Grundsätze zur Sonntagsarbeit und Zuschläge für Sonntagsarbeit

Aktuelles

Ein Möbelvertrieb, der seine Produkte ausschließlich im Internet anbietet, darf Arbeitnehmer im Kundenservice in Deutschland an Sonn- und Feiertagen nicht beschäftigen (Urteil Verwaltungsgericht Berlin vom 27. April 2023, VG 4 K 311/22).
Auszug aus der Pressemitteilung Nr. 21/2023 des Verwaltungsgericht Berlin vom 09.05.2023:

Die Bestimmung des Arbeitszeitgesetzes sei Ausprägung des verfassungsrechtlich verankerten Schutzes der Sonn- und Feiertagsruhe. Ausnahmen hiervon seien nur in besonderen Fällen gestattet. Im Übrigen sei es der Klägerin ohne Weiteres zumutbar, telefonische Auskünfte nur an Werktagen zu erteilen, zumal ihre Kunden Käufe durchgehend tätigen könnten. Auf die Frage der Beeinträchtigung ihrer Konkurrenzfähigkeit komme es daher nicht an.

Nach Ansicht der Richter hat sich das Betriebskonzept eines jeden Betriebs am Sonn- und Feiertagsschutz auszurichten. Der Sonn- und Feiertagsschutz muss sich damit nicht jeder neuen Geschäftsidee unterordnen. Ein zusätzlicher Bedarf für sonntägliche Beschäftigung kann auch durch weitere in der Woche tätige Arbeitskräfte gedeckt werden.

Grundsätzliches

Nach § 9 Arbeitszeitgesetz dürfen Arbeitnehmer an Sonn- und gesetzlichen Feiertagen von 0 bis 24 Uhr nicht beschäftigt werden. Der § 10 Arbeitszeitgesetz lässt aber viele Ausnahmen zu (Grundsätze zur Sonntagsarbeit).

Das Bundesverwaltungsgericht hat die Ausweitung der Sonntagsarbeit in einem Grundsatzurteil eingeschränkt. Danach haben Callcenter, öffentliche Bibliotheken, Videotheken sowie Lotto- und Totogesellschaften kein besonderes Bedürfnis, am Sonntag geöffnet zu sein.

Das Bundesarbeitsgericht hat am 11.01.2006 entschieden, dass es einen gesetzlichen Anspruch auf Lohnzuschlag für Sonn- und Feiertagsarbeit nicht gibt (BAG, Urteil vom 11.01.2006 - 5 AZR 97/05).

Mit Ausnahme der Zuschläge für Nachtarbeit besteht damit kein gesetzlicher Anspruch auf Zuschläge und Zulagen. Ein entsprechender Anspruch des Arbeitnehmers kann sich nur aus einem Tarifvertrag, einer Betriebsvereinbarung, einer betrieblichen Übung oder einem Arbeitsvertrag ergeben.

Sonntagsarbeit

Arbeitnehmer dürfen an Sonn- und gesetzlichen Feiertagen von 0 bis 24 Uhr nicht beschäftigt werden. Es gilt § 9 Arbeitszeitgesetz:

(1) Arbeitnehmer dürfen an Sonn- und gesetzlichen Feiertagen von 0 bis 24 Uhr nicht beschäftigt werden.
(2) In mehrschichtigen Betrieben mit regelmäßiger Tag- und Nachtschicht kann Beginn oder Ende der Sonn- und Feiertagsruhe um bis zu sechs Stunden vor- oder zurückverlegt werden, wenn für die auf den Beginn der Ruhezeit folgenden 24 Stunden der Betrieb ruht.
(3) Für Kraftfahrer und Beifahrer kann der Beginn der 24stündigen Sonn- und Feiertagsruhe um bis zu zwei Stunden vorverlegt werden.

Der § 10 Arbeitszeitgesetz lässt aber viele Ausnahmen zu.

