Zeitarbeit - Arbeitnehmerüberlassung, Leiharbeit oder Personalleasing

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Aktuelles

Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 15. Dezember 2022 in der Rechtssache C-311/21 - Wenn Leiharbeitnehmer schlechter bezahlt werden, müssen sie dafür einen deutlichen Ausgleich bekommen.
Der Europäische Gerichtshof sollte prüfen, ob die Abweichung durch Tarifvertrag beim Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt ("equal pay") europarechtskonform ist.
Der Verleiher zahlte in dem vorliegenden Fall die tariflich vorgesehene geringere Vergütung für Zeitarbeit. Es geht dabei um die nach deutschem Recht zulässigen Branchen-Zusatztarifverträge (Regelung zu Equal Pay in § 8 AÜG).
Das Bundesarbeitsgericht hatte den Gerichtshof der Europäischen Union am 16.12.2020 um Vorabentscheidung ersucht (5 AZR 143/19). Auszug aus dem Urteil:

Lassen die Sozialpartner jedoch durch einen Tarifvertrag Ungleichbehandlungen in Bezug auf wesentliche Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen zum Nachteil von Leiharbeitnehmern zu, muss dieser Tarifvertrag, um den Gesamtschutz der betroffenen Leiharbeitnehmer zu achten, ihnen Vorteile in Bezug auf wesentliche Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen gewähren, die geeignet sind, ihre Ungleichbehandlung auszugleichen.

Damit können die Sozialpartner im Wege eines Tarifvertrags vom Grundsatz der Gleichbehandlung in Bezug auf das Arbeitsentgelt zulasten von Leiharbeitnehmern abweichen, sofern solche Tarifverträge hierzu in einem angemessenen Verhältnis stehende Ausgleichsvorteile in Bezug auf die wesentlichen Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen von Leiharbeitnehmern gewähren, so dass deren Gesamtschutz geachtet wird.
Die Tarifparteien müssen solche Ausgleichsvorteile künftig in die Tarifverträge aufnehmen.
Der Begriff "wesentliche Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen" ist in Art. 3 Abs. 1 Buchst. f der Richtlinie 2008/104 definiert und bezieht sich auf die Dauer der Arbeitszeit, Überstunden, Pausen, Ruhezeiten, Nachtarbeit, Urlaub, arbeitsfreie Tage und Arbeitsentgelt.
Die Vorteile zum Ausgleich der Auswirkungen einer Ungleichbehandlung zum Nachteil der Leiharbeitnehmer müssen sich auf die in Art. 3 Abs. 1 Buchst. f der Richtlinie 2008/104 definierten wesentlichen Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen beziehen, d. h. auf diejenigen, die die Dauer der Arbeitszeit, Überstunden, Pausen, Ruhezeiten, Nachtarbeit, Urlaub, arbeitsfreie Tage und das Arbeitsentgelt betreffen.
Gerichte dürfen Tarifverträge daraufhin überprüfen, ob sie schlechtere Bedingungen für Leiharbeitnehmer im Vergleich zu Stammbelegschaften vorsehen.
Das Bundesarbeitsgericht hat am 31. Mai 2023 in dem Fall 5 AZR 143/19 erneut entschieden.
Auszug aus der Pressemitteilung 25/23 vom 31.05.2023:

Von dem Grundsatz, dass Leiharbeitnehmer für die Dauer einer Überlassung Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt wie vergleichbare Stammarbeitnehmer des Entleihers haben ("equal pay"), kann nach § 8 Abs. 2 AÜG ein Tarifvertrag "nach unten" abweichen mit der Folge, dass der Verleiher dem Leiharbeitnehmer nur die niedrigere tarifliche Vergütung zahlen muss. Ein entsprechendes Tarifwerk hat der Interessenverband Deutscher Zeitarbeitsunternehmen (iGZ) mit der Gewerkschaft ver.di geschlossen. Dieses genügt den unionsrechtlichen Anforderungen des Art. 5 Abs. 3 Richtlinie 2008/104/EG (Leiharbeits-RL).
....
Ein möglicher Ausgleichsvorteil kann nach der Rechtsprechung des EuGH sowohl bei unbefristeten als auch befristeten Leiharbeitsverhältnissen die Fortzahlung des Entgelts auch in verleihfreien Zeiten sein. Anders als in einigen anderen europäischen Ländern sind verleihfreie Zeiten nach deutschem Recht auch bei befristeten Leiharbeitsverhältnissen stets möglich, etwa wenn - wie im Streitfall - der Leiharbeitnehmer nicht ausschließlich für einen bestimmten Einsatz eingestellt wird oder der Entleiher sich vertraglich ein Mitspracherecht bei der Auswahl der Leiharbeitnehmer vorbehält. Das Tarifwerk von iGZ und ver.di gewährleistet die Fortzahlung der Vergütung in verleihfreien Zeiten. Außerdem hat der deutsche Gesetzgeber mit § 11 Abs. 4 Satz 2 AÜG für den Bereich der Leiharbeit zwingend sichergestellt, dass Verleiher das Wirtschafts- und Betriebsrisiko für verleihfreie Zeiten uneingeschränkt tragen, weil der Anspruch auf Annahmeverzugsvergütung nach § 615 Satz 1 BGB, der an sich abdingbar ist, im Leiharbeitsverhältnis nicht abbedungen werden kann. Auch hat der Gesetzgeber dafür gesorgt, dass die tarifliche Vergütung von Leiharbeitnehmern staatlich festgesetzte Lohnuntergrenzen und den gesetzlichen Mindestlohn nicht unterschreiten darf. Zudem ist seit dem 1. April 2017 die Abweichung vom Grundsatz des gleichen Arbeitsentgelts nach § 8 Abs. 4 Satz 1 AÜG zeitlich grundsätzlich auf die ersten neun Monate des Leiharbeitsverhältnisses begrenzt.

Urteil des Europäischen Gerichtshofs C-232/20 vom 17. März 2022 zur Ausdehnung der Überlassungshöchstdauer.


Der Gerichtshof der Europäischen Union stärkt Rechte von ausländischen Leiharbeitern (Urteil des Gerichtshofs in der Rechtssache C-784/19)
Auszug aus der Pressemitteilung Nr. 92/21 vom 3. Juni 2021:

Um als in einem Mitgliedstaat "gewöhnlich tätig" angesehen werden zu können, muss ein Leiharbeitsunternehmen einen nennenswerten Teil seiner Tätigkeit der Überlassung von Arbeitnehmern für entleihende Unternehmen verrichten, die im Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaats niedergelassen und dort tätig sind

Die Tätigkeit der Auswahl und der Einstellung von Leiharbeitnehmern im Mitgliedstaat des Sitzes des Leiharbeitsunternehmens reicht nicht aus, um annehmen zu können, dass dieses Unternehmen dort "nennenswerte Tätigkeiten" ausübt

Damit müssen Leiharbeiter aus anderen EU-Staaten, die in Deutschland arbeiten, in der Regel auch in Deutschland sozialversichert werden.
Das Gericht betonte den Grundsatz, dass Arbeitnehmer an ihrem Beschäftigungsort sozialversichert sein sollen. Entsandte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer seien davon eine Ausnahme (die Bestimmung, die einen solchen Fall regelt, ist eng auszulegen). Diese Ausnahme setze voraus, dass das entsendende Unternehmen auch an seinem Sitz Tätigkeiten "in nennenswertem Umfang" ausübt.
Unter diesem Blickwinkel kann nach Ansicht des Gerichts diese Ausnahme nicht auf ein Leiharbeitsunternehmen angewandt werden, das im Mitgliedstaat seines Sitzes in keiner oder allenfalls in zu vernachlässigender Weise diese Arbeitnehmer an ebenfalls dort ansässige entleihende Unternehmen überlässt.


