Lohnfortzahlung (Entgeltfortzahlung) an gesetzlichen Feiertagen

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Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 16. Oktober 2019 (5 AZR 352/18) - Feiertagsvergütung - Zeitungszusteller
Eine Vereinbarung im Arbeitsvertrag, die darauf abzielt, Feiertage aus der Vergütungspflicht auszunehmen, ist wegen der Unabdingbarkeit des gesetzlichen Entgeltfortzahlungsanspruchs unwirksam.

Grundsätzliches

Gesetzliche Grundlage ist das Entgeltfortzahlungsgesetz (EntgFG). Einen Anspruch auf Lohnfortzahlung an gesetzlichen Feiertagen haben alle Arbeitnehmer (also auch Aushilfskräfte, Teilzeitbeschäftigte und Auszubildende).

Der § 1 Abs. 2 Entgeltfortzahlungsgesetz definiert den Begriff Arbeitnehmer:

Arbeitnehmer in Sinne dieses Gesetzes sind Arbeiter und Angestellte sowie die zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten.

Der Anspruch auf Feiertagsbezahlung besteht also unabhängig von der Dauer des Arbeitsverhältnisses und des Umfangs der zu leistenden Arbeitszeit.

Im § 2 Abs. 1 Entgeltfortzahlungsgesetz steht dazu:

Für Arbeitszeit, die infolge eines gesetzlichen Feiertages ausfällt, hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer das Arbeitsentgelt zu zahlen, das er ohne den Arbeitsausfall erhalten hätte.

Diese Anspruchsvoraussetzung ist erfüllt, wenn an einem Tag, an dem der Arbeitnehmer sonst regelmäßig zur Arbeitsleistung verpflichtet ist, für ihn infolge eines Feiertags die Arbeit ausfällt. Damit muss ein Arbeitgeber kein Arbeitsentgelt zahlen, wenn im Rahmen einer flexiblen Arbeitszeitregelung ein freier Tag auf einen gesetzlichen Feiertag fällt.
Dazu gibt es ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 24.01.2001 (4 AZR 538/99) - Feiertagslohn bei flexibler Arbeitszeitregelung.
Leitsätze:

1. Eine Betriebsvereinbarung, wonach im wöchentlichen Wechsel jeweils von Montag bis Freitag und von Montag bis Donnerstag gearbeitet wird, ist mit § 3 Ziff. 1. 3 BRTV-Bau vereinbar.
2. Fällt auf den hiernach arbeitsfreien Freitag ein gesetzlicher Feiertag, so löst dies keinen Anspruch auf Zahlung von Feiertagsvergütung aus.

Feiertagslohnzahlung bei dienstplanmäßiger Freistellung des Arbeitnehmers
Wenn also ein Feiertag auf einen nach einem Dienstplan regelmäßig für den Arbeitnehmer arbeitsfreien Tag fällt, besteht kein Anspruch auf Feiertagsvergütung. Die Arbeit fällt an diesem Tag infolge des Dienstplans aus und nicht infolge des Feiertags. Um einen Gestaltungsmissbrauch zu verhindern, hat das Bundesarbeitsgericht schon am 09.10.1996 (Urteil 5 AZR 345/95) festgelegt: "Die dienstplanmäßige Freistellung des Arbeitnehmers am Feiertag schließt dessen Anspruch auf Entgeltfortzahlung nur dann aus, wenn sich die Arbeitsbefreiung aus einem Schema ergibt, das von der Feiertagsruhe an bestimmten Tagen unabhängig ist."
Diese Auffassung hat das Bundesarbeitsgericht am 27.03.2014 mit Urteil 6 AZR 621/12 bekräftigt.
Auszug aus den Entscheidungsgründen:

Nach § 2 Abs. 1 EFZG besteht ein Entgeltfortzahlungsanspruch für einen arbeitsfreien gesetzlichen Feiertag bei Arbeit nach einem Schichtplan nur dann, wenn die planmäßige Freistellung durch die gesetzliche Feiertagsruhe bestimmend beeinflusst ist. § 2 Abs. 1 EFZG begründet dagegen keinen Entgeltfortzahlungsanspruch, wenn sich die Freistellung aus einem Planschema ergibt, das von der gesetzlichen Feiertagsruhe unabhängig ist, etwa weil der betriebliche Bedarf an der Arbeitsleistung durch den Feiertag nicht oder nicht wesentlich geringer ist. Dass der Arbeitnehmer an diesem Tag planmäßig frei hat, liegt dann nicht am Feiertag, sondern dient zB dazu, einen Fünftagesrhythmus einzuhalten (vgl. BAG 24. Oktober 2013 - 6 AZR 286/12 - Rn. 43; 15. Januar 2013 - 9 AZR 430/11 - Rn. 39; 8. Dezember 2010 - 5 AZR 667/09 - Rn. 12, BAGE 136, 290).