Zu beachten ist auch § 14 Arbeitszeitgesetz. Danach darf bei vorübergehenden Arbeiten in Notfällen und in außergewöhnlichen Fällen, die unabhängig vom Willen der Betroffenen eintreten und deren Folgen nicht auf andere Weise zu beseitigen sind, an Sonntagen und Feiertagen gearbeitet werden.

Die Erlaubnis zur Sonn- und Feiertagsarbeit kann auch die Aufsichtsbehörde bewilligen. § 13 Arbeitszeitgesetz:

....
(4) Die Aufsichtsbehörde soll abweichend von § 9 bewilligen, daß Arbeitnehmer an Sonn- und Feiertagen mit Arbeiten beschäftigt werden, die aus chemischen, biologischen, technischen oder physikalischen Gründen einen ununterbrochenen Fortgang auch an Sonn- und Feiertagen erfordern.
(5) Die Aufsichtsbehörde hat abweichend von § 9 die Beschäftigung von Arbeitnehmern an Sonn- und Feiertagen zu bewilligen, wenn bei einer weitgehenden Ausnutzung der gesetzlich zulässigen wöchentlichen Betriebszeiten und bei längeren Betriebszeiten im Ausland die Konkurrenzfähigkeit unzumutbar beeinträchtigt ist und durch die Genehmigung von Sonn- und Feiertagsarbeit die Beschäftigung gesichert werden kann.

Der § 11  Arbeitszeitgesetz definiert Grundsätze zum Ausgleich für Sonn- und Feiertagsbeschäftigung.
Der Absatz 1 legt z. B. fest, dass mindestens 15 Sonntage im Jahr beschäftigungsfrei bleiben müssen.

Der § 12  Arbeitszeitgesetz definiert davon abweichende Regelungen.

Weitere Gesetze mit Regelungen zur Sonntagsarbeit:

Grundsatzurteil des Bundesverwaltungsgericht zur Sonntagsarbeit - BVerwG 6 CN 1.13; Urteil vom 26.11.2014

Die Leipziger Richter erklärten wesentliche Teile der Hessischen Bedarfsgewerbeverordnung für unwirksam. Das Land Hessen hatte 2011 weitreichende Ausnahmen für den gesetzlich geschützten, arbeitsfreien Sonntag festgelegt.
Da die meisten anderen Bundesländer ähnliche Verordnungen haben, hat das Urteil weitreichende Folgen. Die anderen Bundesländer müssen jetzt ihre Regelungen zur Sonntagsarbeit ebenfalls überprüfen.
Auszug aus der Pressemitteilung Nr. 69/2014 des Bundesverwaltungsgericht vom 26.11.2014:

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat heute auf Normenkontrollanträge einer Gewerkschaft und zweier evangelischer Gemeindeverbände entschieden, dass die Hessische Bedarfsgewerbeverordnung insoweit nichtig ist, als sie eine Beschäftigung von Arbeitnehmern an Sonn- und gesetzlichen Feiertagen in den Bereichen Videotheken und öffentliche Bibliotheken, Callcentern und Lotto- und Totogesellschaften zulässt.
....
Nach dem Arbeitszeitgesetz dürfen Arbeitnehmer an Sonn- und gesetzlichen Feiertagen grundsätzlich nicht beschäftigt werden. Das Arbeitszeitgesetz sieht hiervon zahlreiche Ausnahmen vor und ermächtigt u. a. die Landesregierungen, weitere Ausnahmen zur Vermeidung erheblicher Schäden unter Berücksichtigung des Schutzes der Arbeitnehmer und der Sonn- und Feiertagsruhe für Betriebe zuzulassen, in denen die Beschäftigung von Arbeitnehmern an Sonn- oder Feiertagen zur Befriedigung täglicher oder an diesen Tagen besonders hervortretender Bedürfnisse der Bevölkerung erforderlich ist, sofern die Arbeiten nicht an Werktagen vorgenommen werden können.