Die Verordnung über die Anzeigepflicht von Leiharbeit in der Fleischwirtschaft wurde am 15.04.2021 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht.
Durch das Arbeitsschutzkontrollgesetz tritt ab dem 1. April 2021 ein grundsätzliches Verbot der Arbeitnehmerüberlassung in der Fleischwirtschaft in Kraft. Bis zum 1. April 2024 besteht jedoch die Möglichkeit, durch Tarifverträge der Einsatzbranche im Bereich der Fleischverarbeitung Arbeitnehmerüberlassung in begrenztem Rahmen einzusetzen. Dabei ist der Entleiher verpflichtet, die Arbeitnehmerüberlassung gegenüber den Behörden der Zollverwaltung anzuzeigen.
Die Verordnung über die Anzeigepflicht von Leiharbeit in der Fleischwirtschaft (ALFV) regelt die näheren Einzelheiten zu den in der Leiharbeitsanzeige erforderlichen Angaben und bestimmt, dass die Anzeigen gegenüber den Hauptzollämtern, in deren Bezirk der Einsatz der Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmer erfolgen soll, abzugeben sind.


Bundesverfassungsgericht weist Eilanträge gegen Arbeitsschutzkontrollgesetz ab
Das Bundesverfassungsgericht hat am 29. Dezember 2020 mehrere Anträge auf einstweilige Anordnungen abgelehnt, mit denen verhindert werden sollte, dass Teile des Gesetzes zur Verbesserung des Vollzugs im Arbeitsschutz (Arbeitsschutzkontrollgesetz) zum 1. Januar 2021 in Kraft treten (1 BvQ 152/20 u.a.).


Bundesrat stimmt dem Arbeitsschutzkontrollgesetz nach dem Bundestag zu - Gesetz kann damit wie geplant in Kraft treten
Der Bundesrat hat am 18. Dezember 2020 dem Arbeitsschutzkontrollgesetz zugestimmt, das der Bundestag nur zwei Tage zuvor verabschiedet hatte. Das Gesetz bringt Maßnahmen zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der Fleischindustrie auf den Weg.
Ab 1. Januar 2021 werden Werkverträge und ab 1. April 2021 Leiharbeit verboten. Damit wird der Einsatz von Fremdpersonal beim Schlachten und Zerlegen verboten. Lediglich in der Fleischverarbeitung - also etwa bei der Wurstproduktion - ist es in den kommenden drei Jahren noch möglich, Auftragsspitzen durch nur noch acht Prozent der Beschäftigten in Leiharbeit aufzufangen - und das auch nur für höchstens vier Monate. Voraussetzung: Gewerkschaften müssen zustimmen. Unternehmen müssen tarifgebunden sein. Für Leiharbeitnehmerinnen und -arbeitnehmer müssen vom ersten Tag an die gleichen Arbeitsbedingungen und Löhne gelten. Am 1. April 2024 tritt diese Ausnahme für die Leiharbeit außer Kraft.
Ausnahmen sind für Handwerksbetriebe vorgesehen, die weniger als 49 Personen beschäftigen (Mehr....).


Vergütung von Leiharbeitnehmern (vom Gleichstellungsgrundsatz abweichende Tarifverträge) - Vorabentscheidungsersuchen des Bundesarbeitsgerichts an den Gerichtshof der Europäischen Union
Auszug aus der Pressemitteilung Nr. 48/20 des Bundesarbeitsgerichts vom 16.12.2020:

Der Interessenverband Deutscher Zeitarbeitsunternehmen (iGZ e.V.), dessen Mitglied die Beklagte ist, hat mit mehreren Gewerkschaften des DGB - darunter ver.di - Mantel-, Entgeltrahmen- und Entgelttarifverträge geschlossen, die eine Abweichung von dem in § 8 Abs. 1 AÜG verankerten Grundsatz der Gleichstellung vorsehen, insbesondere auch eine geringere Vergütung als diejenige, die Stammarbeitnehmer im Entleihbetrieb erhalten.
Die Klägerin meint, diese Tarifverträge seien mit Unionsrecht (Art. 5 Abs. 1 und Abs. 3 der Richtlinie 2008/104/EG) nicht vereinbar.

Erfolglose Verfassungsbeschwerde gegen das Verbot des Einsatzes von Streikbrechern - Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 19. Juni 2020 (1 BvR 842/17)
Das Gesetz zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes hat über den § 11 Abs. 5 AÜG den Einsatz entliehener Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer als Streikbrecher verboten. Mit dem Urteil bestätigt das Bundesverfassungsgericht die Gesetzesverschärfung.
Auszug aus der Pressemitteilung Nr. 68/2020 vom 6. August 2020 des Bundesverfassungsgerichts:

Die Arbeitgeber werden in ihrer Entscheidung beschränkt, Leiharbeitskräfte einzusetzen, um sich gegen einen Streik zu wehren. Doch verbietet die Vorschrift nicht den generellen Einsatz von Leiharbeitskräften im Betrieb, sondern nur den unmittelbaren oder mittelbaren Einsatz als Streikbrecher. Der Gesetzgeber verfolgt damit Ziele von so erheblichem Gewicht, dass sie grundsätzlich geeignet sind, auch gewichtige Grundrechtsbeschränkungen zu rechtfertigen. Das gilt für das Ziel, auch Leiharbeitskräften ein sozial angemessenes Arbeitsverhältnis zu sichern, wie auch für das Ziel, die Funktionsfähigkeit der grundrechtlich gewährleisteten Tarifautonomie zu sichern, weil die Arbeitnehmerüberlassung in gesteigertem Maße im Arbeitskampf eingesetzt worden sei und dies die Kräfte erheblich zulasten der Gewerkschaften verschiebt. Damit zielt die Regelung auf die grundlegende Parität der Tarifvertragsparteien ab. Die Gewerkschaften verfügen entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin auch nicht bereits über stärkere Kampfmittel. Gerade sie sind auf ein ausgewogenes Kräfteverhältnis im Arbeitskampf angewiesen, um ihre Positionen auf Augenhöhe zu verhandeln. Damit verletzt der Gesetzgeber auch nicht die staatliche Pflicht zur Neutralität. Es ist ihm gerade nicht verwehrt, die Rahmenbedingungen im Tarifvertragsrecht zu ändern, um Parität wiederherzustellen.

Bestehende Ausnahmeregelung in § 1 Abs. 3 Nr. 2a Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes macht gelegentliche Arbeitnehmerüberlassung in der Corona-Krise möglich


Die Verordnung über Erleichterungen der Kurzarbeit (Kurzarbeitergeldverordnung - KugV) wurde am 27.03.2020 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht.
Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmer können ebenfalls in Kurzarbeit gehen und haben Anspruch auf Kurzarbeitergeld (Gewährung von Kurzarbeitergeld für Leiharbeiter).


Betrieb des Entleihers ist keine erste Tätigkeitsstätte des Leiharbeitnehmers - Urteil des Bundesfinanzhofs vom 10.04.2019, VI R 6/17
Damit beschränkt sich der Anspruch eines Leiharbeiters nicht nur auf den Abzug der Entfernungspauschale. Vielmehr kann er seine Fahrten zwischen Wohnung und Entleihbetrieb mit 0,30 Euro pro Kilometer als Werbungskosten geltend machen (Erste Tätigkeitsstätte für Leiharbeitnehmer).

Grundsätzliches

Man spricht bei der Zeitarbeit auch von Arbeitnehmerüberlassung, Leiharbeit oder Personalleasing. Es wird dabei ein Arbeitnehmer (Leiharbeitnehmer oder Zeitarbeitnehmer) von seinem Arbeitgeber (Verleiher oder Zeitarbeitsunternehmen) einem Dritten (Entleiher) zum Arbeiten überlassen. Die Arbeitnehmerüberlassung war bis 1971 verboten und bis zu Hartz I (ab 01.01.2003 in Kraft) streng reglementiert. Die Neuerungen zur Arbeitnehmerüberlassung wurden allerdings erst zum 01.01.2004 verbindlich.

Von 2004 bis März 2017 gibt es keine zeitlichen Begrenzungen für eine Überlassung. Am 01.04.2017 tritt das Gesetz zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes und anderer Gesetze in Kraft.
Leiharbeitnehmer müssen dann nach 18 Monaten, wenn sie weiterhin im gleichen Entleihbetrieb arbeiten sollen, von diesem übernommen werden. Wenn das nicht erfolgen soll, müssen sie vom Verleiher aus diesem Entleihbetrieb abgezogen werden. Überlassungszeiten vor dem 01.04.2017 werden bei der Berechnung der Überlassungshöchstdauer nicht berücksichtigt.
In einem Tarifvertrag der Einsatzbranche oder auf Grund eines solchen Tarifvertrages in einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung können abweichende Regelungen vereinbart werden.

