Gewinn bei Big Brother ist einkommensteuerpflichtig - Urteil des Bundesfinanzhofs vom 24.4.2012, IX R 6/10

Hintergrund:

Das Einkommen eines Steuerpflichtigen unterliegt der Einkommensteuer. Was als Einkommen gilt, definiert der § 2 EStG durch eine Aufzählung von sieben Einkunftsarten. Nur die Einkünfte, die unter diese Einkunftsarten fallen, sind steuerpflichtig.
Einkunftsarten nach § 2 EStG:

  1. Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft
  2. Einkünfte aus Gewerbebetrieb
  3. Einkünfte aus selbständiger Arbeit
  4. Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit
  5. Einkünfte aus Kapitalvermögen
  6. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung
  7. sonstige Einkünfte im Sinne des § 22 EStG

Gehälter, Löhne, Gratifikationen, Tantiemen und andere Bezüge und Vorteile für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst zählen nach § 19 Abs. 1 EStG zu den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit.

Können Einkünfte keiner Einkunftsart zugeordnet werden, so sind sie steuerfrei. Gewinne aus Lotto oder Sendungen wie "Wer wird Millionär" werden nicht versteuert. Auch "Big Brother" galt bislang als Spielshow. Damit ist nun aber Schluss:

Bundesfinanzhof Urteil vom 24.4.2012, IX R 6/10
"Projektgewinn" als Entgelt für Mitwirken an TV-Sendeformat - Steuerbarkeit des "Big Brother"-Preisgeldes - Anwendungsbereich des § 22 Nr. 3 EStG
Leitsätze:

Ein dem Gewinner der Fernsehshow "Big Brother" ausgezahltes Preisgeld ("Projektgewinn") ist als sonstige Einkünfte nach § 22 Nr. 3 EStG zu besteuern, wenn die Auskehrung des Preisgeldes nach Maßgabe und Durchführung des entgeltlichen (Teilnahme-)Vertrags als Gegenleistung für sein (aktives wie passives) Verhalten während seines Aufenthaltes im "Big-Brother-Haus" zu beurteilen ist.

Der Bundesfinanzhof hat wie das Finanzgericht herausgearbeitet, dass der Klamauk nicht als ein typisches Arbeitsverhältnis zu bewerten ist. Es ist als sonstige Leistung i.S. des § 22 Nr. 3 EStG zu bewerten.

Auszug aus den Entscheidungsgründen:

Das Verhalten des Klägers erfüllt den Tatbestand des § 22 Nr. 3 EStG. Nach dem durchgeführten Vertrag schuldete der Kläger seine Teilnahme und ständige Anwesenheit im BB-Haus. Er musste sich während seines dortigen Aufenthalts ununterbrochen beobachten und belauschen lassen und hatte nach Auswahl auch an Wettbewerben ("Matches", "Challenges") teilzunehmen. Zudem hat er seine Person und die Aufzeichnungen betreffend Verwendungs- und Verwertungsrechte umfänglich an ED abgetreten. Dieses aktive wie passive Verhalten des Klägers ist als (geschuldete und erbrachte) Leistung i.S. von § 22 Nr. 3 EStG zu beurteilen, auch wenn sich der Kläger nur bei der Verrichtung alltäglicher Dinge hat filmen und abhören lassen und er daher nur sein bisheriges Leben in anderem Umfeld sozialadäquat weitergelebt haben sollte. Selbst wenn eine Privatsphäre bestanden haben sollte, was nach den Feststellungen des FG nicht zutraf, war diese in die vom Kläger eingegangene Verpflichtung miteinbezogen.

Diese Urteil wird hoffentlich Folgen für andere Fernsehformate haben. Es bleibt zu hoffen, dass die Sieger von Castingshows wie "Deutschland sucht den Superstar", "Das Supertalent", "Germany's Next Topmodel" oder die "Dschungelkönigin" bzw. der "Dschungelkönig" ihre Gewinne als Einkommen versteuern müssen.

Das Finanzgericht Münster zieht mit:
Mit dem Urteil 4 K 1215/12 E vom 15.01.2014 hat das Finanzgericht Münster entschieden, dass das an den Gewinner der RTL-Fernsehshow "Die Farm" ausgezahlte Preisgeld steuerpflichtig ist. Auszug aus den Entscheidungsgründen:

Vor diesem Hintergrund hat der BFH das ausgelobte Preisgeld für die Teilnahme an Unterhaltungssendungen, die nahezu ausschließlich von der Mitwirkung der Kandidaten leben, als Gegenleistung für Leistungen im Sinne von § 22 Nr. 3 EStG angesehen (BFH-Urteile vom 28.11.2007 IX R 39/06, BStBl II 2008, 469). Lassen sich mehrere Kandidaten während einer Fernsehshow bei einer ständigen Anwesenheit in einem für eine Fernsehproduktion vorbereiteten Haus filmen und treten die Verwertungsrechte an die Produktionsfirma ab, führt das Preisgeld, das allein dem im Finale von den Zuschauern gewähltem Gewinner zusteht, ebenfalls zu sonstigen Einkünften. Denn eine zumindest bedingte und indirekte, aber nicht unerhebliche Einflussnahme auf die Publikumsentscheidung führe nicht dazu, dass die Zufallskomponente den Veranlassungszusammenhang unterbricht (BFH-Urteil vom 24.4.2012 IX R 6/10, BStBl II 2012, 581 zur Fernsehshow "Big Brother").
....
Die Revision ist nicht zuzulassen, da kein Revisionsgrund im Sinne von § 115 Abs. 2 FGO vorliegt. Insbesondere hat die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung, da die Grundsätze, nach denen Gewinne aus der Teilnahme an Fernsehshows steuerlich zu erfassen sind, bereits höchstrichterlich geklärt sind.

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