Das Bundesverwaltungsgericht hat damit der seit Jahren immer mehr ausgeweiteten Arbeit an Sonntagen deutliche Grenzen gesetzt. Die Bundesländer dürfen die Sonntagsarbeit künftig nicht mehr so großzügig erlauben wie bisher.

Der Call Center Verband kritisierte sofort das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts.
Auszug aus der Pressemitteilung des Call Center Verband vom 26.11.2014:

"Das heutige Urteil, Sonn- und Feiertagsarbeit im Callcenter zu verbieten, ist ein Schlag ins Gesicht der Verbraucher", sagt Manfred Stockmann, Präsident des Call Center Verband Deutschland e.V. (CCV). "Jetzt ist der Bundesgesetzgeber gefordert, schnell mit einer Änderung des Arbeitszeitgesetzes zu reagieren." Denn am Sonntag telefonisch nicht erreichbar zu sein, sei für viele Unternehmen keine Option. Es drohe die Abwanderung von Arbeitsplätzen zunächst in andere Bundesländer oder gleich ins benachbarte Ausland, so der Verband in einer ersten Stellungnahme.

Da kann man nun aber geteilter Meinung sein. Am Sonntag braucht eigentlich niemand das Call-Center Gequassel! Es geht doch fast ausnahmslos um Verkauf. Das Urteil kann man auch als eine angemessene Reaktion auf menschenunwürdige Arbeitsbedingungen in einigen Unternehmen der Callcenter-Branche sehen.

Sonntagsverkauf von Backwaren in Bäckereifilialen mit Cafébetrieb zulässig - Bundesgerichtshof Urteil vom 17. Oktober 2019 (I ZR 44/19)

Nach dieser Entscheidung dürfen Bäckereien mit Cafébetrieb am Sonntag ganztags Backwaren verkaufen.

Die Verordnung über den Verkauf bestimmter Waren an Sonn- und Feiertagen erlaubt den Verkauf von Bäcker- oder Konditorwaren an Sonn- und Feiertagen eigentlich nur für 3 Stunden.

Nach § 10 Arbeitszeitgesetz dürfen aber Arbeitnehmer in Gaststätten und anderen Einrichtungen zur Bewirtung und Beherbergung an Sonn- und Feiertagen abweichend von § 9 beschäftigt werden. Das Gaststättengesetz definiert in § 7 Nebenleistungen. Danach darf der Wirt auch außerhalb der Sperrzeit zum alsbaldigen Verzehr oder Verbrauch vorgesehene Getränke und zubereitete Speisen, die er in seinem Betrieb verabreicht an jedermann über die Straße abgeben. Der § 1 Gaststättengesetz definiert ein Gaststättengewerbe.
Auszug aus der Pressemitteilung Nr. 135/2019 des Bundesgerichtshofs:

Hinsichtlich des Sonntagsverkaufs von Backwaren in den beiden von der Beklagten betriebenen Filialen hat der Bundesgerichtshof die Beurteilung des Berufungsgerichts gebilligt, diese Verkäufe seien nach § 7 Abs. 2 Nr. 1 des Gaststättengesetzes erlaubt gewesen.

Bei diesen Filialen handelt es sich um Gaststättengewerbe im Sinne von § 1 Abs. 1 des Gaststättengesetzes, weil die Beklagte dort auch Cafés betreibt, in denen sie Getränke und Speisen zum Verzehr an Ort und Stelle verabreicht. Der Anwendung des Gaststättenrechts steht nicht entgegen, dass die Beklagte innerhalb desselben Raums neben einem Café eine Bäckerei-Verkaufsstelle betreibt. Desgleichen kommt es nicht darauf an, dass sie die Speisen und Getränke im Café zur Selbstbedienung bereitstellt.

Nach Ansicht des Gerichts handelt es sich bei Brötchen und Broten um zubereitete Speisen, also um - durch den Backvorgang - essfertig gemachte Lebensmittel.