Der Leiharbeitnehmer steht in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis. Arbeitgeber ist im Regelfall der Verleiher. Zum entleihenden Betrieb besteht grundsätzlich kein Beschäftigungsverhältnis, auch wenn der Zeitarbeitnehmer dort in den Betrieb und in den Arbeitsablauf integriert wird.

Der Verleiher muss eine Erlaubnis der Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit zur gewerbsmäßigen Überlassung von Arbeitnehmern haben (§ 1 Abs. 1 AÜG). Mit der Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes zum 01.04.2017 wird der bisherige Anwendungsbereich des AÜG und die Reichweite der Erlaubnispflicht nicht verändert.

Wenn die Erlaubnis fehlt, ist der Arbeitsvertrag zwischen dem Leiharbeitnehmer und dem Verleiher unwirksam (illegale Arbeitnehmerüberlassung; § 9 Nr. 1 AÜG).

In diesem Falle kommt ein Arbeitsverhältnis zwischen dem Leiharbeitnehmer und dem Entleiher zustande, und zwar zu dem zwischen Verleiher und Entleiher vorgesehenen Zeitpunkt (§ 10 Abs. 1 AÜG). Der Entleiher wird zum Arbeitgeber und hat alle entsprechenden Pflichten (Meldungen, Beitragszahlung usw.) zu erfüllen.
Das gilt nicht, wenn das Leiharbeitsverhältnis dem Recht eines anderen Mitgliedstaats der Europäischen Union unterliegt. Die Voraussetzungen eines Arbeitgeberwechsels sind in diesem Fall nicht erfüllt (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 26. April 2022 - 9 AZR 228/21).

Entleiher sollten nur mit bekannten Verleihunternehmen zusammenarbeiten und sich in jedem Fall die Erlaubnis der Bundesagentur für Arbeit vorlegen lassen.

Urteile zur unerlaubten Arbeitnehmerüberlassung - Scheinwerkverträge

Ausnahmen von der Erlaubnispflicht (§ 1 und § 1a AÜG):

  • Die Abordnung von Arbeitnehmern zu einer zur Herstellung eines Werkes gebildeten Arbeitsgemeinschaft ist keine Arbeitnehmerüberlassung, wenn der Arbeitgeber Mitglied der Arbeitsgemeinschaft ist, für alle Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft Tarifverträge desselben Wirtschaftszweiges gelten und alle Mitglieder auf Grund des Arbeitsgemeinschaftsvertrages zur selbständigen Erbringung von Vertragsleistungen verpflichtet sind.
  • Arbeitnehmerüberlassung zwischen Arbeitgebern desselben Wirtschaftszweiges zur Vermeidung von Kurzarbeit oder Entlassungen, wenn ein für den Entleiher und Verleiher geltender Tarifvertrag dies vorsieht.
  • Arbeitnehmerüberlassung zwischen Konzernunternehmen im Sinne des § 18 des Aktiengesetzes, wenn der Arbeitnehmer nicht zum Zweck der Überlassung eingestellt und beschäftigt wird.
  • Arbeitnehmerüberlassung zwischen Arbeitgebern, wenn die Überlassung nur gelegentlich erfolgt und der Arbeitnehmer nicht zum Zweck der Überlassung eingestellt und beschäftigt wird.
  • Arbeitnehmerüberlassung zwischen Arbeitgebern, wenn Aufgaben eines Arbeitnehmers von dem bisherigen zu dem anderen Arbeitgeber verlagert werden und auf Grund eines Tarifvertrages des öffentlichen Dienstes das Arbeitsverhältnis mit dem bisherigen Arbeitgeber weiter besteht und die Arbeitsleistung zukünftig bei dem anderen Arbeitgeber erbracht wird (§ 1 AÜG; Fassung ab 01.04.2017).
  • Arbeitnehmerüberlassung zwischen Arbeitgebern, wenn diese juristische Personen des öffentlichen Rechts sind und Tarifverträge des öffentlichen Dienstes oder Regelungen der öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaften anwenden (§ 1 AÜG; Fassung ab 01.04.2017).
  • Arbeitnehmerüberlassung in das Ausland, wenn der Leiharbeitnehmer in ein auf der Grundlage zwischenstaatlicher Vereinbarungen begründetes deutsch-ausländisches Gemeinschaftsunternehmen verliehen wird, an dem der Verleiher beteiligt ist.
  • Keiner Erlaubnis bedarf ein Arbeitgeber mit weniger als 50 Beschäftigten, der zur Vermeidung von Kurzarbeit oder Entlassungen an einen Arbeitgeber einen Arbeitnehmer bis zur Dauer von zwölf Monaten überlässt, wenn er die Überlassung vorher schriftlich der Bundesagentur für Arbeit angezeigt hat. Der Arbeitnehmer darf nicht zum Zweck der Überlassung eingestellt und beschäftigt werden.

Bundesarbeitsgericht Urteil vom 24.05.2022, 9 AZR 337/21
Arbeitnehmerüberlassung - gemeinschaftlicher Betrieb
Leitsätze:

1. Eine Überlassung zur Arbeitsleistung iSd. § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG liegt nicht vor, wenn der Arbeitnehmer in einem Gemeinschaftsbetrieb beschäftigt wird, zu dessen gemeinsamer Führung sich sein Arbeitgeber und ein Dritter rechtlich verbunden haben.
2. Für einen Gemeinschaftsbetrieb ist nach der Vorstellung des Gesetzes in § 1 Abs. 1 Satz 2 BetrVG die Errichtung eines gemeinsamen Betriebsrats kennzeichnend. Existieren in einem Betrieb aufgrund tarifvertraglicher Vorgaben mehrere Betriebsräte, die jeweils für die Arbeitnehmer eines Arbeitgebers zuständig sind, kann dies einen wesentlichen Hinweis darauf geben, dass die im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer lediglich in formaler Hinsicht einer einheitlichen Leitung, tatsächlich aber einer nach Vertragsarbeitgebern getrennten Personalführung unterliegen.

Bestehende Ausnahmeregelung in § 1 Abs. 3 Nr. 2a Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes macht gelegentliche Arbeitnehmerüberlassung in der Corona-Krise möglich
Wenn ein Unternehmen keine Arbeitnehmerüberlassung durchführt, aber gelegentlich wegen der aktuellen Corona-Krise eigene Arbeitnehmer anderen Unternehmen überlassen will, kann dies ausnahmsweise auch ohne eine Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz erfolgen (Quelle: Bundesministerium für Arbeit und Soziales - Arbeits- und arbeitsschutzrechtliche Fragen zum Coronavirus).
§ 1 Abs. 3 Nr. 2a AÜG:

(3) Dieses Gesetz ist mit Ausnahme des § 1b Satz 1, des § 16 Absatz 1 Nummer 1f und Absatz 2 bis 5 sowie der §§ 17 und 18 nicht anzuwenden auf die Arbeitnehmerüberlassung
....
2a.   zwischen Arbeitgebern, wenn die Überlassung nur gelegentlich erfolgt und der Arbeitnehmer nicht zum Zweck der Überlassung eingestellt und beschäftigt wird,
....

Als Voraussetzungen zur Nutzung der Ausnahmeregelung gelten nach Ansicht des Bundesministerium für Arbeit und Soziales folgende:

  • die betroffenen Arbeitnehmer haben der Überlassung zugestimmt,
  • das Unternehmen will nicht dauerhaft als Arbeitnehmerüberlasser tätig sein und
  • die einzelne Überlassung erfolgt zeitlich begrenzt auf die aktuelle Krisensituation

Grundsätzlich nicht erlaubt ist die Überlassung von Arbeitskräften an Unternehmen des Baugewerbes für Tätigkeiten, die üblicherweise von Arbeitern verrichtet werden.

