Zahlungsverzug des Arbeitgebers

Grundsätzliches

Wenn der Arbeitgeber den Lohn nicht pünktlich zahlt, kann das für den Arbeitnehmer schwerwiegende Konsequenzen haben, wenn nicht gar existenzbedrohend sein.

Zwei Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit ein Verzug der Zahlung der Vergütung (Lohn, Gehalt oder Ausbildungsvergütung) durch den Arbeitgeber vorliegt:

  • Der Zahlungsanspruch muss fällig sein. Das bedeutet, dass der Arbeitnehmer einen rechtlichen Anspruch darauf hat, die Zahlung seiner Vergütung einzufordern.
  • Ist der Zahlungsanspruch fällig, müssen die gesetzlichen Voraussetzungen des Schuldnerverzugs vorliegen.

Fälligkeit der Vergütung

Die gesetzlichen Vorgaben zur Fälligkeit des Arbeitslohns finden sich in § 614 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB):

Die Vergütung ist nach der Leistung der Dienste zu entrichten. Ist die Vergütung nach Zeitabschnitten bemessen, so ist sie nach dem Ablauf der einzelnen Zeitabschnitte zu entrichten.

Damit muss die Vergütung nach Leistung der Dienste entrichtet werden. In der Regel wird die Vergütung nach zuvor festgelegten Zeitabschnitten (monatlich) bemessen. Bei dieser Vereinbarung muss der Arbeitgeber die Vergütung jeweils nach Ablauf eines einzelnen Zeitabschnitts an den Arbeitnehmer auszahlen.
Der Arbeitnehmer ist also nach den gesetzlichen Regelungen vorleistungspflichtig. Er muss zunächst seine Arbeit verrichten und erst danach ist der Arbeitgeber verpflichtet, den Arbeitnehmer für die geleistete Arbeit zu vergüten.

Enthält der Arbeitsvertrag eine Vereinbarung zur Monatsvergütung, wird die Zahlung der Vergütung durch den Arbeitgeber genau nach Ablauf des jeweiligen Monats, konkret am 1. Kalendertag des folgenden Monats fällig.
In einem Arbeitsvertrag oder in einem auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Tarifvertrag können von § 614 BGB abweichende Regelungen zur Fälligkeit der Vergütung enthalten sein. Häufig wird die Zahlung der Vergütung erst am 10. oder 15. Kalendertag des Folgenmonats vereinbart.
In diesem Fall hat die Regelung im Arbeitsvertrag Vorrang vor den gesetzlichen Regelungen aus § 614 BGB.

Gerichte sehen eine Zumutbarkeitsschwelle beim 15. des Folgemonats
Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg Urteil vom 9.10.2017, 4 Sa 8/17
Leitsatz 2:

Eine Regelung in einer Allgemeinen Geschäftsbedingung, nach der das Monatsentgelt nach erbrachter Arbeitsleistung erst am 20. des Folgemonats fällig werden soll, ist wegen unangemessener Benachteiligung des Arbeitnehmers nach § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam.

Auszug aus den Entscheidungsgründen:

Außerdem hat die Beklagte die Zumutbarkeitsschwelle 15. des Folgemonats auch überschritten, indem sie sich vorbehalten hat, das Entgelt selbst noch bis zum 20. des Folgemonats abrechnen und zahlen zu dürfen.

Voraussetzungen für den Schuldnerverzug

Die erste Voraussetzung ist, dass die Forderung fällig ist. Weitere Voraussetzungen zum Verzug des Schuldners sind in § 286 BGB gesetzlich geregelt:

(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.
(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn
  1. für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist,
  2. ....
....
(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.

Da für die Lohnzahlung in der Regel eine Zeit nach dem Kalender bestimmt wird, ist eine Mahnung in diesem Fall nicht notwendig, um den Arbeitgeber in Verzug zu setzen. Der Arbeitgeber garät automatisch in den Zahlungsverzug, wenn er den Fälligkeitstermin verstreichen lässt und dieser laut Arbeitsvertrag "nach dem Kalender bestimmt" ist.

