Abrechnung von Lohn- und Gehaltsempfängern - Praktikanten

Aktuelles

Überarbeitung des gemeinsamen Rundschreibens zur versicherungsrechtlichen Beurteilung von beschäftigten Studenten und Praktikanten
Das überarbeitete gemeinsame Rundschreiben zur versicherungsrechtlichen Beurteilung von beschäftigten Studenten und Praktikanten wurde unter dem Datum vom 23.11.2016 bekanntgegeben; es löst die bisherige Fassung vom 27.07.2004 ab. Die Ausführungen sind bei der versicherungsrechtlichen Beurteilung von beschäftigten Studenten und Praktikanten ab 01.01.2017 zu berücksichtigen; dies gilt auch dann, wenn die Beschäftigung vor dem 01.01.2017 aufgenommen wurde.
Änderungen bei Praktikanten:

  • Im Unterschied zur Ausübung einer regulären Beschäftigung wird bei Ableistung eines in der Studien- oder Prüfungsordnung vorgeschriebenen Praktikums während des Urlaubssemesters Versicherungsfreiheit aufgrund des Werkstudentenprivilegs angenommen.
  • Von einem vorgeschriebenen Praktikum ist nicht nur für die in einer Studien- oder Prüfungsordnung vorgeschriebene Mindestdauer des Praktikums auszugehen, sondern darüber hinaus auch für den die Mindestdauer überschreitenden Zeitraum, wenn (weiterhin) ein Zusammenhang zwischen dem Praktikum und dem Studium besteht.
  • Praktikanten, die ein vorgeschriebenes Vorpraktikum über den Zeitpunkt der Studienaufnahme hinaus in unverändertem Umfang für einen kurzen Zeitraum fortführen, sind weiterhin als Vorpraktikanten und nicht als Zwischenpraktikanten zu behandeln.

Landesarbeitsgericht München - 3 Sa 23/16 - Vertragliche Vergütungsabrede wegen Lohnwuchers nach § 138 Abs. 2 BGB nichtig
Lohnwucher bei vorgeblichem Praktikumsvertrag zur Erlangung von Berufspraxis als Voraussetzung zur Zulassung zur Prüfung zum Fachberater für Finanzdienstleistungen

Grundsätzliches

Ein Praktikum kann eine "Beschäftigung im Rahmen der betrieblichen Berufsausbildung" oder ein "in den Betrieb verlagerter Teil" des Unterrichts sein.

Praktikanten sind Personen, die sich im Zusammenhang mit einer schulischen Ausbildung praktische Kenntnisse in einem Unternehmen aneignen. Diese Kenntnisse sollen der Vorbereitung, Unterstützung oder Vervollständigung der Ausbildung für einen späteren Beruf dienen.

Neuregelung der Praktikantenverhältnisse im Tarifautonomiestärkungsgesetz
Auf Empfehlung des Ausschusses für Arbeit und Soziales ist in § 22 Abs. 1 Satz 2 Mindestlohngesetz eine neue gesetzliche Definition des Praktikantenverhältnisses eingefügt worden:

Praktikantin oder Praktikant ist unabhängig von der Bezeichnung des Rechtsverhältnisses, wer sich nach der tatsächlichen Ausgestaltung und Durchführung des Vertragsverhältnisses für eine begrenzte Dauer zum Erwerb praktischer Kenntnisse und Erfahrungen einer bestimmten betrieblichen Tätigkeit zur Vorbereitung auf eine berufliche Tätigkeit unterzieht, ohne dass es sich dabei um eine Berufsausbildung im Sinne des Berufsbildungsgesetzes oder um eine damit vergleichbare praktische Ausbildung handelt.

Gleichzeitig wurden Praktikanten in den Geltungsbereich des Nachweisgesetzes einbezogen.
§ 2 Abs. 1a Nachweisgesetz:

Wer einen Praktikanten einstellt, hat unverzüglich nach Abschluss des Praktikumsvertrages, spätestens vor Aufnahme der Praktikantentätigkeit, die wesentlichen Vertragsbedingungen schriftlich niederzulegen, die Niederschrift zu unterzeichnen und dem Praktikanten auszuhändigen. In die Niederschrift sind mindestens aufzunehmen:
  1. der Name und die Anschrift der Vertragsparteien,
  2. die mit dem Praktikum verfolgten Lern- und Ausbildungsziele,
  3. Beginn und Dauer des Praktikums,
  4. Dauer der regelmäßigen täglichen Praktikumszeit,
  5. Zahlung und Höhe der Vergütung,
  6. Dauer des Urlaubs,
  7. ein in allgemeiner Form gehaltener Hinweis auf die Tarifverträge, Betriebs- oder Dienstvereinbarungen, die auf das Praktikumsverhältnis anzuwenden sind.
Absatz 1 Satz 3 gilt entsprechend.