Kurzarbeitergeld und Zeitarbeit
Die allgemeine Rechtsauffassung in der Sozialgerichtsbarkeit der Bundesrepublik Deutschland ist, dass der Anspruch auf Kurzarbeitergeld für Zeitarbeiter ausgeschlossen ist. Mehrere Landessozialgerichte haben dahingehende Entscheidungen getroffen. Am 21.07.2009 hat auch das Bundessozialgericht mit dem Urteil B 7 AL 3/08 R einen Anspruch der Leiharbeiter auf Kurzarbeitergeld verneint.

Mit dem Gesetz zur Sicherung von Beschäftigung und Stabilität vom 02.03.2009 (Konjunkturpaket II) wurden Leiharbeiter den anderen Beschäftigten im Hinblick auf den Anspruch von Kurzarbeitergeld gleichgestellt. Diese Regelungen galten rückwirkend vom 01.02.2009 bis 31.12.2011. (weiter ...)

Das Zeitarbeitsverhältnis als Dreiecksverhältnis

Bei der Zeitarbeit besteht ein Dreiecksverhältnis zwischen Verleihunternehmen, Zeitarbeitnehmer und Kundenunternehmen. Die Zeitarbeitnehmer sind fest bei einem Verleihunternehmen angestellt. Das Verleihunternehmen überlässt seine Mitarbeiter für einen bestimmten Zeitraum einem Kundenunternehmen. Das Arbeitsenteglt bekommen die Zeitarbeitnehmer vom Verleihunternehmen.

Kündigungsschutz: Leiharbeitnehmer und Größe des Betriebs

Das Kündigungsschutzgesetz gilt für nach dem 31. Dezember 2003 eingestellte Arbeitnehmer nur in Betrieben, in denen in der Regel mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigt werden. Das Bundesarbeitsgericht hat mit einem Urteil vom 24. Januar 2013 (2 AZR 140/12) zur Berücksichtigung von Leiharbeitnehmern Stellung bezogen. Auszug aus der Pressemitteilung Nr. 6/13:

Bei der Berechnung der Betriebsgröße sind auch im Betrieb beschäftigte Leiharbeitnehmer zu berücksichtigen, wenn ihr Einsatz auf einem "in der Regel" vorhandenen Personalbedarf beruht. Dies gebietet eine an Sinn und Zweck orientierte Auslegung der gesetzlichen Bestimmung.
....
Es ist nicht auszuschließen, dass im Betrieb der Beklagten mehr als zehn Arbeitnehmer iSd. § 23 Abs. 1 Satz 3 KSchG beschäftigt waren. Der Berücksichtigung von Leiharbeitnehmern steht nicht schon entgegen, dass sie kein Arbeitsverhältnis zum Betriebsinhaber begründet haben. Die Herausnahme der Kleinbetriebe aus dem Anwendungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes soll der dort häufig engen persönlichen Zusammenarbeit, ihrer zumeist geringen Finanzausstattung und dem Umstand Rechnung tragen, dass der Verwaltungsaufwand, den ein Kündigungsschutzprozess mit sich bringt, die Inhaber kleinerer Betriebe typischerweise stärker belastet. Dies rechtfertigt keine Unterscheidung danach, ob die den Betrieb kennzeichnende regelmäßige Personalstärke auf dem Einsatz eigener oder dem entliehener Arbeitnehmer beruht.

Damit können Unternehmer das Kündigungsschutzgesetz nicht mehr so einfach mit Hilfe von Zeitarbeitern aushebeln.

Nachweis der wesentlichen Vertragsbedingungen des Leiharbeitsverhältnisses

Der Verleiher ist verpflichtet, die wesentlichen Inhalte des Leiharbeitsverhältnisses in eine Niederschrift aufzunehmen. Im § 11 Abs. 1 AÜG (Gesetz zur Regelung der Arbeitnehmerüberlassung) steht dazu:

Der Nachweis der wesentlichen Vertragsbedingungen des Leiharbeitsverhältnisses richtet sich nach den Bestimmungen des Nachweisgesetzes. Zusätzlich zu den in § 2 Abs. 1 des Nachweisgesetzes genannten Angaben sind in die Niederschrift aufzunehmen:
1. Firma und Anschrift des Verleihers, die Erlaubnisbehörde sowie Ort und Datum der Erteilung der Erlaubnis nach § 1,
2. Art und Höhe der Leistungen für Zeiten, in denen der Leiharbeitnehmer nicht verliehen ist.

Wenn ein schriftlicher Arbeitsvertrag ausgehändigt worden ist, entfällt die Verpflichtung, soweit der Vertrag mindestens folgende Angaben enthält:

  • Name und Anschrift der Vertragsparteien,
  • Zeitpunkt des Beginns des Arbeitsverhältnisses,
  • Dauer des Arbeitsverhältnisses (bei befristeten Arbeitsverhältnissen),
  • Arbeitsort oder Hinweis darauf, dass der Arbeitnehmer an verschiedenen Orten beschäftigt werden kann,
  • Beschreibung der vom Arbeitnehmer zu leistenden Tätigkeit,
  • Zusammensetzung und Höhe des Arbeitsentgelts einschließlich der Zuschläge, der Zulagen und Sonderzahlungen sowie anderer Bestandteile des Arbeitsentgelts und deren Fälligkeit,
  • vereinbarte Arbeitszeit,
  • Dauer des jährlichen Erholungsurlaubs,
  • Kündigungsfristen des Arbeitsverhältnisses,
  • Hinweis auf die Tarifverträge, Betriebs- oder Dienstvereinbarungen, die auf das Arbeitsverhältnis anzuwenden sind,
  • Firma und Anschrift des Verleihers, die Erlaubnisbehörde sowie Ort und Datum der Erteilung der Erlaubnis nach § 1 AÜG (Gesetz zur Regelung der Arbeitnehmerüberlassung),
  • Art und Höhe der Leistungen für Zeiten, in denen der Leiharbeitnehmer nicht verliehen ist.

Besonderheiten bei der Mindestvergütung in Zeitarbeitsunternehmen (Equal Pay / Equal Treatment-Prinzip)

Seit dem 01.01.2004 galt der sog. "Equal Pay"-Grundsatz des § 9 Nr. 2 AÜG (Gesetz zur Regelung der Arbeitnehmerüberlassung). Dieser Gleichstellungsgrundsatz besagt, dass Leiharbeitnehmer zu denselben Bedingungen beschäftigt werden müssen wie die Stammarbeitnehmer des entleihenden Unternehmens (Gleiche Arbeitszeit, gleiches Arbeitsentgelt, gleiche Urlaubsansprüche). Equal Treatment ist eigentlich der genauere Begriff. Er bezeichnet die Gleichbehandlung des Zeitarbeitnehmers in Bezug auf die Arbeitsbedingungen im Vergleich zum vergleichbar eingesetzten Stamm-Mitarbeiter.

Von dem Grundsatz der gleichen Bezahlung von Leiharbeitnehmern und Arbeitnehmern des Entleiherbetriebs gab es nach § 9 Nr. 2 AÜG nur noch eine Ausnahme. Ein Tarifvertrag kann abweichende Regelungen zulassen. Nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer können die Anwendung der tariflichen Regelungen vereinbaren.

Seit dem 01.01.2004 ist eine Bezahlung auf der Grundlage solcher Zeitarbeitstarifverträge gesetzlich zulässig.

Das Bundesarbeitsgericht hat mit Urteil vom 16. Oktober 2019 (4 AZR 66/18) die Rechte von Leiharbeitnehmern gestärkt und den "Equal-Pay-Grundsatz" bestätigt.
Auszug aus der Pressemitteilung Nr. 33/19 des Bundesarbeitsgerichts:

Arbeitgeber, die als Verleiher Leiharbeitnehmer an einen Dritten überlassen, können vom Grundsatz der Gleichstellung ("Equal-Pay") kraft arbeitsvertraglicher Vereinbarung nach § 9 Nr. 2 Halbs. 3 AÜG aF nur dann abweichen, wenn für den Entleihzeitraum das einschlägige Tarifwerk für die Arbeitnehmerüberlassung aufgrund dieser Bezugnahme vollständig und nicht nur teilweise anwendbar ist.
....