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 16. Oktober 2019 (5 AZR 352/18) - Feiertagsvergütung - Zeitungszusteller
Auszug aus der Pressemitteilung Nr. 32/19 des Bundesarbeitsgerichts:

Eine arbeitsvertragliche Regelung, nach der ein Zeitungszusteller einerseits Zeitungsabonnenten täglich von Montag bis Samstag zu beliefern hat, andererseits Arbeitstage des Zustellers lediglich solche Tage sind, an denen Zeitungen im Zustellgebiet erscheinen, verstößt gegen den Grundsatz der Unabdingbarkeit des gesetzlichen Anspruchs auf Entgeltzahlung an Feiertagen.
....

Die Beschäftigung des Klägers ist an den umstrittenen Feiertagen einzig deshalb unterblieben, weil in seinem Arbeitsbereich die üblicherweise von ihm zuzustellenden Zeitungen nicht erschienen sind. Die im Arbeitsvertrag enthaltene Vereinbarung zur Festlegung vergütungspflichtiger Arbeitstage ist, soweit sie darauf zielt, Feiertage aus der Vergütungspflicht auszunehmen, wegen der Unabdingbarkeit des gesetzlichen Entgeltzahlungsanspruchs unwirksam.

Damit bestätigt das Bundesarbeitsgericht seine Auffassung, nach der die gesetzliche Regelung in § 2 Abs. 1 EFZG nicht arbeitsvertraglich ausgehebelt werden darf.

Voraussetzung für die Lohnfortzahlung ist bei Teilzeitbeschäftigten, dass die Arbeitszeit auch tatsächlich für den Wochentag festgelegt ist, auf den dann der Feiertag fällt. Arbeiten Teilzeitbeschäftigte an festen Arbeitstagen, haben sie keinen Entgeltfortzahlungsanspruch, wenn der Feiertag auf einen arbeitsfreien Tag fällt. Wenn in einem Unternehmen für Wochen mit einem gesetzlichen Feiertag der Arbeitszeitplan geändert wird, ist das eine Diskriminierung. Damit ist eine arbeitsrechtliche Handhabe nach § 4 TzBfG (Verbot der Diskriminierung) gegeben.

Es gilt das Lohnausfallprinzip. Danach hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf das Arbeitsentgelt, das er erhalten hätte, wenn die Arbeitsleistung nicht infolge des Feiertages ausgefallen wäre. Bei der Entgeltfortzahlung für Feiertage sind demzufolge auch Überstunden und Überstundenzuschläge, die an dem Feiertag angefallen wären, zu berücksichtigen. Weiterhin sind auch Zulagen und Zuschläge zu berücksichtigen.

Wenn bei der Berechnung des Fortzahlungsanspruchs Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit berücksichtigt wurden, können diese nicht wie der gezahlte Zuschlag steuer- und beitragsfrei bleiben. Steuerfreiheit (in bestimmten Grenzen) kommt nur für tatsächlich geleistete Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit in Betracht.

Für einen Gehaltsempfänger ergeben sich durch einen Feiertag keine Besonderheiten. Wer feste Bezüge ohne Rücksicht auf die Zahl der Arbeitsstunden erhält, hat infolge eines Feiertags keinen Verdienstausfall. Bei Gehaltsempfängern wird das Gehalt an den Feiertagen weitergezahlt.

Kein Anspruch auf Bezahlung des Feiertags besteht, wenn die Arbeit aus anderen Gründen, z. B. wegen eines Arbeitskampfes oder aus witterungsbedingten Gründen ausgefallen wäre.

