Abrechnung von Lohn- und Gehaltsempfängern - Abfindungen

Wenn jemand wegen Beendigung seines Arbeitsverhältnisses eine Abfindung, Entschädigung oder ähnliche Leistungen erhalten oder zu beanspruchen hat, kann das Auswirkungen auf das Arbeitslosengeld haben.

Die Steuerpflicht hängt von der Art der Abfindung ab.

Arten von Abfindungen

Abfindungen nach dem AGG (Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz) Abfindung wegen Entlassung aus dem Arbeitsverhältnis
§ 15 Abs. 1 AGG:
Bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot ist der Arbeitgeber verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitgeber die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.
§ 15 Abs. 2 AGG:
Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann der oder die Beschäftigte eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Die Entschädigung darf bei einer Nichteinstellung drei Monatsgehälter nicht übersteigen, wenn der oder die Beschäftigte auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre.
Kündigt der Arbeitgeber rechtmäßig, ist der Arbeitgeber arbeitsrechtlich in der Regel nicht verpflichtet, dem Arbeitnehmer eine Abfindung zu zahlen. Einen Anspruch auf eine Abfindung gibt es im deutschen Arbeitsrecht damit nur ausnahmsweise. § 1a des Kündigungsschutzgesetzes regelt einen solchen Anspruch.
Es handelt sich um steuerpflichtigen Arbeitslohn.
Entschädigungen, die gewährt worden sind als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen (§ 24 Nr. 1a Einkommensteuergesetz).
Es handelt sich um Entschädigungen, die ein Arbeitnehmer wegen Verletzung des Benachteiligungsverbots durch den Arbeitgeber für immaterielle Schäden (Diskriminierung wegen Geschlecht/Alter, Mobbing, sexuelle Belästigung) verlangen kann.
Es liegt kein steuerpflichtiger Arbeitslohn vor. Diese Entschädigungen werden nicht für eine Beschäftigung gewährt (keine Einnahme aus dem Arbeitsverhältnis).

Abfindungen, die ab dem Kalenderjahr 2008 ausgezahlt werden, gehören in vollem Umfang zum steuerpflichtigen Arbeitslohn.

Beachte: Vervielfältigungsregelung bei Beendigung des Dienstverhältnisses nach § 3 Nr. 63 Satz 3 EStG. Für die Einzahlung einer Abfindung zugunsten einer bAV-Anwartschaft steht ein steuerfreier Höchstbetrag zur Verfügung. Dieser beträgt 4 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung (West) vervielfältigt mit der Anzahl der Kalenderjahre, in denen das Dienstverhältnis bestand, höchstens zehn Jahre.

Alle aufgeführten Abfindungen sind beitragsfrei in der Sozialversicherung.

Diese Seite behandelt Abfindungen wegen Entlassung aus dem Arbeitsverhältnis.

Grundsätzliches

Wenn ein Arbeitgeber eine rechtmäßige Kündigung ausspricht, braucht er grundsätzlich keine Abfindung zu zahlen. Der Abfindungsanspruch bei betriebsbedingter Kündigung nach § 1a Kündigungsschutzgesetz setzt den Hinweis des Arbeitgebers in der Kündigungserklärung voraus, dass die Kündigung auf dringende betriebliche Erfordernisse gestützt ist und der Arbeitnehmer bei Verstreichenlassen der Klagefrist die Abfindung beanspruchen kann.

§ 1a Kündigungsschutzgesetz (Abfindungsanspruch bei betriebsbedingter Kündigung):

(1) Kündigt der Arbeitgeber wegen dringender betrieblicher Erfordernisse nach § 1 Abs. 2 Satz 1 und erhebt der Arbeitnehmer bis zum Ablauf der Frist des § 4 Satz 1 keine Klage auf Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, hat der Arbeitnehmer mit dem Ablauf der Kündigungsfrist Anspruch auf eine Abfindung. Der Anspruch setzt den Hinweis des Arbeitgebers in der Kündigungserklärung voraus, dass die Kündigung auf dringende betriebliche Erfordernisse gestützt ist und der Arbeitnehmer bei Verstreichenlassen der Klagefrist die Abfindung beanspruchen kann.
(2) Die Höhe der Abfindung beträgt 0,5 Monatsverdienste für jedes Jahr des Bestehens des Arbeitsverhältnisses. § 10 Abs. 3 gilt entsprechend. Bei der Ermittlung der Dauer des Arbeitsverhältnisses ist ein Zeitraum von mehr als sechs Monaten auf ein volles Jahr aufzurunden.