Die Revision des Klägers hatte vor dem Vierten Senat des Bundesarbeitsgerichts Erfolg. Der Kläger hat für den Zeitraum der Überlassung dem Grunde nach einen Anspruch auf "Equal-Pay" iSv. § 10 Abs. 4 Satz 1 AÜG in der bis zum 31. März 2017 geltenden Fassung. Eine nach § 9 Nr. 2 AÜG aF zur Abweichung vom Gebot der Gleichbehandlung berechtigende Vereinbarung haben die Parteien nicht getroffen. Diese setzt insbesondere nach Systematik und Zweck der Bestimmungen des AÜG eine vollständige Anwendung eines für die Arbeitnehmerüberlassung einschlägigen Tarifwerks voraus. Der Arbeitsvertrag der Parteien enthält hingegen Abweichungen von den tariflichen Bestimmungen, die nicht ausschließlich zugunsten des Arbeitnehmers wirken.

Ab 01.01.2012 gibt es einen Mindestlohn für die Zeitarbeitsbranche.

Am 01.04.2017 ist das Gesetz zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes und anderer Gesetze in Kraft getreten. Leiharbeitnehmer müssen dann nach neun Monaten hinsichtlich des Arbeitsentgelts mit den Stammarbeitnehmern beim Entleiher gleichgestellt werden (neue Regelung zu Equal Pay in § 8 AÜG).
Entleihfirmen können nur über Branchen-Zusatztarifverträge davon abweichen. Leiharbeitnehmer müssen dann aber stufenweise, spätestens nach 15 Monaten das gleiche Arbeitsentgelt bekommen. Die stufenweise Heranführung an dieses Arbeitsentgelt muss spätestens nach einer Einarbeitungszeit von längstens sechs Wochen beginnen.

Auskunftsanspruch des Leiharbeitnehmers über die geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers

Nach § 13 AÜG kann der Leiharbeitnehmer im Falle der Überlassung von seinem Entleiher Auskunft über die im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts verlangen.
Der Auskunftsanspruch besteht nicht, wenn kein Gleichbehandlungsanspruch besteht. Ein Tarifvertrag kann vom Gleichstellungsgrundsatz abweichen, soweit er nicht die in einer Rechtsverordnung nach § 3a Absatz 2 AÜG festgesetzten Mindeststundenentgelte unterschreitet. Keinen Auskunftsanspruch haben demnach Leiharbeitnehmer für die ein Zeitarbeitstarifvertrag gilt.

Eine abweichende tarifliche Regelung gilt nicht für Leiharbeitnehmer, die in den letzten sechs Monaten vor der Überlassung an den Entleiher aus einem Arbeitsverhältnis bei diesem oder einem Arbeitgeber, der mit dem Entleiher einen Konzern im Sinne des § 18 des Aktiengesetzes bildet, ausgeschieden sind.
Diese sog. Drehtürklausel ist im § 9 Nr. 2 AÜG (Fassung bis 31.03.2017) bzw. § 8 Abs. 3 AÜG (Fassung ab 01.04.2017) enthalten. Damit soll eine missbräuchliche unternehmens- oder konzerninterne Verleihung unter schlechteren Arbeitsbedingungen verhindert werden. Weitere Informationen zum Missbrauch der Zeitarbeit.

Zugang des Leiharbeitnehmers zu Gemeinschaftseinrichtungen oder -diensten und Informationspflichten des Entleihers über freie Arbeitsplätze

Der Entleiher ist zur Information des Leiharbeitnehmers über zu besetzende Stellen verpflichtet, unabhängig davon, ob es sich um befristete oder unbefristete Stellen handelt. Die Information kann durch allgemeine Bekanntgabe an geeigneter, dem Leiharbeitnehmer zugänglicher Stelle im Unternehmen des Entleihers erfolgen (§ 13a des Gesetzes zur Regelung der gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung).

Dem Leiharbeitnehmer ist unter den gleichen Bedingungen wie Arbeitnehmern des Entleihers Zugang zu den Gemeinschaftseinrichtungen oder -diensten des Entleihers zu gewähren, wenn es keinen sachlichen Grund zur Rechtfertigung der unterschiedlichen Behandlung gibt (§ 13b des Gesetzes zur Regelung der gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung). Gemeinschaftseinrichtungen oder -dienste sind insbesondere Kinderbetreuungseinrichtungen, Gemeinschaftsverpflegung und Beförderungsmittel.
Gleichzeitig wurde der § 9 des Gesetzes zur Regelung der gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung erweitert. Danach sind Vereinbarungen, die den Zugang des Leiharbeitnehmers zu den Gemeinschaftseinrichtungen oder -diensten im Unternehmen des Entleihers entgegen § 13b beschränken, unwirksam.

Berücksichtigung von Leiharbeitnehmern bei der betrieblichen Mitbestimmung - Schwellenwerte

Bisher durften Zeitarbeiter in dem Entleiherbetrieb zwar wählen, wurden aber bei den Schwellenwerten für die Betriebsratsgröße nicht mitgezählt. Mit dem Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 13. März 2013 (7 ABR 69/11) zählen in der Regel beschäftigte Leiharbeitnehmer bei den Schwellenwerten des § 9 BetrVG im Entleiherbetrieb mit. Auszug aus der Pressemitteilung Nr. 18/13 des Bundesarbeitsgerichts:

Anders als in den Vorinstanzen hatte daher beim Bundesarbeitsgericht die Anfechtung einer Betriebsratswahl durch 14 Arbeitnehmer Erfolg. In ihrem Betrieb waren zum Zeitpunkt der angefochtenen Wahl neben 879 Stammarbeitnehmern regelmäßig 292 Leiharbeitnehmer beschäftigt. Der Wahlvorstand hatte die Leiharbeitnehmer bei der Wahl nicht berücksichtigt und einen 13-köpfigen Betriebsrat wählen lassen. Unter Einbeziehung der Leiharbeitnehmer wäre dagegen ein 15-köpfiger Betriebsrat zu wählen gewesen.

Am 01.04.2017 tritt das Gesetz zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes und anderer Gesetze in Kraft.
Dabei wird klargestellt, dass Leiharbeitnehmer mit Ausnahme des § 112a des BetrVG bei den betriebsverfassungsrechtlichen Schwellenwerten auch im Entleiherbetrieb mitzählen. Die gesetzliche Regelung stellt nach den vom Bundesarbeitsgericht aufgestellten Grundsätzen klar, bei welchen betriebsverfassungsrechtlichen Schwellenwerten Leiharbeitnehmer im Entleiherbetrieb mitzählen. Dies dient der Rechtsklarheit und erleichtert die Arbeit der Betriebsräte im Einsatzbetrieb.
Dem § 14 Absatz 2 AÜG werden folgende Sätze angefügt:

Soweit Bestimmungen des Betriebsverfassungsgesetzes mit Ausnahme des § 112a, des Europäische Betriebsräte-Gesetzes oder der auf Grund der jeweiligen Gesetze erlassenen Wahlordnungen eine bestimmte Anzahl oder einen bestimmten Anteil von Arbeitnehmern voraussetzen, sind Leiharbeitnehmer auch im Entleiherbetrieb zu berücksichtigen. Soweit Bestimmungen des Mitbestimmungsgesetzes, des Montan-Mitbestimmungsgesetzes, des Mitbestimmungsergänzungsgesetzes, des Drittelbeteiligungsgesetzes, des Gesetzes über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer bei einer grenzüberschreitenden Verschmelzung des SE- und des SCE-Beteiligungsgesetzes oder der auf Grund der jeweiligen Gesetze erlassenen Wahlordnungen eine bestimmte Anzahl oder einen bestimmten Anteil von Arbeitnehmern voraussetzen, sind Leiharbeitnehmer auch im Entleiherunternehmen zu berücksichtigen. Soweit die Anwendung der in Satz 5 genannten Gesetze eine bestimmte Anzahl oder einen bestimmten Anteil von Arbeitnehmern erfordert, sind Leiharbeitnehmer im Entleiherunternehmen nur zu berücksichtigen, wenn die Einsatzdauer sechs Monate übersteigt.