Der Nachweis der wesentlichen Vertragsbedingungen in elektronischer Form ist ausgeschlossen.

Der Erwerb beruflicher Kenntnisse, Fertigkeiten oder Erfahrungen im Rahmen betrieblicher Berufsbildung ist nach § 7 Abs.2 SGB IV eine Beschäftigung im Sinne der Sozialversicherung. Praktika, die dazu dienen, Kenntnisse, Fertigkeiten oder Erfahrungen in Betrieben zu erlangen, unterliegen daher grundsätzlich der Sozialversicherungspflicht.

Schüler die ein Schülerpraktikum (in der Regel in der 9. Klasse als Orientierungshilfe zur Berufswahl) machen, erhalten keine Vergütung und bleiben während des Praktikums Schüler ihrer Schule. Sie sind weder Arbeitnehmer noch Auszubildende. Ein Schülerpraktikum ist eine Schulveranstaltung, wobei der Unterrichtsort in den Betrieb verlegt wird.

Mindestlohn und Praktikum

Ab dem 01.01.2015 gilt der gesetzliche Mindestlohn.
Es gibt aber weitreichende Ausnahmen für Praktikanten. In folgenden Fällen ist kein Mindestlohn fällig:

  • Die Praktikantinnen und Praktikanten leisten ein Praktikum verpflichtend auf Grund einer schulrechtlichen Bestimmung, einer Ausbildungsordnung, einer hochschulrechtlichen Bestimmung oder im Rahmen einer Ausbildung an einer gesetzlich geregelten Berufsakademie,
  • Es handelt sich um ein Praktikum von bis zu drei Monaten zur Orientierung für eine Berufsausbildung oder für die Aufnahme eines Studiums.
  • Die Praktikantinnen und Praktikanten leisten ein Praktikum von bis zu drei Monaten begleitend zu einer Berufs- oder Hochschulausbildung, wenn nicht zuvor ein solches Praktikumsverhältnis mit demselben Ausbildenden bestanden hat.
  • Es handelt sich um eine Einstiegsqualifizierung nach § 54a des Dritten Buches Sozialgesetzbuch oder um eine Berufsausbildungsvorbereitung nach den §§ 68 bis 70 des Berufsbildungsgesetzes.
  • Jugendliche unter 18 Jahren ohne abgeschlossene Berufsausbildung.

Damit gilt der Mindestlohn für:

  • Praktikanten außerhalb einer Ausbildung oder eines Studiums mit einer abgeschlossenen Berufsausbildung oder einem Studienabschluss.
  • Praktikanten in einem freiwilligen Praktikum begleitend zu Studium oder Ausbildung ab dem vierten Monat.
  • Praktikanten in einem freiwilligen Praktikum begleitend zu Studium oder Ausbildung, wenn bereits ein solches Praktikumsverhältnis mit demselben Ausbildenden bestanden hat.
  • Praktikanten in einem freiwilligen Praktikum zur Orientierung bei der Berufs- und Studienwahl ab dem vierten Monat.

Wenn das Praktikum laut Studien- bzw. Prüfungsordnung vorgeschrieben ist, gilt der Mindestlohn damit nicht.
Für freiwillige Betriebspraktika, die länger als drei Monate dauern, gilt ab 2015 der Mindestlohn.
Wenn Sie sich unsicher sind, ob bei Ihnen das Praktikum nach Mindestlohn bezahlt werden muss, können Sie das Angebot des Bundesministerium für Arbeit und Soziales nutzen.
Das Bundesarbeitsministerium hat eine Broschüre über den Mindestlohn für Studierende veröffentlicht.