Wenn man sich diesen Schwachsinn an Regelungen und Ausnahmen anschaut, muss man eigentlich an der Zurechnungsfähigkeit der Verantwortlichen zweifeln. Doch wer ist eigentlich verantwortlich? Hier ist die Politik gefordert. Mit der neuen Entscheidung haben wir jetzt noch weiteren Unfug dazu bekommen: Bäckereien mit einem angeschlossenen Café dürfen den ganzen Sonntag öffnen, kleine Bäckereien ohne Tisch und Stuhl weiterhin nur drei Stunden.

Bestellvolumen in der Vorweihnachtszeit beim Internet-Händler Amazon rechtfertigt keine Sonntagsarbeit - OVG Münster Urteil vom 11.12.2019 (4 A 738/18)

Auszug aus der Presseerklärung des Oberverwaltungsgericht für Nordrhein-Westfalen vom 12.12.2019:

Eine von der Bezirksregierung Düsseldorf erteilte Ausnahmebewilligung zur Beschäftigung von jeweils 800 Arbeitnehmern an den letzten beiden Adventssonntagen im Dezember 2015 war rechtswidrig. Das hat das Oberverwaltungsgericht mit Urteil vom 11.12.2019 entschieden. Die angegriffene Bewilligung richtete sich an einen Logistikdienstleister in Rheinberg (Niederrhein), der zur Amazon-Unternehmensgruppe gehört und vornehmlich für das die deutsche Amazon-Webseite betreibende Unternehmen tätig ist.
....

Der Vorsitzende des 4. Senats des Oberverwaltungsgerichts hat in seiner Urteilsverkündung am gestrigen Abend ausgeführt, aus den Angaben des beigeladenen Logistikdienstleisters ergebe sich nicht, dass die Voraussetzungen für eine Ausnahme vom Sonntagsarbeitsverbot vorgelegen hätten. Eine solche Ausnahme komme nach dem Arbeitszeitgesetz nur in Betracht, wenn besondere Verhältnisse diese zur Verhütung eines unverhältnismäßigen Schadens erforderten. Unter "besonderen Verhältnissen" seien nur solche Umstände zu verstehen, die von außen verursacht worden seien und auf die das antragstellende Unternehmen keinen Einfluss nehmen könne. Die Sondersituation durch erhöhtes Auftragsvolumen habe nach den eigenen Angaben des beigeladenen Unternehmens zumindest auch maßgeblich auf dem Geschäftsmodell des die Webseite betreibenden Unternehmens beruht, dessen Handeln sich der beigeladene Logistikdienstleister zurechnen lassen müsse. Nach diesem Geschäftsmodell seien den Kunden kürzeste Lieferfristen selbst in der Vorweihnachtszeit zugesagt worden.

Rechtswidrige Bewilligung von Sonntagsarbeit im Online-Versandhandel - Bundesverwaltungsgericht 8 C 3.20; Urteil vom 27. Januar 2021
Damit hat das Bundesverwaltungsgericht mit seiner Entscheidung das Urteil des OVG Münster bestätigt.
Auszug aus der Pressemitteilung Nr. 8/2021 des Bundesverwaltungsgerichts vom 27.01.2021:

Sonntagsarbeit zur Abwendung eines unverhältnismäßigen Schadens darf gemäß § 13 Abs. 3 Nr. 2 Buchstabe b des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG) nur wegen einer vorübergehenden Sondersituation bewilligt werden, die eine außerbetriebliche Ursache hat. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig heute entschieden.
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Nach § 13 Abs. 3 Nr. 2 Buchstabe b ArbZG kann die zuständige Behörde an bis zu fünf Sonn- und Feiertagen die Beschäftigung von Arbeitnehmern bewilligen, wenn besondere Verhältnisse zur Verhütung eines unverhältnismäßigen Schadens dies erfordern. Besondere Verhältnisse sind vorübergehende Sondersituationen, die eine außerbetriebliche Ursache haben. Sie dürfen also nicht vom Arbeitgeber selbst geschaffen sein. Auf solche innerbetrieblichen Umstände war aber der Bedarf für die beantragte Sonntagsarbeit nach den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts zurückzuführen. Ursächlich war nicht schon der saisonbedingt erhöhte Auftragseingang. Die Lieferengpässe wurden vielmehr maßgeblich durch die kurz vor dem Weihnachtsgeschäft 2015 eingeführte Zusage kostenloser Lieferung am Tag der Bestellung verstärkt. Deshalb war nicht zu entscheiden, ob schon ein saisonbedingt erhöhter Auftragseingang eine Sondersituation darstellt, die die Bewilligung von Sonntagsarbeit rechtfertigen kann.