Bundesgerichtshof zur Berücksichtigung von Leiharbeitnehmern bei Ermittlung des Schwellenwerts für die Bildung eines paritätischen Aufsichtsrats nach dem Mitbestimmungsgesetz - Beschluss vom 25. Juni 2019 - II ZB 21/18
Auszug aus der Pressemitteilung Nr. 110/2019 des Bundesgerichtshofs vom 20.08.2019:

Der für das Gesellschaftsrecht zuständige II. Zivilsenat des Bundesgerichthofs hat entschieden, dass Leiharbeitnehmer bei der Ermittlung des Schwellenwerts von in der Regel mehr als 2.000 beschäftigten Arbeitnehmern für die Bildung eines paritätischen Aufsichtsrats nach dem Mitbestimmungsgesetz (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 MitBestG) zu berücksichtigen sind, wenn das Unternehmen regelmäßig während eines Jahres über die Dauer von mehr als sechs Monaten Arbeitsplätze mit Leiharbeitnehmern besetzt.

....

Diese Mindesteinsatzdauer ist - wie das Oberlandesgericht zutreffend angenommen hat - nicht arbeitnehmerbezogen, sondern arbeitsplatzbezogen zu bestimmen. Abzustellen ist daher nicht darauf, dass der einzelne Leiharbeitnehmer bei dem betreffenden Unternehmen mehr als sechs Monate eingesetzt ist bzw. wird, sondern darauf, wie viele Arbeitsplätze in dem Unternehmen regelmäßig über die Dauer von sechs Monaten hinaus mit auch wechselnden Leiharbeitnehmern besetzt sind. Dabei ist auch unerheblich, auf welchem konkreten Arbeitsplatz die Leiharbeitnehmer in dieser Zeit eingesetzt werden. Entscheidend ist vielmehr, ob der Einsatz von Leiharbeitnehmern als solcher so dauerhaft erfolgt, dass er für die ständige Größe des Unternehmens ebenso prägend ist wie ein Stammarbeitsplatz.

Unbefristete Leiharbeit ist verboten - Zustimmungsverweigerung des Betriebsrats

In der vom 1. Dezember 2011 bis 31.03.2017 geltenden Fassung von § 1 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes zur Regelung der gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung stand nur: "Die Überlassung von Arbeitnehmern an Entleiher erfolgt vorübergehend.". Diese schwammige Formulierung führte immer wieder zu Rechtsstreitigkeiten.

Ab 01.04.2017 müssen Leiharbeitnehmer nach 18 Monaten, wenn sie weiterhin im gleichen Entleihbetrieb arbeiten sollen, von diesem übernommen werden. Wenn das nicht erfolgen soll, müssen sie vom Verleiher aus diesem Entleihbetrieb abgezogen werden. Überlassungszeiten vor dem 01.04.2017 werden bei der Berechnung der Überlassungshöchstdauer nicht berücksichtigt.
In einem Tarifvertrag der Einsatzbranche oder auf Grund eines solchen Tarifvertrages in einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung können abweichende Regelungen vereinbart werden.

Nach § 14 Abs. 3 Satz 1 des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes ist der Betriebsrat eines Entleiherbetriebs vor der Übernahme eines Leiharbeitnehmers nach § 99 Betriebsverfassungsgesetz zu beteiligen.

Nach § 99 Abs. 2 Nr. 1 Betriebsverfassungsgesetz kann der Betriebsrat seine Zustimmung zur Einstellung des Leiharbeitnehmers verweigern, wenn diese gegen ein Gesetz verstößt.

Das Bundesarbeitsgericht hatte mit Beschluss vom 10. Juli 2013 (7 ABR 91/11) die nicht nur vorübergehende Arbeitnehmerüberlassung untersagt.
Auszug aus der Pressemitteilung Nr. 46/13:

Ein Gesetz iSv. § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG ist auch § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG in der seit dem 1. Dezember 2011 geltenden Fassung. Danach erfolgt die Überlassung von Arbeitnehmern an Entleiher "vorübergehend". Die Bestimmung enthält nicht lediglich einen unverbindlichen Programmsatz, sondern untersagt die nicht nur vorübergehende Arbeitnehmerüberlassung. Sie dient zum einen dem Schutz der Leiharbeitnehmer. Zum andern soll sie auch die dauerhafte Aufspaltung der Belegschaft des Entleiherbetriebs in eine Stammbelegschaft und eine entliehene Belegschaft verhindern. Der Betriebsrat des Entleiherbetriebs kann daher seine Zustimmung zur Einstellung von Leiharbeitnehmern verweigern, wenn diese im Entleiherbetrieb nicht nur vorübergehend beschäftigt werden sollen.

Leitsätze des Urteils vom 10.7.2013, 7 ABR 91/11:

1. § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG verbietet die nicht mehr vorübergehende Arbeitnehmerüberlassung.
2. Beabsichtigt der Entleiher, einen Leiharbeitnehmer mehr als vorübergehend zu beschäftigen, kann der Betriebsrat des Entleiherbetriebs nach § 14 Abs. 3 Satz 1 AÜG, § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG die Zustimmung zur Übernahme verweigern.

Vorübergehende Arbeitnehmerüberlassung - Ausdehnung der Überlassungshöchstdauer - tarifvertraglich abweichende Überlassungshöchstdauer - Urteil des Europäischen Gerichtshofs C-232/20

Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hatte am 13.05.2020 in einem Vorabentscheidungsersuchen folgende Fragen dem Europäischen Gerichtshof vorgelegt (15 Sa 1991/19).

  1. Ist die Überlassung eines Leiharbeitnehmers an ein entleihendes Unternehmen schon dann nicht mehr als "vorübergehend" im Sinne des Artikel 1 der Leiharbeitsrichtlinie anzusehen, wenn die Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz erfolgt, der dauerhaft vorhanden ist und der nicht vertretungsweise besetzt wird?
  2. Ist die Überlassung eines Leiharbeitnehmers unterhalb einer Zeitspanne von 55 Monaten als nicht mehr "vorübergehend" im Sinne des Artikel 1 der Leiharbeitsrichtlinie anzusehen?
  3. Falls die Fragen zu 1. und/oder 2. bejaht werden, ergeben sich folgende Zusatzfragen:
    1. Besteht für den Leiharbeitnehmer ein Anspruch auf Begründung eines Arbeitsverhältnisses mit dem entleihenden Unternehmen, auch wenn das nationale Recht eine solche Sanktion vor dem 01.04.2017 nicht vorsieht?
    2. Verstößt eine nationale Regelung wie § 19 Absatz 2 AÜG dann gegen Artikel 1 der Leiharbeitsrichtlinie, wenn sie erstmals ab dem 01.04.2017 eine individuelle Überlassungshöchstdauer von 18 Monaten vorschreibt, vorangegangene Zeiten der Überlassung aber ausdrücklich unberücksichtigt lässt, wenn bei Berücksichtigung der vorangegangenen Zeiten die Überlassung als nicht mehr vorübergehend zu qualifizieren wäre?
    3. Kann die Ausdehnung der individuellen Überlassungshöchstdauer den Tarifvertragsparteien überlassen werden? Falls dies bejaht wird: Gilt dies auch für Tarifvertragsparteien, die nicht für das Arbeitsverhältnis des betroffenen Leiharbeitnehmers, sondern für die Branche des entleihenden Unternehmens zuständig sind?