Kein gesetzlicher Mindestlohn für Pflichtpraktikum als Zulassungsvoraussetzung für die Aufnahme eines Studiums - Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 19. Januar 2022 (5 AZR 217/21)
Auszug aus der Pressemitteilung 1/22 des Bundesarbeitsgerichts:

Praktikanten, die ein Pflichtpraktikum absolvieren, das nach einer hochschulrechtlichen Bestimmung Zulassungsvoraussetzung für die Aufnahme eines Studiums ist, haben keinen Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn.

Die Klägerin beabsichtigte, sich an einer privaten, staatlich anerkannten Universität um einen Studienplatz im Fach Humanmedizin zu bewerben. Nach der Studienordnung ist ua. die Ableistung eines sechsmonatigen Krankenpflegedienstes Zugangsvoraussetzung für den Studiengang. Vor diesem Hintergrund absolvierte die Klägerin bei der Beklagten, die ein Krankenhaus betreibt, in der Zeit vom 20. Mai bis zum 29. November 2019 ein Praktikum auf einer Krankenpflegestation. Die Zahlung einer Vergütung wurde nicht vereinbart. Mit ihrer Klage hat die Klägerin unter Berufung auf das Mindestlohngesetz (MiLoG) Vergütung in Höhe von insgesamt 10.269,85 Euro brutto verlangt. Sie hat geltend gemacht, sie habe im Rahmen einer Fünftagewoche täglich 7,45 Stunden Arbeit geleistet. Ein Vorpraktikum vor Aufnahme eines Studiums sei kein Pflichtpraktikum im Sinne des MiLoG, daher greife die gesetzliche Ausnahme von der Vergütungspflicht nicht ein.

Das Landesarbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Revision der Klägerin hatte keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat im Ergebnis zutreffend angenommen, dass die Beklagte nicht zur Zahlung des gesetzlichen Mindestlohns nach § 1 iVm. § 22 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 1 MiLoG verpflichtet ist.

Leitsatz des Urteils:

Praktikanten haben keinen Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn, wenn sie ein Pflichtpraktikum absolvieren, das nach einer hochschulrechtlichen Bestimmung Zulassungsvoraussetzung für die Aufnahme eines Studiums ist.

Kein gesetzlicher Mindestlohn für durch Pausen verlängertes Praktikum - Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 30.01.2019 (5 AZR 556/17)
Leitsatz des Urteils:

Wird ein Orientierungspraktikum iSd. § 22 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 MiLoG aus Gründen in der Person des Praktikanten rechtlich oder tatsächlich unterbrochen, kann es um die Zeit der Unterbrechung verlängert werden, wenn zwischen den einzelnen Praktikumsabschnitten ein sachlicher und zeitlicher Zusammenhang besteht und die tatsächliche Tätigkeit die Höchstdauer von insgesamt drei Monaten nicht überschreitet.

Auszug aus der Pressemitteilung 5/19 des Bundesarbeitsgerichts:

Praktikanten haben keinen Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn, wenn sie das Praktikum zur Orientierung für eine Berufsausbildung oder für die Aufnahme eines Studiums leisten und es eine Dauer von drei Monaten nicht übersteigt. Das Praktikum kann jedenfalls aus Gründen in der Person des Praktikanten/der Praktikantin rechtlich oder tatsächlich unterbrochen und um die Dauer der Unterbrechungszeit verlängert werden, wenn zwischen den einzelnen Abschnitten ein sachlicher und zeitlicher Zusammenhang besteht und die Höchstdauer von drei Monaten insgesamt nicht überschritten wird.

Das Praktikumsverhältnis der Parteien wurde um die Tage der Unterbrechung wegen Krankheit der Klägerin, Teilnahme an einem Familienurlaub und wegen der "Schnuppertage" auf anderen Reiterhöfen wirksam verlängert. Die jeweiligen Unterbrechungen haben nur wenige Tage angedauert und das Praktikum wurde jeweils im Anschluss daran - sachlich unverändert - fortgesetzt.

Geringverdienergrenze bei Praktikanten

Die Geringverdienergrenze beträgt bundeseinheitlich 325,00 €. Sie gilt für Versicherte, die zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt sind. Vorgeschriebene Vor- und Nachpraktika gehören zu den Beschäftigungen im Rahmen einer Berufsausbildung. Sofern für diese Praktika im Rahmen einer versicherungspflichtigen Beschäftigung Beiträge zu zahlen sind, muss diese der Arbeitgeber allein tragen, wenn das Arbeitsentgelt im Monat nicht mehr als 325 € beträgt. Ein Berechnungsbeispiel finden sie auf der Seite Geringverdiener.