Klagefrist nach § 4 Kündigungsschutzgesetz (Anrufung des Arbeitsgerichts):

Will ein Arbeitnehmer geltend machen, dass eine Kündigung sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist, so muss er innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist. Im Falle des § 2 ist die Klage auf Feststellung zu erheben, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist. Hat der Arbeitnehmer Einspruch beim Betriebsrat eingelegt (§ 3), so soll er der Klage die Stellungnahme des Betriebsrats beifügen. Soweit die Kündigung der Zustimmung einer Behörde bedarf, läuft die Frist zur Anrufung des Arbeitsgerichts erst von der Bekanntgabe der Entscheidung der Behörde an den Arbeitnehmer ab.

§ 10 Abs. 3 Kündigungsschutzgesetz (Höhe der Abfindung):

Als Monatsverdienst gilt, was dem Arbeitnehmer bei der für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit in dem Monat, in dem das Arbeitsverhältnis endet (§ 9 Abs. 2), an Geld und Sachbezügen zusteht.

Das Kündigungsschutzgesetz und damit auch der § 1a, gilt nicht in Kleinbetrieben (10 bzw. 5 Arbeitnehmer; Erläuterung auf der Seite Entlassung - Punkt Kündigungsschutzgesetz).

Der Arbeitgeber muss den angesprochenen Hinweis zur Abfindung in der Kündigungserklärung nicht geben. Damit ist die Abfindung im außergerichtlichen Stadium eine freiwillige Leistung des Arbeitgebers. Es gibt keinen gesetzlichen Abfindungsanpruch (obwohl zwei Drittel der Deutschen laut einer Untersuchung der Bertelsmann Stiftung das glauben). Der § 1a Kündigungsschutzgesetz enthält keinen echten Abfindungsanpruch.

Die Verhängung einer Sperrzeit durch die Bundesagentur für Arbeit scheidet bei einer Kündigung nach § 1a Kündigungsschutzgesetz grundsätzlich aus.

Zahlreiche Tarifverträge enthalten aber Regelungen zur Zahlung einer Abfindung. Zahlungsverpflichtungen sind auch in Sozialplänen enthalten.

Der Arbeitnehmer kann aber auch eine Kündigungsschutzklage beim zuständigen Arbeitsgericht erheben.

Abfindungsanspruch nach § 1a Kündigungsschutzgesetz und Kündigungsschutzklage

Bundesarbeitsgericht Urteil vom 13.12.2007, 2 AZR 971/06
Abfindungsanspruch nach § 1a KSchG
Leitsätze

1. Der Abfindungsanspruch nach § 1a Abs. 1 KSchG entsteht nach dem Wortlaut der Norm nicht, wenn der Arbeitnehmer die Kündigung klageweise angreift. Dies gilt auch für eine nach Ablauf der dreiwöchigen Klagefrist eingereichte (Kündigungsschutz-)Klage und einen Antrag des Arbeitnehmers auf nachträgliche Klagezulassung nach § 5 KSchG.
2. Durch eine Rücknahme des Antrags auf nachträgliche Klagezulassung und/oder die Rücknahme der Kündigungsschutzklage können die Voraussetzungen des § 1a Abs. 1 Satz 1 KSchG nicht mehr - nachträglich - erfüllt werden.

Die gesetzliche Regelung des § 1a Abs. 1 KSchG soll die Gerichte entlasten.

§ 9 Kündigungsschutzgesetz (Auflösung des Arbeitsverhältnisses durch Urteil des Gerichts, Abfindung des Arbeitnehmers):

(1) Stellt das Gericht fest, daß das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, ist jedoch dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zuzumuten, so hat das Gericht auf Antrag des Arbeitnehmers das Arbeitsverhältnis aufzulösen und den Arbeitgeber zur Zahlung einer angemessenen Abfindung zu verurteilen. Die gleiche Entscheidung hat das Gericht auf Antrag des Arbeitgebers zu treffen, wenn Gründe vorliegen, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht erwarten lassen. Arbeitnehmer und Arbeitgeber können den Antrag auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses bis zum Schluß der letzten mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz stellen.
(2) Das Gericht hat für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses den Zeitpunkt festzusetzen, an dem es bei sozial gerechtfertigter Kündigung geendet hätte.