Urteil des Europäischen Gerichtshofs C-232/20 vom 17. März 2022

  1. Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie 2008/104/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. November 2008 über Leiharbeit ist dahin auszulegen, dass der in dieser Bestimmung verwendete Begriff "vorübergehend" der Überlassung eines Arbeitnehmers, der einen Arbeitsvertrag oder ein Arbeitsverhältnis mit einem Leiharbeitsunternehmen hat, an ein entleihendes Unternehmen, die zur Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz erfolgt, der dauerhaft vorhanden ist und der nicht vertretungsweise besetzt wird, nicht entgegensteht.
  2. Art. 1 Abs. 1 und Art. 5 Abs. 5 der Richtlinie 2008/104 sind dahin auszulegen, dass es einen missbräuchlichen Einsatz aufeinanderfolgender Überlassungen eines Leiharbeitnehmers darstellt, wenn diese Überlassungen auf demselben Arbeitsplatz bei einem entleihenden Unternehmen für eine Dauer von 55 Monaten verlängert werden, falls die aufeinanderfolgenden Überlassungen desselben Leiharbeitnehmers bei demselben entleihenden Unternehmen zu einer Beschäftigungsdauer bei diesem Unternehmen führen, die länger ist als das, was unter Berücksichtigung sämtlicher relevanter Umstände, zu denen insbesondere die Branchenbesonderheiten zählen, und im Kontext des nationalen Regelungsrahmens vernünftigerweise als "vorübergehend" betrachtet werden kann, ohne dass eine objektive Erklärung dafür gegeben wird, dass das betreffende entleihende Unternehmen auf eine Reihe aufeinanderfolgender Leiharbeitsverträge zurückgreift. Diese Feststellungen zu treffen, ist Sache des vorlegenden Gerichts.
  3. Die Richtlinie 2008/104 ist dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung entgegensteht, die eine Höchstdauer der Überlassung desselben Leiharbeitnehmers an dasselbe entleihende Unternehmen festlegt, wenn sie durch eine Übergangsvorschrift die Berücksichtigung von vor dem Inkrafttreten dieser Regelung liegenden Zeiträumen bei der Berechnung dieser Dauer ausschließt und dem nationalen Gericht die Möglichkeit nimmt, die tatsächliche Dauer der Überlassung eines Leiharbeitnehmers zu berücksichtigen, um festzustellen, ob diese Überlassung im Sinne der Richtlinie "vorübergehend" war; dies festzustellen, ist Sache dieses Gerichts. Ein nationales Gericht, bei dem ein Rechtsstreit ausschließlich zwischen Privatpersonen anhängig ist, ist nicht allein aufgrund des Unionsrechts verpflichtet, eine solche unionsrechtswidrige Übergangsvorschrift unangewendet zu lassen.
  4. Art. 10 Abs. 1 der Richtlinie 2008/104 ist dahin auszulegen, dass in Ermangelung einer nationalen Rechtsvorschrift, die eine Sanktion für die Nichteinhaltung dieser Richtlinie durch Leiharbeitsunternehmen oder entleihende Unternehmen vorsieht, der Leiharbeitnehmer aus dem Unionsrecht kein subjektives Recht auf Begründung eines Arbeitsverhältnisses mit dem entleihenden Unternehmen ableiten kann.
  5. Die Richtlinie 2008/104 ist dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung nicht entgegensteht, die die Tarifvertragsparteien ermächtigt, auf der Ebene der Branche der entleihenden Unternehmen von der durch eine solche Regelung festgelegten Höchstdauer der Überlassung eines Leiharbeitnehmers abzuweichen.

Damit ist der Einsatz eines Leiharbeitnehmers auf einem dauerhaften Arbeitsplatz möglich. Der Begriff "vorübergehend" zielt nicht darauf ab, den Einsatz von Leiharbeit auf Arbeitsplätze zu beschränken, die nicht dauerhaft vorhanden sind oder die vertretungsweise besetzt werden, da dieser Begriff nicht den Arbeitsplatz kennzeichnet, der im entleihenden Unternehmen zu besetzen ist, sondern die Modalitäten der Überlassung eines Arbeitnehmers an dieses Unternehmen. Damit können auch Dauerarbeitsplätze durch Leiharbeitnehmer besetzt werden. Leiharbeitnehmer dürfen auf diesem Arbeitsplatz aber nur vorübergehend tätig werden.

Ob die Dauer von 55 Monaten noch "vorübergehend" ist, kann nur von den nationalen Gerichten festgestellt werden.

In Ermangelung einer nationalen Rechtsvorschrift kann der Leiharbeitnehmer aus dem Unionsrecht kein subjektives Recht auf Begründung eines Arbeitsverhältnisses mit dem entleihenden Unternehmen ableiten.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 14. September 2022 (4 AZR 83/21) - Verlängerung der gesetzlich festgelegten Höchstdauer einer Arbeitnehmerüberlassung durch Tarifvertrag
Überlassungshöchstdauer von 48 Monaten per Tarifvertrag ist zulässig.
Auszug aus der Pressemitteilung 37/22 des Bundesarbeitsgerichts vom 14.09.2022:

Bei einer vorübergehenden Arbeitnehmerüberlassung kann in einem Tarifvertrag der Tarifvertragsparteien der Einsatzbranche abweichend von der gesetzlich zulässigen Dauer von 18 Monaten eine andere Überlassungshöchstdauer vereinbart werden. Diese ist auch für den überlassenen Arbeitnehmer und dessen Arbeitgeber (Verleiher) unabhängig von deren Tarifgebundenheit maßgebend.

In dem Fall wurde der Kläger für knapp 24 Monate als Leiharbeitnehmer überlassen. Nach Ansicht des Klägers ist aufgrund der Überschreitung der gesetzlichen Höchstüberlassungsdauer kraft Gesetzes ein Arbeitsverhältnis zustande gekommen.
Der Tarifvertrag regelte, dass die Dauer einer Arbeitnehmerüberlassung 48 Monate nicht überschreiten darf.
Nach Ansicht des Gerichts ist die gesetzliche Regelung unionsrechts- und verfassungskonform. Die vereinbarte Höchstüberlassungsdauer von 48 Monaten hält sich im Rahmen der gesetzlichen Regelungsbefugnis.

Leitsatz des Urteils:

Die Geltung eines Tarifvertrags nach § 1 Abs. 1b Satz 3 AÜG, durch den die nach § 1 Abs. 1b Satz 1 AÜG gesetzlich festgelegte Überlassungshöchstdauer abweichend geregelt wird, erfordert allein die Tarifgebundenheit der Entleiherin. Der Gesetzgeber hat den Tarifvertragsparteien der Einsatzbranche eine von den im Tarifvertragsgesetz vorgesehenen Arten von Tarifnormen (§ 1 Abs. 1 TVG) und deren Bindungswirkung (§ 3 Abs. 1 und Abs. 2, § 4 Abs. 1 TVG) abweichende Regelungsbefugnis eingeräumt. Für die Verleiherin und den überlassenen Arbeitnehmer gilt die tarifliche Regelung unabhängig von deren Tarifgebundenheit.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 08.11.2022 (9 AZR 486/21) - Verlängerung der gesetzlich festgelegten Höchstdauer einer Arbeitnehmerüberlassung
Leitsatz:

1. Eine nach Maßgabe des § 1 Abs. 1b Satz 3 und Satz 5 AÜG aufgrund eines Tarifvertrags der Einsatzbranche durch Betriebsvereinbarung auf 48 Monate verlängerte Überlassungshöchstdauer hält sich im Rahmen dessen, was als "vorübergehend" iSd. § 1 Abs. 1 Satz 4 AÜG iVm. Art. 1 Abs. 1 Richtlinie 2008/104/EG anzusehen ist.
2. Der Entleiher und der bei ihm gebildete Betriebsrat verfügen nicht über die Regelungskompetenz, durch freiwillige Betriebsvereinbarung das Recht des Verleihers einzuschränken, bei ihm angestellte Leiharbeitnehmer aus dem Entleiherbetrieb abzuziehen.

Rechtsfolge einer nicht nur vorübergehenden Arbeitnehmerüberlassung - Leiharbeiter können sich nicht in Betrieb einklagen

Obwohl die Überlassung von Arbeitnehmern an Entleiher nach § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG nur vorübergehend erfolgen darf, hat ein Leiharbeiter auch bei dauerhafter Einsatzdauer keinen Anspruch auf eine Festanstellung beim Entleihbetrieb.
Zu diesem Urteil kam das Bundesarbeitsgericht am 10. Dezember 2013 (9 AZR 51/13).
Auszug aus der Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichts Nr. 73/13:

Besitzt ein Arbeitgeber die nach § 1 Abs. 1 Satz 1 AÜG erforderliche Erlaubnis, als Verleiher Dritten (Entleihern) Arbeitnehmer (Leiharbeitnehmer) im Rahmen seiner wirtschaftlichen Tätigkeit zu überlassen, kommt zwischen einem Leiharbeitnehmer und einem Entleiher kein Arbeitsverhältnis zustande, wenn der Einsatz des Leiharbeitnehmers entgegen der Regelung in § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG nicht nur vorübergehend erfolgt. § 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG fingiert das Zustandekommen eines Arbeitsverhältnisses ausschließlich bei fehlender Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis des Verleihers. Für eine analoge Anwendung dieser Vorschrift fehlt es an einer planwidrigen Regelungslücke. Der Gesetzgeber hat bei einer nicht nur vorübergehenden Arbeitnehmerüberlassung bewusst nicht die Rechtsfolge der Begründung eines Arbeitsverhältnisses mit dem Entleiher angeordnet.