Praktikum von Studenten

Für die richtige Beurteilung sind folgende Fragestellungen zu beantworten:

  1. Handelt es sich um ein
    • Vorpraktikum,
    • ein Zwischenpraktikum oder
    • ein Nachpraktikum?
       
  2. Ist das Praktikum laut Studien- bzw. Prüfungsordnung
    • vorgeschrieben oder
    • nicht vorgeschrieben?

Für Vor- und Nachpraktika gelten andere Regelungen als für Zwischenpraktika. Ein in der Studien- bzw. Prüfungsordnung vorgeschriebenes Vor- oder Nachpraktikum gilt als sozialversicherungspflichtige Beschäftigung im Rahmen einer betrieblichen Berufsausbildung (Ausbildung im Sinne des § 26 BBiG; Einordnung als zur Berufsausbildung Beschäftigte und damit als Arbeitnehmer nach dem § 5 Abs. 1 BetrVG).
Vorgeschriebene Praktika liegen nur dann vor, wenn sie in einer Ausbildungs-, Studien- oder Prüfungsordnung normiert sind.

 
Die Grenze für geringfügig entlohnte Beschäftigungen (Geringfügigkeits­grenze) ist ab 01.10.2022 eine dynamische Grenze, die bei einer Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns steigt. Die Geringfügigkeits­grenze wird im neuen Absatz 1a des § 8 SGB IV definiert. Die Geringfügigkeits­grenze bezeichnet danach das monatliche Arbeitsentgelt, das bei einer Arbeitszeit von zehn Wochenstunden zum Mindestlohn nach § 1 Absatz 2 Satz 1 des Mindestlohngesetzes erzielt wird. Sie wird berechnet, indem der Mindestlohn mit 130 vervielfacht, durch drei geteilt und auf volle Euro aufgerundet wird.

Vorgeschriebenes Vor- bzw. Nachpraktikum

Art des Praktikums Kranken- und Pflege­versicherung Renten- und Arbeitslosen­versicherung
Vorgeschriebenes Vor- bzw. Nachpraktikum
ohne Entgelt
Besondere Versicherung als Praktikant.
§ 5 Abs. 1 Nr. 10 SGB V und
§ 20 Abs. 1 Nr. 10 SGB XI
die Familien­versicherung ist ggf. vorrangig
Pflichtversichert;
Versicherung als zur Berufs­ausbildung Beschäftigter.
§ 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI und
§ 25 Abs. 1 SGB III
Da kein Entgelt gezahlt wird, erfolgt die Beitrags­berechnung aus einem fiktiven Entgelt.
Vorgeschriebenes Vor- bzw. Nachpraktikum
mit Entgelt;
die Geringfügigkeits­grenze spielt keine Rolle
Pflichtversichert;
Versicherung als zur Berufs­ausbildung Beschäftigter.
§ 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V und
§ 20 Abs. 1 Nr. 1 SGB XI
Geringverdiener­grenze ist zu beachten. Arbeitgeber trägt bis zu einem Entgelt von 325 € pro Monat die gesamten SV-Beiträge allein (AN- und AG-Anteile).
Keine Versicherungs­freiheit wegen Geringfügigkeit. Keine Anwendung der Gleitzonen­regelung.
Pflichtversichert;
Versicherung als zur Berufs­ausbildung Beschäftigter.
§ 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI und
§ 25 Abs. 1 SGB III
Geringverdiener­grenze ist zu beachten. Arbeitgeber trägt bis zu einem Entgelt von 325 € pro Monat die gesamten SV-Beiträge allein (AN- und AG-Anteile).
Keine Versicherungs­freiheit wegen Geringfügigkeit. Keine Anwendung der Gleitzonen­regelung.