Leitsatz des Urteils:

Besondere Verhältnisse nach § 13 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. b ArbZG sind vorübergehende Sondersituationen, die eine außerbetriebliche Ursache haben. Sie dürfen nicht vom Arbeitgeber selbst geschaffen sein.

Zuschläge für Sonntags- und Feiertagsarbeit - Anspruch

Anspruch

Hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Zuschläge für Sonntags- und Feiertagsarbeit bestehen dafür Regelungen zur Steuerfreiheit. Der Anspruch kann sich nur aus einem Tarifvertrag, einer Betriebsvereinbarung, einer betrieblichen Übung oder einem Arbeitsvertrag ergeben.

Das Bundesarbeitsgericht hat in einer Entscheidung vom 11.01.2006 (5 AZR 97/05) entschieden, dass Arbeitnehmer, die an Sonn- und Feiertagen arbeiten, keinen gesetzlichen Anspruch auf Zuschläge haben. Vielmehr hat der Arbeitnehmer bei Sonn- und Feiertagsarbeit nach § 11 Abs. 3 ArbZG einen Anspruch auf einen Ersatzruhetag. Hierdurch soll aus Gründen des Arbeitsschutzes ein Ausgleich für Sonn- und Feiertagsarbeit erfolgen. Ein Zuschlag kann auf der Grundlage des Gesetzes nur verlangt werden, wenn an Sonn- und Feiertagen Nachtarbeit geleistet wird.
Auszug aus dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts:

Der systematische Zusammenhang und die unterschiedlichen Zwecke der Absätze 2 und 3 des § 11 ArbZG schließen die Annahme eines in § 11 Abs. 2 ArbZG geregelten gesetzlichen Zuschlags für die Arbeit an Sonn- und Feiertagen aus.

Ersatzruhetage für Feiertagsarbeit - Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 08.12.2021 (10 AZR 641/19)
Leitsatz des Urteils:

Werden Arbeitnehmer an einem auf einen Werktag fallenden Feiertag beschäftigt, müssen sie nach § 11 Abs. 3 Satz 2 ArbZG einen Ersatzruhetag haben. Ein Ersatzruhetag in diesem Sinn ist ein Werktag, an dem der Arbeitnehmer von 00:00 Uhr bis 24:00 Uhr keine Arbeitsleistung erbringt. Ein davon abweichender individueller Zeitraum mit einer Dauer von 24 Stunden genügt nicht.

In den meisten Tarifverträgen gibt es erhebliche Unterschiede zwischen Feiertags- und Sonntagszuschlägen. Zu diesem Thema gibt es ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts.

Ostersonntag und Pfingstsonntag
Nur das Land Brandenburg hat den Ostersonntag offiziell zum Feiertag erklärt. Der Ostersonntag ist in den anderen 15 Bundesländern kein Feiertag! Damit besteht in diesen Ländern kein Anspruch auf einen Feiertagszuschlag, wenn am Ostersonntag gearbeitet wird. Gleiches gilt übrigens auch für den Pfingstsonntag (BAG, Urteil vom 17.03.2010, Az. 5 AZR 317/09). Mit Anspruch ist hier nicht der gesetzliche Anspruch gemeint, sondern der aus einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung resultierende Anspruch.

