die höchstrichterliche sozialgerichtliche Rechtsprechung, von deren Auslegung der hier erkennende Berichterstatter keine Veranlassung erkennt, sieht andernfalls die Gefahr von Manipulationen, wenn durch Aufspaltung einer einheitlichen Vertragsbeziehung in eine Haupt- und eine geringfügige Nebenbeschäftigung Teile der Arbeitsleistung für den Arbeitnehmer beitragsfrei und für den Arbeitgeber beitragsgünstiger gestellt werden können.

Beschäftigung und selbstständige Tätigkeit bei demselben Vertragspartner - Gemischte Tätigkeit
Es besteht aber rechtlich die Möglichkeit, dass eine natürliche Person für denselben Vertragspartner als abhängig Beschäftigter und daneben selbstständig tätig ist. In diesem Fall liegt eine so genannte gemischte Tätigkeit vor. Dafür gelten aber strenge Prüfungsmaßstäbe.
Von solchen Konstruktionen ist wegen des damit verbundenen sozialversicherungsrechtlichen Risikos grundsätzlich abzuraten.

Verschwiegenheitspflicht - Geheimhaltung der Vergütungshöhe - AGB-Kontrolle

Eine Klausel zur innerbetrieblichen Verschwiegenheit über die Lohn- bzw. Gehaltshöhe im Arbeitsvertrag ist laut Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern unzulässig, da sie den Arbeitnehmer daran hindere, Verstöße gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz gegenüber dem Arbeitgeber erfolgreich geltend zu machen. Zudem verstoße die Klausel gegen Art. 9 Abs. 3 Grundgesetz (2 Sa 183/09 und 2 Sa 237/09).

Auszug aus den Entscheidungsgründen des Urteils vom 21.10.2009, 2 Sa 237/09:

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (zuletzt: Urteil vom 15.07.2009, 5 AZR 486/08) ist der Arbeitgeber auch bei der Lohngestaltung dem Gleichbehandlungsgrundsatz verpflichtet. Die einzige Möglichkeit für den Arbeitnehmer festzustellen, ob er Ansprüche aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz hinsichtlich seiner Lohnhöhe hat, ist das Gespräch mit Arbeitskollegen. Ein solches Gespräch ist nur erfolgreich, wenn der Arbeitnehmer selbst auch bereit ist, über seine eigene Lohngestaltung Auskunft zu geben. Könnte man ihm derartige Gespräche wirksam verbieten, hätte der Arbeitnehmer kein erfolgversprechendes Mittel, Ansprüche wegen Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes im Rahmen der Lohngestaltung gerichtlich geltend zu machen.

Darüber hinaus wird das Verbot auch gegen die Koalitionsfreiheit gemäß Art. 9 Abs. 3 GG verstoßen, da sie auch Mitteilungen über die Lohnhöhe gegenüber einer Gewerkschaft verbietet, deren Mitglied der betroffene Arbeitnehmer sein könnte. Sinnvolle Arbeitskämpfe gegen ein Unternehmen wären so nicht möglich, da die Gewerkschaft die Lohnstruktur nicht in Erfahrung bringen kann.

Art. 9 Abs. 3 Grundgesetz:

Das Recht, zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen zu bilden, ist für jedermann und für alle Berufe gewährleistet. Abreden, die dieses Recht einschränken oder zu behindern suchen, sind nichtig, hierauf gerichtete Maßnahmen sind rechtswidrig. Maßnahmen nach den Artikeln 12a, 35 Abs. 2 und 3, Artikel 87a Abs. 4 und Artikel 91 dürfen sich nicht gegen Arbeitskämpfe richten, die zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen von Vereinigungen im Sinne des Satzes 1 geführt werden.