Nicht vorgeschriebenes Vor- bzw. Nachpraktikum

Art des Praktikums Kranken- und Pflege­versicherung Renten- und Arbeitslosen­versicherung
nicht
Vorgeschriebenes Vor- bzw. Nachpraktikum

ohne Entgelt
Versicherungsfrei Versicherungsfrei
nicht
Vorgeschriebenes Vor- bzw. Nachpraktikum

mit Entgelt bis zur Geringfügigkeits­grenze
Wenn die Beschäftigung auf 3 Monate bzw. 70 Arbeitstage im Kalenderjahr befristet ist, besteht Versicherungs­freiheit als kurzfristige Beschäftigung.
Kommt die Versicherungs­freiheit als kurzfristige Beschäftigung nicht in Frage, besteht eine versicherungsfreie geringfügige Beschäftigung mit pauschalen Beiträgen des Arbeitgebers zur Kranken­versicherung und Renten­versicherung.
Wenn die Beschäftigung auf 3 Monate bzw. 70 Arbeitstage im Kalenderjahr befristet ist, besteht Versicherungsfreiheit als kurzfristige Beschäftigung.
Kommt die Versicherungs­freiheit als kurzfristige Beschäftigung nicht in Frage, besteht eine versicherungs­freie geringfügige Beschäftigung mit pauschalen Beiträgen des Arbeitgebers zur Kranken­versicherung und Renten­versicherung.
In der gesetzlichen Renten­versicherung besteht für geringfügig entlohnte Beschäftigungen ab 01.01.2013 Renten­versicherungs­pflicht mit Befreiungs­möglichkeit für den Arbeitnehmer.
nicht
Vorgeschriebenes Vor- bzw. Nachpraktikum

mit Entgelt über der Geringfügigkeits­grenze
Wenn die Beschäftigung auf 3 Monate bzw. 70 Arbeitstage im Kalenderjahr befristet ist, besteht Versicherungs­freiheit als kurzfristige Beschäftigung. Kommt die Versicherungs­freiheit als kurzfristige Beschäftigung nicht in Frage, besteht Versicherungs­pflicht als Arbeitnehmer. Wenn die Beschäftigung auf 3 Monate bzw. 70 Arbeitstage im Kalenderjahr befristet ist, besteht Versicherungs­freiheit als kurzfristige Beschäftigung. Kommt die Versicherungs­freiheit als kurzfristige Beschäftigung nicht in Frage, besteht Versicherungs­pflicht als Arbeitnehmer.

Vorgeschriebenes Zwischenpraktikum

Art des Praktikums Kranken- und Pflege­versicherung Renten- und Arbeitslosen­versicherung
Vorgeschriebenes Zwischenpraktikum
ohne Entgelt
Versicherungs­frei nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 SGB V
aber Versicherung als Student beachten
(§ 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V und
§ 20 Abs. 1 Nr. 9 SGB XI)
die Familien­versicherung ist ggf. vorrangig
Versicherungs­frei
§ 5 Abs. 3 SGB VI und
§ 27 Abs. 4 Nr. 2 SGB III
Vorgeschriebenes Zwischenpraktikum
mit Entgelt
Versicherungs­frei nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 SGB V
aber Versicherung als Student beachten
(§ 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V und
§ 20 Abs. 1 Nr. 9 SGB XI)
die Familien­versicherung ist ggf. vorrangig
Es besteht aber Umlagepflicht bezüglich der Umlage­kassen zur Erstattung der Aufwendungen bei Krankheit (U1), bei Mutterschaft (U2) sowie bei der Insolvenzgeld­umlage.
Der Praktikant ist mit dem Personen­gruppen­schlüssel 190 (Beschäftigte, die ausschließlich in der gesetzlichen Unfall­versicherung versichert sind) und dem Beitrags­gruppen­schlüssel 0000 seiner Krankenkasse zu melden.
Versicherungs­frei
§ 5 Abs. 3 SGB VI und
§ 27 Abs. 4 Nr. 2 SGB III
Es besteht aber Umlagepflicht bezüglich der Umlage­kassen zur Erstattung der Aufwendungen bei Krankheit (U1), bei Mutterschaft (U2) sowie bei der Insolvenzgeld­umlage.
Der Praktikant ist mit dem Personen­gruppen­schlüssel 190 (Beschäftigte, die ausschließlich in der gesetzlichen Unfall­versicherung versichert sind) und dem Beitrags­gruppen­schlüssel 0000 seiner Krankenkasse zu melden.