Wenn der Arbeitsvertrag vorgibt, dass die Auszahlung der Vergütung immer am 1. Kalendertag des Folgemontags erfolgt, so gerät er in diesem Fall bereits am 2. Kalendertag des Monats in den Verzug.

Verzugszinsen

Arbeitnehmer haben ab dem Zeitpunkt, an dem der Arbeitgeber mit der Zahlung der Vergütung in den Verzug geraten ist, Anspruch auf Verzugszinsen. Wenn die Höhe der Verzugszinsen nicht gesondert im Arbeitsvertrag geregelt ist, bestimmt sich diese nach den gesetzlichen Vorgaben.
§ 288 Abs. 1 BGB:

Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

Der Basiszinssatz ist eine veränderliche Größe, die jeweils am 01. Januar und am 01. Juli eines jeden Jahres neu festgesetzt wird. Die Änderungen werden von der Bundesbank bekanntgegeben.
Zum 01.01.2013 wurde der Basiszinssatz mit -0,13 % negativ. Seit der Veröffentlichung am 01.07.2016 hat der Basiszinssatz -0,88 % betragen. Fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz bedeuten in diesem Fall 4,12 %.
Zum 1. Januar 2023 wurde der Basiszinssatz auf 1,62 % erhöht. Fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz bedeuten in diesem Fall 6,62 %.
Zum 1. Juli 2023 wurde der Basiszinssatz auf 3,12 % erhöht. Fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz bedeuten in diesem Fall 8,12 %.
Zum 1. Januar 2024 wurde der Basiszinssatz auf 3,62 % erhöht. Fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz bedeuten in diesem Fall 8,62 %.
Zum 1. Juli 2024 wurde der Basiszinssatz auf 3,37 % vermindert. Fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz bedeuten in diesem Fall 8,37 %.

Die Verzugszinsen sind nach Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts auf den Bruttolohn zu berechnen. Bei einer Lohnklage sollte der offene Lohn immer insgesamt als Bruttolohn eingeklagt werden.

Verzugspauschale in Höhe von 40 Euro - Bundesarbeitsgericht hat am 25.09.2018 klärendes Grundsatzurteil gefällt (8 AZR 26/18) - Mehrere Arbeitsgerichte befürworten Verzugspauschale im Arbeitsrecht

Am 22.07.2014 wurde das Gesetz zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr und zur Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes erlassen. Dieses Gesetz ist am 29.07.2014 in Kraft getreten. Dabei wurden dem § 288 BGB die Absätze 5 und 6 angefügt:

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.
(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

Zur Anwendung ist der Artikel 229 § 34 BGBEG (Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuche) zu beachten:

Die §§ 271a, 286, 288, 308 und 310 des Bürgerlichen Gesetzbuchs in der seit dem 29. Juli 2014 geltenden Fassung sind nur auf ein Schuldverhältnis anzuwenden, das nach dem 28. Juli 2014 entstanden ist. Abweichend von Satz 1 sind die dort genannten Vorschriften auch auf ein vorher entstandenes Dauerschuldverhältnis anzuwenden, soweit die Gegenleistung nach dem 30. Juni 2016 erbracht wird.