Sprache des Arbeitsvertrags

Nach Ansicht des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz muss der Arbeitgeber einen Arbeitsvertrag nicht unaufgefordert in die Muttersprache des Arbeitnehmers übersetzen.
Urteil vom 02.02.2012, 11 Sa 569/11
Auszug aus den Entscheidungsgründen:

Es besteht keine allgemeine Pflicht des Arbeitgebers, den Arbeitsvertrag unaufgefordert in die Muttersprache des Arbeitnehmers zu übersetzen (Hessisches LAG, 11.09.1986 - 9 Sa 421/86 - zitiert nach juris). Eine generelle Übersetzungspflicht für Schriftstücke, die von fremdsprachlichen Arbeitnehmern unterzeichnet werden sollen, ist dem geltenden Recht nicht zu entnehmen (Hessisches LAG, 01.04.2003 - 13 Sa 1240/02 - zitiert nach juris, Rn. 47).
Dies gilt insbesondere, wenn sich die Vertragsparteien auf die deutsche Sprache als Verhandlungs- und Vertragssprache einigen (LAG Niedersachsen a.a.O. Rn. 34; BGH 10.03.1983 - VII ZR 302/82 - BGHZ 87, 112). Lässt sich der ausländische Partner hierauf ein, so akzeptiert er damit den gesamten deutschsprachigen Vertragsinhalt einschließlich der zugrundeliegenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Es ist ihm zuzumuten, sich vor Abschluss des Vertrags selbst die erforderliche Übersetzung zu beschaffen. Anderenfalls muss er den nicht zur Kenntnis genommenen Text der Geschäftsbedingungen gegen sich gelten lassen.

Tariflohn

Tarifverträge werden in der Regel zwischen einer Gewerkschaft und einem Arbeitgeberverband abgeschlossen. Tarifverträge mit einzelnen Unternehmen nennt man Haustarifverträge.

Wenn ein Tarifvertrag für eine bestimmte Branche besteht, ist er nicht automatisch für jeden Arbeitgeber verbindlich. Nur wenn sowohl das Unternehmen als auch der Arbeitnehmer tarifgebunden sind, muss der Arbeitgeber die entsprechenden Löhne zahlen und die tarifliche Arbeitszeit einhalten.

Häufig orientieren sich Unternehmen, die nicht im Arbeitgeberverband sind, auch an den Tarifverträgen der Branche. Dazu sind sie allerdings nicht verpflichtet. Nur wenn ein Tarifvertrag für allgemeinverbindlich erklärt wird, gilt er für alle Arbeitnehmer und Arbeitgeber im Tarifbereich.

Nicht-Gewerkschaftsmitglieder erhalten in einem tarifgebundenen Unternehmen in der Regel ebenfalls die Tarifleistungen. Der Grund dafür ist, dass kein Arbeitgeber die Nicht-Gewerkschaftsmitglieder durch schlechtere Bedingungen zum Gewerkschaftsbeitritt veranlassen möchte.

Wenn der Arbeitgeber aus dem Tarifverband austritt, haben die Arbeitnehmer nur noch Anspruch auf den alten Tariflohn. Künftige Tariferhöhungen gelten für das Unternehmen dann nicht mehr. Nach einem Urteil des Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz (18.02.2010 - 5 Sa 452/09) gilt das auch, wenn sich der Arbeitsvertrag ausdrücklich am jeweils geltenden Tariflohn orientiert.

Mindestlohn

Vereinbarte Branchenmindestlöhne müssen eingehalten werden.

Ab 2015 gilt das Gesetz zur Regelung eines allgemeinen Mindestlohns (Mindestlohngesetz-MiLoG). Das Gesetz führt einen allgemeinen Mindestlohn in Deutschland ein. Der Mindestlohn wird von der Mindestlohnkommission regelmäßig angepasst.

Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG)

Im Bewerbungsverfahren und bei Einstellungen drohen einem Arbeitgeber die größten Gefahren durch das neue Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG).

Wie bei allen anderen arbeitsrechtlichen Maßnahmen, muss auch im Einstellungs- und Bewerbungsverfahren

  • das Geschlecht,
  • die Rasse und ethnische Herkunft,
  • die Religion und Weltanschauung,
  • eine Behinderung,
  • das Alter und
  • die sexuelle Identität

unberücksichtigt bleiben.

Aus einem Personalfragebogen sollten alle Fragen nach dem Geburtsdatum, dem Geburtsort, dem Familienstand, der Konfession sowie nach der uneingeschränkten körperlichen Belastbarkeit entfernt werden.

Seit dem 18. August 2006 gilt die Aushangpflicht für das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG)!

Mit dem AGG ist ein besonderer Menschenschlag, der AGG-Hopper entstanden.