Nicht vorgeschriebenes Zwischenpraktikum

Art des Praktikums Kranken- und Pflege­versicherung Renten- und Arbeitslosen­versicherung
nicht
vorgeschriebenes Zwischenpraktikum

ohne Entgelt
Versicherungsfrei Versicherungsfrei
nicht
vorgeschriebenes Zwischenpraktikum

mit Entgelt bis zur Geringfügigkeits­grenze
Wenn das Studium im Vordergrund steht (siehe unter Studenten), besteht Versicherungs­freiheit.
Wenn die Beschäftigung auf 3 Monate bzw. 70 Arbeitstage im Kalenderjahr befristet ist, besteht Versicherungs­freiheit als kurzfristige Beschäftigung.
Steht das Studium nicht im Vordergrund und die Versicherungs­freiheit als kurzfristige Beschäftigung kommt nicht in Frage, besteht eine versicherungs­freie geringfügig entlohnte Beschäftigung (pauschale Beiträge des Arbeitgebers zur Kranken­versicherung und Renten­versicherung).
Die bisherige Versicherungs­freiheit in der gesetzlichen Renten­versicherung mit der Möglichkeit der vollen Versicherungs­pflicht für geringfügig entlohnte Beschäftigte wurde zum 01.01.2013 in eine Renten­versicherungs­pflicht mit Befreiungs­möglichkeit umgewandelt (Wechsel von Opt-in zu Opt-out).
Beiträge sind in diesen Fällen unter Berück­sichtigung des geltenden Beitrags­satzes zu zahlen. Der Arbeitgeber trägt dabei einen Beitragsanteil von 15 %; im Übrigen trägt der Beschäftigte die Beiträge.
Wie alle anderen Beschäftigten hat auch der Zwischen­praktikant die Möglichkeit, sich von der Versicherungs­pflicht befreien zu lassen. Der in diesen Fällen vom Arbeitgeber zu zahlende Pauschal­beitrag in Höhe von 15 % gilt aufgrund einer Sonder­regelung in § 172 Abs. 3 SGB VI nicht. Wenn also für das nicht vorgeschriebene Zwischen­praktikum ein Arbeitsentgelt bis zur Geringfügigkeits­grenze gezahlt wird und der Praktikant sich von der Versicherungs­pflicht befreien lässt, sind zur Renten­versicherung keine Beiträge zu zahlen.
In der Arbeitslosen­versicherung besteht Versicherungs­freiheit.
nicht
vorgeschriebenes Zwischenpraktikum

mit Entgelt über der Geringfügigkeits­grenze
Wenn das Studium im Vordergrund steht (siehe unter Studenten), besteht Versicherungs­freiheit.
Wenn die Beschäftigung auf 3 Monate bzw. 70 Arbeitstage im Kalenderjahr befristet ist, besteht Versicherungs­freiheit als kurzfristige Beschäftigung.
Steht das Studium nicht im Vordergrund und die Versicherungs­freiheit als kurzfristige Beschäftigung kommt nicht in Frage, besteht Versicherungs­pflicht als Arbeitnehmer.
Wenn die Beschäftigung auf 3 Monate bzw. 70 Arbeitstage im Kalenderjahr befristet ist, besteht Versicherungs­freiheit als kurzfristige Beschäftigung.
Kommt die Versicherungs­freiheit als kurzfristige Beschäftigung nicht in Frage, besteht in der Renten­versicherung Versicherungs­pflicht als Arbeitnehmer. Nicht vorgeschriebene Zwischen­praktika mit Entgelt über der Geringfügigkeits­grenze werden in der Arbeitslosen­versicherung beurteilt wie in der Kranken- und Pflege­versicherung (Wenn das Studium im Vordergrund steht, besteht Versicherungs­freiheit).

Sonderregelung für ein nicht vorgeschriebenes Zwischenpraktikum mit Entgelt bis zur Geringfügigkeits­grenze in § 172 Abs. 3 SGB VI:

Für Beschäftigte nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 des Vierten Buches, die in dieser Beschäftigung nach § 6 Absatz 1b oder nach anderen Vorschriften von der Versicherungspflicht befreit sind oder die nach § 5 Abs. 4 versicherungsfrei sind, tragen die Arbeitgeber einen Beitragsanteil in Höhe von 15 vom Hundert des Arbeitsentgelts, das beitragspflichtig wäre, wenn die Beschäftigten versicherungspflichtig wären. Dies gilt nicht für Personen, die während der Dauer eines Studiums als ordentliche Studierende einer Fachschule oder Hochschule ein Praktikum ableisten, das nicht in ihrer Studienordnung oder Prüfungsordnung vorgeschrieben ist.