Die Verzugspauschale konnten damit bis 30.06.2016 nur Arbeitnehmer fordern, deren Arbeitsvertrag nach dem 28. Juli 2014 geschlossen wurde. Ab Juli 2016 sollte das auch für alle älteren Arbeitsverträge gelten.
Nach Meinung des Arbeitsgerichtes Düsseldorf (Urteil vom 12.05.2016, 2 Ca 5416/15) findet § 288 Abs. 5 BGB aber keine Anwendung im Arbeitsverhältnis.
Das LAG Köln hat in seiner Entscheidung vom 22. November 2016 (12 Sa 524/16) jedoch zugunsten der Arbeitnehmer entschieden. Nach Ansicht des LAG Köln handele es sich bei der 40-Euro-Pauschale um eine Erweiterung der gesetzlichen Regelungen zum Verzugszins, der auch auf Arbeitsentgeltansprüche zu zahlen sei. Auch der Zweck der gesetzlichen Neuregelung - die Erhöhung des Drucks auf den Schuldner, Zahlungen pünktlich und vollständig zu erbringen - spreche für eine Anwendbarkeit zugunsten von Arbeitnehmern, die ihren Lohn unpünktlich oder unvollständig erhalten.
Das LAG Berlin-Brandenburg hat ebenfalls zugunsten der Arbeitnehmer entschieden (LArbG Berlin-Brandenburg 15. Kammer vom 22.03.2017 - 15 Sa 1992/16)

In dem Grundsatzurteil vom 25.09.2018 (8 AZR 26/18) hat sich das Bundesarbeitsgericht gegen Verzugspauschalen im Arbeitsrecht ausgesprochen.
§ 12a Abs. 1 Satz 1 Arbeitsgerichtsgesetz schließe als Spezialregelung nicht nur den Kostenerstattungsanspruch in der ersten Instanz aus, sondern auch einen entsprechenden Anspruch auf Kostenerstattung. Nach Ansicht der Richter betreffe das auch den Anspruch auf Verzugspauschalen nach § 288 Abs. 5 BGB.
Auszug aus der Pressemitteilung Nr. 46/18 des Bundesarbeitsgerichts:

Der Kläger hat keinen Anspruch auf die geltend gemachten Pauschalen. Zwar findet § 288 Abs. 5 BGB grundsätzlich auch in Fällen Anwendung, in denen sich der Arbeitgeber mit der Zahlung von Arbeitsentgelt in Verzug befindet. Allerdings schließt § 12a Abs. 1 Satz 1 ArbGG als spezielle arbeitsrechtliche Regelung nicht nur einen prozessualen Kostenerstattungsanspruch wegen erstinstanzlich entstandener Beitreibungskosten, sondern auch einen entsprechenden materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch und damit auch den Anspruch auf Pauschalen nach § 288 Abs. 5 BGB aus.

Leitsätze des Urteils 8 AZR 26/18:

§ 12a Abs. 1 Satz 1 ArbGG schließt als spezielle arbeitsrechtliche Regelung nicht nur einen prozessualen Kostenerstattungsanspruch, sondern auch einen materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch für bis zum Schluss einer eventuellen ersten Instanz entstandene Beitreibungskosten und damit insoweit auch einen Anspruch auf Pauschalen nach § 288 Abs. 5 Satz 1 BGB aus.

Es gab zwei Parallelentscheidungen zum Urteil 8 AZR 26/18.
Urteil vom 25.09.2018, 8 AZR 27/18 (Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung der geltend gemachten Pauschalen.)
Urteil vom 25.09.2018, 8 AZR 70/18 (Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung der geltend gemachten Pauschalen.)

§ 12a Abs. 1 Satz 1 ArbGG

In Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs besteht kein Anspruch der obsiegenden Partei auf Entschädigung wegen Zeitversäumnis und auf Erstattung der Kosten für die Zuziehung eines Prozeßbevollmächtigten oder Beistands.

Das Bundesarbeitsgericht hat die Erstentscheidung des 8. Senates in einem weiteren Urteil bestätigt:
Urteil vom 12.12.2018, 5 AZR 588/17
Auszug aus den Entscheidungsgründen:

Auch hinsichtlich der für September 2016 erhobenen Entgeltforderungen steht der Klägerin die sog. Verzugspauschale nicht zu. § 12a Abs. 1 Satz 1 ArbGG verdrängt nach seinem Normzweck den aus § 288 Abs. 5 Satz 1 BGB folgenden Anspruch des Arbeitsnehmers auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40,00 Euro.