Die Höhe der Abfindung ist in § 10 Kündigungsschutzgesetz geregelt:

(1) Als Abfindung ist ein Betrag bis zu zwölf Monatsverdiensten festzusetzen.
(2) Hat der Arbeitnehmer das fünfzigste Lebensjahr vollendet und hat das Arbeitsverhältnis mindestens fünfzehn Jahre bestanden, so ist ein Betrag bis zu fünfzehn Monatsverdiensten, hat der Arbeitnehmer das fünfundfünfzigste Lebensjahr vollendet und hat das Arbeitsverhältnis mindestens zwanzig Jahre bestanden, so ist ein Betrag bis zu achtzehn Monatsverdiensten festzusetzen. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitnehmer in dem Zeitpunkt, den das Gericht nach § 9 Abs. 2 für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses festsetzt, das in der Vorschrift des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch über die Regelaltersrente bezeichnete Lebensalter erreicht hat.
(3) Als Monatsverdienst gilt, was dem Arbeitnehmer bei der für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit in dem Monat, in dem das Arbeitsverhältnis endet (§ 9 Abs. 2), an Geld und Sachbezügen zusteht.

Abfindungen in Sozialplänen

Der § 10 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz erlaubt eine nach Alter oder Betriebszugehörigkeit gestaffelte Abfindungsregelung. Differenzierungen von Leistungen in Sozialplänen sind wegen Alter in zweierlei Hinsicht möglich.

  • Möglich ist eine nach Alter gestaffelte Abfindungsregelung (in der die wesentlich vom Alter abhängenden Chancen auf dem Arbeitsmarkt durch eine verhältnismäßig starke Betonung des Lebensalters erkennbar berücksichtigt worden sind), oder
  • Beschäftigte von den Leistungen eines Sozialplans ausgeschlossen werden, die wirtschaftlich abgesichert sind, weil sie, gegebenenfalls nach Bezug von Arbeitslosengeld, rentenberechtigt sind.

Nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts ist es zulässig, wenn in einem Unternehmen für bis zu 59-jährige eine von der Dauer der Betriebszugehörigkeit abhängige Abfindung gewährt wird, gleichzeitig aber ältere Arbeitnehmer eine geringere Abfindung bekommen.

Diese Rechtsauffassung verkörpert einmal wirklich Recht.

Mit steigendem Alter ist es zwar schwieriger einen neuen Arbeitsplatz zu bekommen. Ist ein bestimmtes Alter aber erreicht greifen die sozialen Sicherungssysteme (bis zur Rente Arbeitslosengeld) und eine Abfindung hätte nur noch einen Mitnahmeeffekt.

Informationen zur Sozialauswahl

Lohnsteuerliche Behandlung

Durch die ersatzlose Streichung der ehemaligen Nr. 9 des § 3 EStG sind die Steuerfreibeträge für Abfindungen wegen Entlassung aus dem Dienstverhältnis in Höhe von 7.200 €, 9.000 € oder 11.000 € ab 01.01.2006 weggefallen.
Es gab eine Übergangsregelung. Bei einer Auszahlung der Abfindung vor dem 01.01.2008, wenn der Aufhebungsvertrag bis 31.12.2005 abgeschlossen worden war, konnten die obigen Steuerfreibeträge noch angesetzt werden.

Abfindungen, die ab dem Kalenderjahr 2008 ausgezahlt werden, gehören in vollem Umfang zum steuerpflichtigen Arbeitslohn. Abfindungen wegen einer vom Arbeitgeber veranlassten Auflösung des Dienstverhältnisses können unter Anwendung der sog. Fünftelregelung als sonstiger Bezug ermäßigt besteuert werden (§ 24 Nr. 1 i. V. m. § 34 Abs. 1 und 2 EStG). Es wird bei der Berechnung der sonstige Bezug nur mit einem Fünftel angesetzt und die sich nach der Jahreslohnsteuertabelle ergebende Steuer verfünffacht. Durch dieses Verfahren soll die Steuerprogression gemildert werden.
Die Besteuerung von sonstigen Bezügen nach der Fünftelregelung bereits bei der Berechnung der Lohnsteuer wird ab 2025 ersatzlos aufgehoben. Arbeitnehmer können die Tarifermäßigung - wie bisher - im Rahmen der Veranlagung zur Einkommensteuer geltend machen.
Ausführliche Informationen zur Besteuerung von sonstigen Bezügen nach der Fünftelregelung

Eine Entschädigung nach § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG wird als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen gewährt. Das Gesetz verlangt damit nicht, das Arbeitsverhältnis müsse beendet werden. Es setzt lediglich voraus, dass Einnahmen wegfallen und dass dafür Ersatz geleistet wird.