Das AGG ist eigentlich ein Beschäftigungsprogramm für Juristen und Unternehmensberater. Die Gleichbehandlung aller ist eine Utopie und wird es immer bleiben. Schon die Tatsache der Einstellung führt ja zu einer Ungleichbehandlung der Bewerber. Ein Arbeitgeber trägt als Unternehmer das ganze Risiko, also sollte ihm auch bei der Einstellung von Personal die freie unternehmerische Entscheidung möglich sein. Wer als Unternehmer vor einer Einstellung mit mehreren Möglichkeiten wie z. B.:

  • Frau oder Mann
  • alt oder jung
  • dick oder dünn
  • groß oder klein
  • gelb oder grün
  • Raucher oder Nichtraucher
  • vorbestraft oder nicht vorbestraft

steht, sollte sich auch klar äußern dürfen, ohne juristische Fallstricke fürchten zu müssen. Denn nur der Unternehmer hat auch die Verantwortung für eine Personalentscheidung. Jeder Unternehmer wird sich sowieso für den seiner Meinung nach passenden Arbeitnehmer entscheiden. Er muss sich nur korrekt durch das AGG schlängeln. Kein Arbeitgeber wird sich jemanden aufdrücken lassen, bei dem er ein schlechtes Bauchgefühl hat.

Die aktuelle Rechtsprechung zur AGG-konformen Besetzung von Arbeitsplätzen gibt aber Hoffnung.
Bundesarbeitsgericht Urteil vom 21.02.2013 (8 AZR 180/12)
Auszug aus den Entscheidungsgründen:

Ein abgelehnter Stellenbewerber genügt seiner Darlegungslast bzgl. der behaupteten Benachteiligung nicht allein dadurch, dass er vorträgt, er habe sich beworben, sei unberücksichtigt geblieben und erfülle das in der Ausschreibung geforderte Anforderungsprofil sowie zumindest eines der in § 1 AGG genannten Merkmale (BAG 20. Mai 2010 - 8 AZR 287/08 (A) - Rn. 18, AP AGG § 22 Nr. 1 = EzA AGG § 22 Nr. 1). Allein das Vorliegen eines Diskriminierungsmerkmals iSd. § 1 AGG in der Person des angeblich Benachteiligten reicht für die Annahme des Kausalzusammenhangs mit der Ablehnung nicht aus (BAG 28. April 2011 - 8 AZR 515/10 - Rn. 35, AP AGG § 15 Nr. 7 = EzA AGG § 22 Nr. 4).

Ein weiteres Urteil des Bundesarbeitsgericht vom 17.10.2013 (8 AZR 742/12) setzt dem AGG-Hopper Grenzen.
Auszug aus der Pressemitteilung Nr. 63/13 des Bundesarbeitsgerichts:

Wird einer Arbeitnehmerin gekündigt, ohne dass Kenntnis von ihrer Schwangerschaft bei Zugang der Kündigungserklärung besteht, so ist weder die Kündigung selbst noch ein "Festhalten" an der Kündigung Indiz für eine Benachteiligung wegen des Geschlechts.

Mindesturlaub/ Probezeit/ Kündigung und Kündigungsfristen/ Befristung

Bei der Festlegung des Urlaubs sind die gesetzlichen Bestimmungen des Mindesturlaubsgesetz für Arbeitnehmer zu beachten. Der jährliche Mindesturlaub beträgt nach § 3 des Mindesturlaubsgesetz 24 Werktage (das Gesetz geht also von einer 6-Tage-Woche aus). Für Schwerbehinderte und Jugendliche gelten andere Werte.

Die Probezeit kann laut § 622 Abs. 3 BGB bis zu 6 Monate dauern. In dieser Zeit kann das Arbeitsverhältnis mit einer Frist von zwei Wochen gekündigt werden.

Zum Thema Kündigung und Kündigungsfristen finden Sie Informationen auf der Seite Entlassung/ Beendigung des Arbeitsverhältnisses.

Zum Thema Befristung von Arbeitsverhältnissen finden Sie Informationen auf der Seite Befristung.

Aufwandsersatz bei Lohnpfändung

Zum Thema Aufwandsersatz bei Lohnpfändung (Vereinbarung Erstattungsanspruch) finden Sie Informationen auf der Seite Lohnpfändung.