Es gab eine Parallelentscheidung zum Urteil 5 AZR 588/17. Urteil vom 12.12.2018, 5 AZR 589/17

Mehrere Arbeitsgerichte stellen sich gegen die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts und befürworten die Verzugspauschale im Arbeitsrecht.

Arbeitsgericht Köln, 8 Ca 4245/18 vom 14.02.2019
Leitsätze:

1. Die Verzugspauschale nach § 288 Abs. 5 Satz 1 BGB ist auch auf arbeitsrechtliche Entgeltansprüche anwendbar.
2. Die Rechtsansicht des 8. Senats des BAG in der Entscheidung vom 25.09.2018, 8 AZR 26/18, dass § 12a ArbGG ein "stillschweigender Gesetzesbefehl" zu entnehmen sei, § 288 Abs. 5 Satz 1 BGB auf arbeitsrechtliche Entgeltforderungen nicht anzuwenden, kann nicht geteilt werden. Schon aufgrund des vollkommen unterschiedlichen Regelungsgehalts beider Normen besteht kein Verhältnis der Spezialität zwischen den beiden Normen.
3. Jedenfalls kann § 12a Abs. 1 Satz 1 ArbGG als zeitlich ältere Norm nicht § 288 Abs. 5 BGB als spätere Norm verdrängen.
4. Die Annahme der Nichtanwendbarkeit des § 288 Abs. 5 BGB im Arbeitsrecht hätte einer ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung bedurft.
5. Die Annahme des 8. Senats, § 12a ArbGG schließe sämtliche bis zum Schluss der ersten Instanz entstandenen Beitreibungskosten und damit auch die Verzugspauschale aus, ist bereits deswegen widersprüchlich, weil nach der Gesetzesbegründung zu § 288 Abs. 5 BGB u. a. auch der Anspruch auf Verzugszinsen vom Begriff der "Beitreibungskosten" umfasst ist, der jedoch - allgemein anerkannt - auch im Arbeitsrecht Anwendung findet.

LAG Sachsen, 2 Sa 364/18 vom 17.07.2019
Auszug aus den Entscheidungsgründen:

§ 288 Abs. 5 Satz 1 BGB wird im Arbeitsrecht entgegen BAG vom 25.09.2018 (8 AZR 26/18 - Juris - mit ausführlicher Begründung Rdnr. 23 ff.; BAG vom 19.12.2018 - 10 AZR 231/18 - Juris unter Bezugnahme in Rdnr. 75 auf BAG vom 25.09.2018 a. a. O.) nicht von § 12 a Abs. 1 Satz 1 ArbGG verdrängt. Nach § 12 a Abs. 1 Satz 1 ArbGG besteht zwar in Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs (bei den Gerichten für Arbeitssachen) kein Anspruch der obsiegenden Partei auf Entschädigung wegen Zeitversäumnis und auf Erstattung der Kosten für die Zuziehung eines Prozessbevollmächtigten oder Beistandes. Die "Pauschale" des § 288 Abs. 5 Satz 1 BGB hat aber den Verzug des Schuldners zur Voraussetzung und stellt keine "Entschädigung wegen Zeitversäumnis" des Gläubigers dar. Nicht dieser hat etwas (Zeit) versäumt, sondern der Schuldner ist mit der zu beanspruchenden Entgeltleistung säumig. Bereits dem Wortlaut nach vermag § 12 a Abs. 1 Satz 1 ArbGG einen Anspruch aus § 288 Abs. 5 Satz 1 BGB daher nicht auszuschließen. Die entgegenstehende Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts entfernt sich grundlos vom Gesetzeswortlaut.

Schritte des Arbeitnehmers bei Zahlungsverzug des Arbeitgebers

Der erste Weg sollte das persönliche Gespräch mit dem Arbeitgeber sein. Wer voreilig in den Rechtsstreit eintritt, riskiert ein angespanntes Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer.