Keinen Anspruch auf Bezahlung für den Feiertag hat, wer am letzten Arbeitstag vor oder am ersten Arbeitstag nach einem Feiertag unentschuldigt nicht zur Arbeit erschienen ist. Im § 2 Abs. 3 Entgeltfortzahlungsgesetz steht dazu:

Arbeitnehmer, die am letzten Arbeitstag vor oder am ersten Arbeitstag nach Feiertagen unentschuldigt der Arbeit fernbleiben, haben keinen Anspruch auf Bezahlung für diese Feiertage.

Bei Kurzarbeit gibt es eine Sonderregelung im § 2 Abs. 2 Entgeltfortzahlungsgesetz:

Die Arbeitszeit, die an einem gesetzlichen Feiertag gleichzeitig infolge von Kurzarbeit ausfällt und für die an anderen Tagen als an gesetzlichen Feiertagen Kurzarbeitergeld geleistet wird, gilt als infolge eines gesetzlichen Feiertages nach Absatz 1 ausgefallen.

Der Lohnfortzahlungsanspruch besteht nur für gesetzliche Feiertage. Durch die Sonn- und Feiertagsgesetze der Länder sind neun Feiertage bundeseinheitlich gesetzlich geschützt. In Landesgesetzen sind weitere gesetzliche Feiertage festgelegt.

Gesetzliche Feiertage

Feiertag Gesetzlicher Feiertag
Neujahr (1. Januar) bundeseinheitlich  
Heilige drei Könige (06. Januar)   Baden-Württemberg, Bayern, Sachsen-Anhalt
Internationaler Frauentag (08. März)
Der Frauentag ist seit 2019 gesetzlicher Feiertag in Berlin. In Mecklenburg-Vorpommern ist der Frauentag seit 2023 gesetzlicher Feiertag.
  Berlin und Mecklenburg-Vorpommern
Karfreitag bundeseinheitlich  
Ostersonntag   Brandenburg
Ostermontag bundeseinheitlich  
Tag der Arbeit (1. Mai)
Seit 1933 (Gesetz über die Einführung eines Feiertags der nationalen Arbeit vom 10.04.1933)
bundeseinheitlich  
Tag der Befreiung in Deutschland (8. Mai)
Der Tag der Befreiung ist einmalig im Jahr 2020 ein gesetzlicher Feiertag in Berlin (75. Jahrestag).
  Berlin (nur 2020, einmalig zum 75. Jahrestag)
Christi Himmelfahrt
Seit 1934 (Gesetz über die Feiertage vom 27.02.1934)
bundeseinheitlich  
Pfingstsonntag   Brandenburg
Pfingstmontag bundeseinheitlich  
Fronleichnam   Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland
In Sachsen und Thüringen gilt der Feiertag nur in Gemeinden mit überwiegend katholischer Bevölkerung.
Friedensfest (8. August)   nur im Stadtgebiet Augsburg (Bayern)
Mariä Himmelfahrt (15. August)   Saarland
In Bayern gilt der Feiertag nur in Gemeinden mit überwiegend katholischer Bevölkerung.
Weltkindertag (20. September)
Der Thüringer Landtag hat 2019 beschlossen, dass der Weltkindertag ab 2019 ein gesetzlicher Feiertag in Thüringen ist.
  Thüringen
Tag der Deutschen Einheit (3. Oktober)
Seit 1990 (Einigungsvertrag)
bundeseinheitlich  
Reformationstag (31. Oktober)*   In Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen seit 1990.
In Schleswig-Holstein, Hamburg, Niedersachsen und Bremen ab 2018.
Allerheiligen (01. November)   Baden-Württemberg, Bayern, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland
Buß- und Bettag   Sachsen
erster Weihnachtstag (25. Dezember) bundeseinheitlich  
zweiter Weihnachtstag (26. Dezember) bundeseinheitlich  

* Im Jubiläumsjahr 2017 (500. Jahrestag der Reformation) war der Reformationstag ein bundesweiter gesetzlicher Feiertag. Für den bundesweit einmaligen Feiertag am 31. Oktober 2017 hatten die Bundesländer entsprechende Beschlüsse gefasst.

Bei Auseinanderfallen von Betriebssitz, Arbeitsort und Wohnsitz des Arbeitnehmers ist die Feiertagsregelung für den Arbeitsort entscheidend.


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