Die Versicherungsfreiheit als Arbeitnehmer schließt aber nicht die Versicherungspflicht in der Kranken- und Pflegeversicherung der Studenten aus. Dabei geht es um die private Absicherung der Studenten. Damit hat ein Unternehmen nichts zu tun, wenn es Studenten beschäftigt.

Versicherungsrechtliche Beurteilung von Diplomanden und Personen, die sich zur Erstellung ihrer Abschlussarbeit im Rahmen eines Bachelor- oder Masterstudiengangs in einen Betrieb begeben.

Beschäftigung im Studium und im Praktikum - Fachinformationen für Arbeitgeber der AOK

Beitragsberechnung aus einem fiktiven Entgelt in der Renten- und Arbeitslosenversicherung

Für das vorgeschriebene unentgeltliche Vor- bzw. Nachpraktikum gilt die Renten- und Arbeitslosenversicherungspflicht.

Wenn kein Entgelt gezahlt wird und Beitragspflicht in der Renten- und Arbeitslosenversicherung besteht, erfolgt die Beitragsberechnung aus einem fiktiven Entgelt.

Die Monatliche Bemessungsgrundlage ist 1% der monatlichen Bezugsgröße in der Renten- und Arbeitslosenversicherung.
Die Beiträge trägt der Arbeitgeber allein (§ 162 Nr. 1 SGB VI und § 342 SGB III i.V.m. § 20 Abs. 3 SGB IV).

Hier finden Sie eine Übersicht über die Bemessungsgrundlage und die abzuführenden Beiträge in der Renten- und Arbeitslosenversicherung.

Ein Praktikant, der ein vorgeschriebenes Vor- bzw. Nachpraktikum ausübt und kein Entgelt erhält, ist mit dem Personengruppenschlüssel 105 und dem Beitragsgruppenschlüssel 0110 seiner Krankenkasse zu melden.

Berechnung der Lohnsteuer für Praktikanten

Zahlt der Arbeitgeber eine Vergütung an den Praktikanten, so unterliegt diese dem Lohnsteuerabzug.
Zur Durchführung des Lohnsteuerabzugs werden die Lohnsteuerabzugsmerkmale des Arbeitnehmers benötigt. Dazu gibt es das Verfahren der elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale (ELStAM-Verfahren).

Nur wenn es sich um eine geringfügige Beschäftigung handelt, für die eine Pauschalierung der Lohnsteuer in Betracht kommt, werden keine Lohnsteuerabzugsmerkmale des Arbeitnehmers benötigt.

Vertragliche Vergütungsabrede wegen Lohnwuchers nach § 138 Abs. 2 BGB nichtig

Landesarbeitsgericht München, Urteil vom 13.06.2016 - 3 Sa 23/16
Lohnwucher bei vorgeblichem Praktikumsvertrag zur Erlangung von Berufspraxis als Voraussetzung zur Zulassung zur Prüfung zum Fachberater für Finanzdienstleistungen

Eine junge Frau war mehr als fünf Jahre aufgrund eines als Praktikumsvertrag beschriebenen Vertrags zu 43 Wochenstunden und einem monatlichen Entgelt von 300 € brutto beschäftigt. Die Frau sollte damit die Voraussetzungen einer mindestens vierjährigen "Berufspraxis" für die Zulassung zur Prüfung zur Fachberaterin für Finanzdienstleistungen erwerben.
Das Landesarbeitsgericht hat wie zuvor das Arbeitsgericht festgestellt, dass zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis bestand. Die Arbeitsleistung der Klägerin habe im Vordergrund gestanden; eine Ausbildung habe nur an Montagabenden und gelegentlich an Samstagen stattgefunden. Die Frau habe wie andere Arbeitnehmer Arbeitsleistungen erbracht, die auch als solche zu vergüten seien. Für die über fünf Jahre lange Beschäftigung muss das Unternehmen nun fast 50.000 Euro Arbeitsentgelt (inklusive Steuern und Sozialversicherungsbeiträge) nachzahlen.