Eine Mahnung ist, wie oben schon erwähnt, keine notwendige rechtliche Voraussetzung für die Erhebung einer Lohnklage. Die Lohnklage ist beim Arbeitsgericht zu erheben. Vor dem Arbeitsgericht besteht in erster Instanz kein Anwaltszwang.

Ein Mahnbescheid kann auch online beantragt werden. Hier können Arbeitnehmer eine eigens zu diesem Zweck eingerichtete Webseite der deutschen Mahngerichte verwenden. Das entsprechende Formular finden Sie auf www.online-mahnantrag.de.

Beispiel zur Haftung des Arbeitgebers für verspätete Lohnzahlungen

Das ein Zahlungsverzug im konkreten Fall sehr teuer werden kann, hat ein Betrieb des Bauhauptgewerbes erfahren. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 28.08.2014 (9 Ca 1180/14) wurde durch das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz kostenpflichtig zurückgewiesen (Urteil vom 24.09.2015 - 2 Sa 555/14).

Der Kläger war beim Beklagten, der einen Betrieb des Bauhauptgewerbes führt, als Hilfsarbeiter beschäftigt. Der Arbeitgeber war mit den Lohnzahlungen im Rückstand. Der Arbeitnehmer hatte ein Darlehen zu bedienen. Nachdem der Kläger die Zahlung auf das Darlehen nicht leisten konnte, versteigerte die Bank ein Haus des Klägers zwangsweise.

Der Arbeitnehmer machte daraufhin den Mindererlös der Zwangsversteigerung nebst Zwangsversteigerungskosten als Verzugsschaden geltend.

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil vom 24.09.2015, 2 Sa 555/14
Auszug aus den Entscheidungsgründen:

Die haftungsbegründenden Voraussetzungen für den geltend gemachten Schadensersatzanspruch wegen verspäteter Lohnzahlung des Beklagten sind erfüllt.
....
Entgegen der Ansicht des Beklagten liegt der erforderliche Kausalzusammenhang zwischen dem eingetretenen Zahlungsverzug und dem geltend gemachten Schaden aufgrund der Zwangsversteigerung (haftungsausfüllende Kausalität) vor.
....
Hätte der Beklagte den noch ausstehenden Lohn rechtzeitig zum spätesten Fälligkeitstermin am 15. Januar 2013 gezahlt, hätte der Kläger die in der Vereinbarung mit der Sparkasse vom 27. Dezember 2012/17. Januar 2013 festgelegte Rate in Höhe von 1.000,00 EUR zum vereinbarten Fälligkeitstermin am 25. Januar 2013 zahlen können, mit der Folge, dass die Sparkasse nicht nach Ziff. 3 der Vereinbarung zu der von ihr eingeleiteten Zwangsversteigerung berechtigt gewesen wäre.
....
Der Kläger hat das im Zwangsversteigerungsverfahren vom Amtsgericht eingeholte Sachverständigengutachten vorgelegt. Danach ergibt sich ein Verkehrswert für das Haus in H-Stadt nebst der Verkehrsfläche in Höhe von 141.000,00 EUR. Nach dem vorgelegten Zuschlagsbeschluss vom 28. Januar 2014 ist ein Versteigerungserlös von 71.000,00 EUR erzielt worden. Der hiernach eingetretene Vermögensschaden beläuft sich mithin auf 70.000,00 EUR.
....
Weiterhin sind durch den Zahlungsverzug des Beklagten die vom Kläger belegten Kosten in Höhe von 4.945,94 EUR für die Versteigerung des Grundstücks in Hardt und in Höhe von 1.200,00 EUR sowie weiteren 57,00 EUR für die eingeleitete Zwangsversteigerung hinsichtlich der Eigentumswohnung in E-Stadt als weitere Verzugsschäden entstanden.
Der Schadensersatzanspruch des Klägers ist nicht durch ein Mitverschulden gemindert.

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