Hintergrund:
Ein IT-Sachbearbeiter war mehrere Jahre bei einer Klinik als Leiharbeiter beschäftigt und klagte auf Festanstellung. Das Arbeitsgericht hatte die Klage abgewiesen, das Landesarbeitsgericht hat ihr, soweit für die Revision von Interesse, stattgegeben. Das Bundesarbeitsgericht hat die Klage auf Festanstellung abgelehnt.

Die Richter mahnten aber Reformen an. Das betreffende Gesetz sei ungenau formuliert und es fehlten Sanktionsregelungen. Sanktionen für Verstöße sind aber Sache des Gesetzgebers.
Das Urteil ist aber kein Freifahrschein für Arbeitgeber, die Leiharbeiter jetzt entgegen dem Gesetz dauerhaft beschäftigen wollen.
Bereits am 10. Juli 2013 hatte das Bundesarbeitsgericht mit Urteil 7 ABR 91/11 entschieden, dass der Betriebsrat bei einem dauerhaften Einsatz von Leiharbeitnehmern seine Zustimmung verweigern darf.

Einfluss der Leiharbeit auf die Lohnstückkosten

Vorteile der Leiharbeit:

  • Das Beschäftigungsniveau kann jederzeit der aktuellen Nachfrage auf den Absatzmärkten angepasst werden.
  • Potentielle Arbeitnehmer können vor einer festen Einstellung im Rahmen der Zeitarbeit getestet werden. In dieser Phase können die produktiveren Arbeitnehmer identifiziert und übernommen werden.

Der Wochenbericht 28/2011 des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung e.V. (DIW Berlin) beschäftigte sich u. a. mit dem Thema, wie sich ein wachsender Anteil der Ausgaben für Leiharbeit an den gesamten Personalkosten auf die Wettbewerbsfähigkeit (gemessen an den Lohnstückkosten) auswirkt.
Auszug aus dem Artikel:

Wird das Instrument der Zeitarbeit indes eher dazu verwendet, die Kernbelegschaft zu ersetzen, wirkt sich dies sowohl auf die Kernbelegschaft als auch auf die Zeitarbeiter demotivierend aus. In der Folge sinkt die Produktivität beider Gruppen und damit letztlich auch die des Unternehmens. Die Substitution festangestellter Arbeitnehmer durch Leiharbeiter wirkt sich daher tendenziell eher negativ auf die Wettbewerbsfähigkeit der betreffenden Unternehmen aus.
Die Untersuchung hat gezeigt, dass Unternehmen, die Leiharbeit in geringem Umfang nutzen, tatsächlich über eine signifikant höhere Wettbewerbsfähigkeit in Form niedrigerer Lohnstückkosten verfügen. Damit bestätigt sich die implizite Annahme, wonach sich der Einsatz von Zeitarbeit für die betreffenden Unternehmen auszahlt. Die Ergebnisse lassen aber auch erkennen, dass dies kein monoton positiver Zusammenhang ist. Vielmehr dreht der Effekt ins Negative, wenn sich der Anteil der Leiharbeiter an der Gesamtbelegschaft, hier gemessen anhand der Ausgaben für Leiharbeiter und denjenigen für Normalarbeitsverhältnisse, zu stark erhöht.

Haftung des Entleihers als Bürge bei Nichtzahlung der Sozialversicherungsbeiträge durch den Verleiher

Für den Gesamtsozialversicherungsbeitrag enthält der § 28e Abs. 2 SGB IV folgendes:

Für die Erfüllung der Zahlungspflicht des Arbeitgebers haftet bei einem wirksamen Vertrag der Entleiher wie ein selbstschuldnerischer Bürge, soweit ihm Arbeitnehmer gegen Vergütung zur Arbeitsleistung überlassen worden sind. Er kann die Zahlung verweigern, solange die Einzugsstelle den Arbeitgeber nicht gemahnt hat und die Mahnfrist nicht abgelaufen ist. Zahlt der Verleiher das vereinbarte Arbeitsentgelt oder Teile des Arbeitsentgelts an den Leiharbeitnehmer, obwohl der Vertrag nach § 9 Absatz 1 Nummer 1 bis 1b des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes unwirksam ist, so hat er auch den hierauf entfallenden Gesamtsozialversicherungsbeitrag an die Einzugsstelle zu zahlen. Hinsichtlich der Zahlungspflicht nach Satz 3 gilt der Verleiher neben dem Entleiher als Arbeitgeber; beide haften insoweit als Gesamtschuldner.

Für die Beiträge zur Berufsgenossenschaft enthält der § 150 Abs. 3 SGB VII folgendes:

Für die Beitragshaftung bei der Arbeitnehmerüberlassung gilt § 28e Abs. 2 und 4 des Vierten Buches, ....

Wenn Personaldienstleistungsunternehmen Insolvenz anmelden müssen, kann es zur so genannten Subsidiärhaftung kommen. Subsidiärhaftung bedeutet, dass der Entleiher für Sozialversicherungsbeiträge, Beiträge zur Berufsgenossenschaft und Lohnsteuer haften kann.

Grundsätzlich ist das Zeitarbeitsunternehmen als Arbeitgeber verpflichtet, die genannten Beträge für seine Zeitarbeitnehmer zu entrichten. Wenn das jedoch nicht erfolgt (z. B. wegen Insolvenz des Zeitarbeitsunternehmens), haftet der Entleiher für den kompletten Zeitraum der Überlassung der Zeitarbeitnehmer.

Schritte zur Absicherung des Entleihers:

  • Entleiher sollten sich die so genannten Unbedenklichkeitsbescheinigungen der Krankenkasse, der Berufsgenossenschaft und des Finanzamtes von dem Zeitarbeitsunternehmen vorlegen lassen.
  • Entleiher sollten im Vertrag mit dem Zeitarbeitsunternehmen vereinbaren, dass bei Nichtzahlung der Beiträge der Vertrag automatisch endet.
  • Bei den Entleihgebühren sollte der Entleiher einen pauschalen Einbehalt für die Beiträge des Zeitarbeitsunternehmens an die Krankenkasse, die Berufsgenossenschaft und die Lohnsteuer vereinbaren. Dieser Betrag wird erst nach Vorlage der Kontoauszüge durch das Zeitarbeitsunternehmen ausgezahlt. Bei einer längeren problemlosen Geschäftstätigkeit kann diese Praxis aufgegeben werden.

Schlüsselverzeichnis (Tätigkeitsschlüssel) 2010 für Meldungen ab 01.12.2011

Der neue Tätigkeitsschlüssel ist 9-stellig und wird ab 01.12.2011 verbindlich eingeführt. Für die 8. Stelle - Arbeitnehmerüberlassung - gilt folgende Schlüsselübersicht:

Nur Zeitarbeitsunternehmen mit einer Erlaubnis zur gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung (§ 1 AÜG) unterscheiden hier, ob ihre Arbeitnehmer als Zeitarbeitnehmer (Leiharbeitnehmer) eingesetzt werden oder nicht.

Alle anderen Unternehmen verschlüsseln ihre Beschäftigten mit der Schlüsselzahl 1.

Schlüsselzahl Arbeitnehmerüberlassung
1 nein
2 ja

Zeitarbeitsunternehmen müssen also Arbeitnehmer, die an Dritte verliehen werden, mit 2 verschlüsseln. Das Personal in der eigenen Verwaltung wird dagegen mit 1 verschlüsselt.


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