Widerrufsvorbehalte

Mit Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes am 01.01.2002 (Änderungen des Schuldrechts im BGB) werden vorformulierte Arbeitsverträge einer strengeren inhaltlichen Kontrolle unterzogen. Besonders betroffen sind so genannte Widerrufsvorbehalte, mit denen der Arbeitgeber z. B. freiwillig gewährte Zulagen (Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld etc.) widerrufen kann. Ein rechtssicherer Widerrufsvorbehalt darf nicht zu einem Eingriff in den Kernbereich des Arbeitsvertrags führen. Das bedeutet:

  • Zulässig ist die Vereinbarung eines Widerrufsvorbehalts, soweit der widerrufliche Teil des Gesamtverdienstes (Vergütung für Arbeit) unter 25% liegt und mit dem verbleibenden Verdienst ein etwaiger Tariflohn nicht unterschritten wird.
  • Der widerrufliche Teil der Arbeitsvergütung erhöht sich auf bis zu 30% des Gesamtverdienstes, wenn es Zahlungen des Arbeitgebers betrifft, die nicht eine unmittelbare Gegenleistung für die Arbeitsleistung darstellen, sondern Ersatz für Aufwendungen (z. B. ein Fahrkostenzuschuss).
  • Die widerrufliche Leistung muss nach Art und Höhe eindeutig sein.
  • Es muss einen zulässigen Widerrufsgrund geben (wirtschaftliche Notlage des Unternehmens, nicht ausreichender Gewinn, unterdurchschnittliche Leistung des Arbeitnehmers bzw. Pflichtverletzungen).
  • In Arbeitsverträgen die nach dem 01.01.2002 geschlossen werden, muss der Widerrufsgrund im Arbeitsvertrag stehen.

Arbeitsvertragsgesetz - Einheitliches Gesetz gefordert

Das Bundesarbeitsgericht fordert, die Vielzahl der bestehenden Regelungen in einem Gesetzeswerk zusammenzufassen, um die Arbeitsgerichte zu entlasten.
Auszug aus der Rede von Prof. Dr. Hellmut Wißmann (Präsident des Bundesarbeitsgerichts) zum Festakt aus Anlass des 50. Jahrestages der Errichtung des Bundesarbeitsgerichts:

Der ultimative Dank wäre ein Arbeitsgesetzbuch oder wenigstens ein Arbeitsvertragsgesetz, das die Ergebnisse der Rechtsprechung des BAG aufnimmt. Dies wäre für Arbeitnehmer und Arbeitgeber sehr hilfreich, da sich die Rechtsprechung des BAG durchaus sehen lässt, aber schwer zu finden ist. Eine Kodifikation würde das ändern, übrigens auch im Ausland. Wurde man im Ausland bisher nach dem deutschen Arbeitsgesetzbuch gefragt, konnte man, wie es mir in Kiew geschehen ist, nur verschämt auf eine Sammlung arbeitsrechtlicher Gesetzestexte verweisen.

Das Fehlen eines derartigen Gesetzeswerks ist ein schwerwiegender Mangel des deutschen Rechtssystems. Nach Artikel 30 des Einigungsvertrages vom 31. August 1990 hätte das längst behoben werden müssen.
Derzeit finden sich in folgenden Gesetzen Vorschriften des Arbeitsvertragsrechts:

  • Bürgerliches Gesetzbuch
  • Gewerbeordnung
  • Handelsgesetzbuch
  • Gesetz zur Regelung eines allgemeinen Mindestlohns
  • Seearbeitsgesetz
  • Gesetz über den Nachweis der für ein Arbeitsverhältnis geltenden wesentlichen Bedingungen
  • Gesetz über die Zahlung des Arbeitsentgelts an Feiertagen und im Krankheitsfall
  • Gesetz über den Ausgleich der Arbeitgeberaufwendungen für Entgeltfortzahlung
  • Mindesturlaubsgesetz für Arbeitnehmer
  • Gesetz zum Elterngeld und zur Elternzeit
  • Gesetz über die Pflegezeit
  • Gesetz über die Familienpflegezeit
  • Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz
  • Kündigungsschutzgesetz
  • Gesetz über Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge
  • Gesetz zur Regelung der Arbeitnehmerüberlassung
  • Gesetz über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet
  • Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung
  • Fünftes Gesetz zur Förderung der Vermögensbildung der Arbeitnehmer
  • Gesetz über Arbeitnehmererfindungen
  • Gesetz über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte
  • Gesetz über den Schutz des Arbeitsplatzes bei Einberufung zum Wehrdienst

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