In einem weiteren Urteil hat das Bundesarbeitsgericht diese Auffassung bestätigt.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 17. August 2011 - 10 AZR 347/10 -
Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt vom 18. Februar 2010 - 3 Sa 186/09 -
Pressemitteilung Nr. 65/11:

Tariflicher Feiertagszuschlag für Oster- und Pfingstsonntag
Sieht ein Tarifvertrag Zuschläge für Feiertagsarbeit vor, so wird dieser Zuschlag regelmäßig nur für die Arbeit an gesetzlichen Feiertagen ausgelöst.
Der Kläger ist als Anlagenfahrer/Monteur im Schichtdienst für die Beklagte in Sachsen-Anhalt tätig. Auf das Arbeitsverhältnis findet der Tarifvertrag Versorgungsbetriebe (TV-V) Anwendung. Nach § 10 Abs. 1 Buchst. d TV-V erhält der Arbeitnehmer für Feiertagsarbeit einen Zuschlag je Stunde von 135 v. H. Der tarifliche Sonntagszuschlag beträgt 25 v. H.
Der Kläger hat die Feststellung begehrt, dass für die Arbeit am Oster- und Pfingstsonntag ein Zeitzuschlag von 135 v. H. zu zahlen ist.
Der Zehnte Senat hat wie die Vorinstanzen die Klage abgewiesen. Ein tariflicher Anspruch besteht nicht, weil in Sachsen-Anhalt Ostersonntag und Pfingstsonntag nach dem Landesrecht gesetzlich nicht als Feiertage bestimmt sind. Anhaltspunkte für ein weitergehendes tarifliches Verständnis des "Feiertags" nach dem TV-V bestehen nicht.

Anders ist die Rechtslage nur, wenn ein Tarifvertrag ausdrücklich regelt, dass auch für die Arbeit an Oster- und Pfingstsonntagen Zuschläge zu zahlen sind.

Für die lohnsteuerliche Behandlung der Feiertagszuschläge sind die vorstehend erwähnten Urteile des Bundesarbeitsgerichts unbeachtlich. Nach den Lohnsteuer-Richtlinien gehören zu den gesetzlichen Feiertagen (für die steuerfreie Zuschläge gezahlt werden können) auch der Ostersonntag und der Pfingstsonntag. Dies gilt unabhängig von den einzelnen Feiertagsgesetzen der Länder. Wenn der Arbeitgeber den Zuschlag für Arbeit an diesen Tagen zahlt, ist er damit steuerfrei (bei Einhaltung der Grenzen des § 3b EStG).

Steuerfreiheit

Grundsätzlich muss man zwischen dem Anspruch auf einen Zuschlag für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit und der steuerrechtlichen Regelung unterscheiden. Das Einkommensteuergesetz legt nur die Bedingungen für die Steuerfreiheit fest. Dort steht nicht, dass diese Zuschläge in genannter Höhe gezahlt werden müssen.

Zuschläge, die für tatsächlich geleistete Sonntagsarbeit neben dem Grundlohn gezahlt werden, sind in folgender Höhe steuerfrei (§ 3b EStG):

Arbeitszeit Zuschlag
Sonntagsarbeit von 0 Uhr bis 24 Uhr. Als Sonntagsarbeit gilt auch die Arbeit in der Zeit von 0 Uhr bis 4 Uhr am Montag, wenn die Nachtarbeit vor 0 Uhr aufgenommen wurde. 50 % des Grundlohns

Sonntags- und Feiertagszuschläge sind nicht kumulativ anzuwenden. Der Nachtarbeitszuschlag ist hingegen kumulativ anzuwenden. Ist der Sonntag also ein Feiertag, kann nur der jeweilige Feiertagszuschlag steuerfrei gezahlt werden. Der Nachtarbeitszuschlag in Höhe von 25 % oder 40 % kann zusätzlich zum Sonntags- oder Feiertagszuschlag steuerfrei gezahlt werden.

Ab 01.01.2004 ist der Stundengrundlohn auf 50 € begrenzt. Bei der Berechnung des steuerfreien Teils darf maximal mit einem Stundengrundlohn von 50 € gerechnet werden.