Bundesfinanzhof Urteil vom 25.8.2009, IX R 3/09
Teilabfindung für Arbeitszeitreduzierung als Entschädigung - Zweck des § 34 Abs. 2 EStG
Leitsätze

Zahlt der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer eine Abfindung, weil dieser seine Wochenarbeitszeit aufgrund eines Vertrags zur Änderung des Arbeitsvertrags unbefristet reduziert, so kann darin eine begünstigt zu besteuernde Entschädigung i.S. von § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG liegen (Klarstellung der Rechtsprechung).

Nach ständiger Rechtsprechung setzt die Anwendung der begünstigten Besteuerung nach § 34 Abs. 1 und 2 EStG u. a. voraus, dass die Entschädigungsleistungen zusammengeballt in einem Veranlagungszeitraum zufließen. Der Zufluss mehrerer Teilbeträge in unterschiedlichen Veranlagungszeiträumen ist deshalb grundsätzlich schädlich.
Übersteigt die anlässlich der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses gezahlte Entschädigung die bis zum Ende des Veranlagungszeitraums entgehenden Einnahmen, die der Arbeitnehmer bei Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bezogen hätte, so ist das Merkmal der Zusammenballung von Einkünften stets erfüllt (BMF-Schreiben vom 01.11.2013, geändert durch BMF-Schreiben vom 04.03.2016).
Eine die Anwendung von § 34 EStG rechtfertigende Zusammenballung von Einkünften kommt auch dann in Betracht, wenn zu einer Hauptentschädigungsleistung eine in einem anderen Veranlagungszeitraum zufließende minimale Teilleistung hinzukommt (BFH, Urteil vom 25. 8. 2009 - IX R 11/09).

Bundesfinanzhof Urteil vom 26.01.2011, IX R 20/10
Außerordentliche Einkünfte aus Entschädigungen
Leitsätze

Zu außerordentlichen Einkünften führen nur solche Entschädigungen, deren zusammengeballter Zufluss zu einer Ausnahmesituation in der Progressionsbelastung des einzelnen Steuerpflichtigen führt.

Auszug aus dem Tatbestand

Der Kläger habe eine Abfindung in Höhe von insgesamt 77.788 EUR gemäß § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG als Ersatz für den weiteren Bezug seiner Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei der AG erhalten. Eine für die ermäßigte Besteuerung nach § 34 EStG erforderliche Zusammenballung der Entschädigungszahlung liege in Gestalt der im Streitjahr bezogenen Hauptentschädigungsleistung in Höhe von 67.788 EUR unabhängig davon vor, dass der Kläger im Vorjahr eine Teilleistung in Höhe von 10.000 EUR erhalten habe. Dabei gehe das FG von einer Bagatellgrenze von 5 % aus, bis zu der eine steuerpflichtige Teilleistung in einem Veranlagungszeitraum im Verhältnis zur steuerpflichtigen Gesamtleistung für die Steuerbegünstigung der in einem weiteren Veranlagungszeitraum zufließenden steuerpflichtigen Hauptleistung unbeachtlich sei. Der steuerpflichtige, dem Kläger im Jahr 2005 zugeflossene Betrag von 2.800 EUR liege unter dieser Bagatellgrenze (2.800 EUR zu 70.588 EUR).

Bundesfinanzhof Beschluss vom 20.6.2011, IX B 59/11
Außerordentliche Einkünfte aus Entschädigungen - geringfügige oder schädliche Teilleistung
Auszug aus den Gründen

Nach den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen und damit den erkennenden Senat bindenden Feststellungen des FG (vgl. § 118 Abs. 2 FGO) sind die --neben der Hauptentschädigungsleistung in Höhe von 139.307 EUR (im Streitjahr 2009)-- an den Kläger gezahlten Teilleistungen in Höhe von 13.815 EUR (2007) und 2.000 EUR (2008) nicht aus Gründen der sozialen Fürsorge als ergänzende Entschädigungszusatzleistungen gewährt worden. Da überdies im Streitfall keine besonderen tatsächlichen Umstände erkennbar sind, die die Teilleistungen bedingen oder prägen, ist die Frage, ob die Teilleistung der Außerordentlichkeit der Hauptentschädigungszahlung im Streitjahr entgegensteht, allein ausgehend von der Höhe der Teilleistungen zu beurteilen (vgl. BFH-Urteil in BFHE 232, 471). Danach hat das FG die Teilleistungen in Höhe von insgesamt 15.815 EUR (= 10,2 %), die zudem mit der Hauptentschädigungsleistung in drei Veranlagungszeiträumen gezahlt worden sind, zutreffend als nicht mehr geringfügig und damit schädlich für eine ermäßigte Besteuerung der Hauptentschädigungsleistung im Streitjahr angesehen.