Leitsätze:

1. Werden in einem "Praktikumsvertrag" Regelungen zur Pflicht, bestimmte Aufgaben zu verrichten und ein uneingeschränktes Weisungsrecht zur Zuweisung von Tätigkeiten getroffen, spricht dies dafür, dass es sich um ein Arbeitsverhältnis handelt; einem Praktikanten hingegen wird ermöglicht, Arbeitsvorgänge kennenzulernen und unter Kontrolle und gemeinsamer nachfolgender Analyse übungsweise zu verrichten (vgl. BAG BeckRS 2015, 68606, Rn. 18). (Rn. 22) (red. LS Ulf Kortstock)
2. Die beabsichtigte mehrjährige Dauer eines Rechtsverhältnisses spricht für das Vorliegen eines Arbeits- statt eines Praktikumsvertrages. Hiergegen spricht auch nicht § 3 Abs. 1 Nr. 3 der Verordnung über die Prüfung zu anerkannten Fortbildungsabschlüssen in der Finanzdienstleistungswirtschaft, soweit dort eine mindestens vierjährige Berufspraxis für die Zulassung zu einem Fortbildungsabschluss verlangt wird, weil sich die geforderte Tätigkeit auf ein typischer Weise nach Abschluss einer Ausbildung geleistete Aufgaben bezieht. (Rn. 23 - 24) (red. LS Ulf Kortstock)
3. Die Vereinbarung einer Vergütung von 300 € monatlich für eine Vollzeitbeschäftigung mit einer minderjährigen Arbeitnehmerin aus einfachen Verhältnissen ist als Lohnwucher iSv § 138 Abs. 2 BGB sittenwidrig. (Rn. 29 - 30) (red. LS Ulf Kortstock)
4. Ob für die gem. § 612 Abs. 2 BGB zu Grunde zu legende Vergütung auch für Zeiträume vor Inkrafttreten des Mindestlohngesetzes auf den gesetzlichen Mindestlohn zurückgegriffen werden kann, konnte offen bleiben, da insoweit auf einen höheren tariflichen Lohn abzustellen war. (Rn. 32) (red. LS Ulf Kortstock)

Auszug aus den Entscheidungsgründen:

Der Klägerin stehen die geltend gemachten Ansprüche auf Differenzvergütung in Höhe von 60.673,00 € brutto abzüglich 11.400,00 € netto gemäß §§ 611, 612 Abs. 2, 138 Abs. 2 BGB, § 1 Abs. 1 und Abs. 2 MiLoG und § 4 Ziff. 2 Manteltarifvertrag für das Versicherungsvermittlergewerbe zu, weil die Klägerin im Zeitraum vom 01.01.2012 bis 10.03.2015 bei der Beklagten im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses beschäftigt wurde mit der Folge, dass die Vergütungsvereinbarung von 300,00 € brutto monatlich lohnwucherisch und nichtig ist, § 138 Abs. 2 BGB. Die durch das Arbeitsgericht nach § 612 Abs. 2 BGB ermittelte übliche Vergütung von 8,50 € brutto pro Stunde ist zugrunde zu legen.
....
Die Voraussetzungen des § 138 Abs. 2 BGB, wonach nichtig insbesondere ein Rechtsgeschäft ist, durch das jemand durch Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögens oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einen Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen, liegen vor. Die Beklagte hat die Unerfahrenheit der Klägerin, die 2009 gerade 17 Jahre alt war und noch über keine beruflichen Erfahrungen verfügte, ausgenutzt. Auch stammte die Klägerin aus wirtschaftlich ärmeren Verhältnissen und soll erhebliche Defizite in ihren Schreib- und Sprachfähigkeiten gehabt haben (Berufungsbegründung, Seite 13 und 15). Vor diesem Hintergrund liegt es nahe, dass weder ihr noch ihren Eltern die Verschiedenheit der Begriffe "Praktikum" und "Berufspraxis" bewusst waren. Darüber hinaus war die Klägerin im Sommer 2009 dringend auf eine berufliche Perspektive angewiesen, nachdem sie sich über ein Jahr erfolglos um eine Ausbildungsstelle beworben hatte.

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