Mit Wirkung ab 01.07.2006 sind die lohnsteuerfreien Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeitszuschläge nur noch dann beitragsfrei, wenn sie auf einem Grundlohn von nicht mehr als 25 € je Stunde basieren. Kommt es zu einem Überschreiten der Grenze von 25 €, unterliegt nur der Teil der Beitragspflicht, der auf dem den Grundlohn von 25 € übersteigenden Betrag beruht.

Damit haben wir drei mögliche Fälle: Behandlung in Lohnsteuer und Sozialversicherung
Stundengrundlohn beträgt maximal 25 € Bei Zahlung von maximal 50% Zuschlag besteht Steuer- und Beitragsfreiheit
Stundengrundlohn beträgt über 25 € aber maximal 50 € Bei Zahlung von maximal 50% Zuschlag besteht Steuerfreiheit.
Beitragsfreiheit kann bei Zahlung von maximal 50% Zuschlag nur für den Teil des Zuschlags gewährt werden, der sich auf 25 € bezieht.
Beispiel:
30 € Grundlohn und Sonntagsarbeit mit 50% Zuschlag entspricht 15 € Sonntagszuschlag.
Die 15 € sind steuerfrei.
25 € x 50 % = 12,50 € sind beitragsfrei.
5 € x 50 % = 2,50 € sind beitragspflichtig.
Stundengrundlohn beträgt über 50 € Steuerfreiheit kann bei Zahlung von maximal 50% Zuschlag nur für den Teil des Zuschlags gewährt werden, der sich auf 50 € bezieht.
Beitragsfreiheit kann bei Zahlung von maximal 50% Zuschlag nur für den Teil des Zuschlags gewährt werden, der sich auf 25 € bezieht.
Beispiel:
60 € Grundlohn und Sonntagsarbeit mit 50% Zuschlag entspricht 30,00 € Sonntagszuschlag.
50 € x 50% = 25,00 € sind steuerfrei.
10 € x 50% = 5,00 € sind steuerpflichtig.
25 € x 50% = 12,50 € sind beitragsfrei.
35 € x 50% = 17,50 € sind beitragspflichtig.

Beispiel zur Höhe der Zuschläge für Sonntagsarbeit aus einem Tarifvertrag

IG Metall Bezirk Baden-Württemberg Bezirksleitung Baden-Württemberg
Manteltarifvertrag für Beschäftigte zum ERA-TV
Metall- und Elektroindustrie Südbaden
Abschluss: 14.06.2005

§ 10 Höhe der Zuschläge für Mehr-, Spät-, Nacht-, Sonntags- und Feiertagsarbeit

10.4 Arbeit an Sonntagen und entgeltzahlungspflichtigen Feiertagen  
für die Arbeit an Sonntagen sowie am 24. und 31.12., soweit diese Tage nicht auf einen Sonntag fallen, ab 12.00 Uhr 50%
für Arbeit an entgeltzahlungspflichtigen Feiertagen, die auf einen betrieblich regelmäßig arbeitsfreien Werktag oder Sonntag fallen, ausgenommen Ostersonntag, Pfingstsonntag oder Weihnachtsfeiertage 100%
für Arbeit an entgeltzahlungspflichtigen Feiertagen, die auf einen betrieblich regelmäßigen Arbeitstag fallen, sowie am Ostersonntag, Pfingstsonntag oder an den Weihnachtsfeiertagen 150%

Ein Anspruch auf zusätzliche Vergütung nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz besteht nur, soweit tatsächlich Arbeitszeit ausfällt.

10.5 Beim Zusammentreffen mehrerer Zuschläge ist nur ein Zuschlag, und zwar der höhere, zu bezahlen; jedoch wird bei Nachtarbeit an Sonn- und Feiertagen außer dem Sonn- und Feiertagszuschlag auch der Nachtzuschlag nach § 10.3 bezahlt.


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