Bundesfinanzhof Urteil vom 13.10.2015, IX R 46/14
Abfindung - Ermäßigte Besteuerung - Geringfügigkeit einer Teilauszahlung
Leitsätze:

1. Die Auszahlung einer einheitlichen Abfindung in zwei Teilbeträgen steht der Anwendung des ermäßigten Steuersatzes ausnahmsweise nicht entgegen, wenn sich die Teilzahlungen im Verhältnis zueinander eindeutig als Haupt- und Nebenleistung darstellen und wenn die Nebenleistung geringfügig ist.
2. Eine Nebenleistung kann unter Berücksichtigung der konkreten individuellen Steuerbelastung als geringfügig anzusehen sein, wenn sie niedriger ist als die tarifliche Steuerbegünstigung der Hauptleistung.

Zweifelsfragen im Zusammenhang mit der ertragsteuerlichen Behandlung von Entlassungsentschädigungen klärt das BMF-Schreiben vom 01.11.2013. Die Rz. 8 dieses BMF-Schreibens wurde am 04.03.2016 neu gefasst.
Auszug aus dem Inhalt:

Aus Vereinfachungsgründen wird es nicht beanstandet, eine geringfügige Zahlung anzunehmen, wenn diese nicht mehr als 10 % der Hauptleistung beträgt. Darüber hinaus kann eine Zahlung unter Berücksichtigung der konkreten individuellen Steuerbelastung als geringfügig anzusehen sein, wenn sie niedriger ist als die tarifliche Steuerbegünstigung der Hauptleistung (>BFH vom 13. Oktober 2015 - BStBl ... II S. ...). Ferner können jedoch auch ergänzende Zusatzleistungen, die Teil der einheitlichen Entschädigung sind und in späteren VZ aus Gründen der sozialen Fürsorge für eine gewisse Übergangszeit gewährt werden, für die Beurteilung der Hauptleistung als einer zusammengeballten Entschädigung unschädlich sein (>Rz. 13).

Sozialversicherungsrechtliche Behandlung

Eine Abfindung, die wegen Beendigung einer versicherungspflichtigen Beschäftigung als Entschädigung für die Zeit danach gezahlt wird, ist kein beitragspflichtiges Arbeitsentgelt (Urteil des Bundessozialgerichts vom 21.02.1990; 12 RK 20/88). Damit wurde der Begriff der echten Abfindung geprägt.
Abfindungen, die bei Fortsetzung des versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses nach einer Änderungskündigung oder nach einer einvernehmlichen Änderung des Arbeitsvertrages als Gegenleistung für die Verschlechterung von Arbeitsbedingungen gezahlt werden, stellen Arbeitsentgelt dar (Urteile des Bundessozialgerichts vom 28.01.1999; B 12 KR 14/98 R und B 12 KR 6/98 R). Damit wurde der Begriff der unechten Abfindung geprägt.

Die Broschüre "Prüfung von A-Z" der Deutschen Rentenversicherung (Ausgabe 2023) enthält zum Thema Abfindungen folgendes:

Abfindungen, die als Entschädigung für den Verlust des Arbeitsplatzes gezahlt werden, unterliegen nicht der Beitragspflicht zur Sozialversicherung. Sofern es sich jedoch um die Abgeltung vertraglicher Ansprüche handelt, die bis zum Zeitpunkt der Auflösung erlangt wurden, oder um Ausgleichszahlungen wegen Verringerung der Arbeitszeit, der Umsetzung in einen anderen Betriebsteil oder auf einen schlechter bezahlten bzw. geringer qualifizierten Arbeitsplatz oder wegen Rückführung auf die tarifliche Einstufung bei Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses, unterliegen diese der Beitragspflicht.

In diesen Fällen handelt es sich um Einmalig gezahltes Arbeitsentgelt.

Das wesentliche Merkmal für die unterschiedliche beitragsrechtliche Behandlung bei der Zahlung einer Abfindung ist das weiter bestehende Beschäftigungsverhältnis.

Wird die Abfindung ausschließlich für den Verlust des Arbeitsplatzes gezahlt, ist sie nicht sozialversicherungspflichtig. Wenn man sich nach dem Ausscheiden aus dem Unternehmen aber freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung weiterversichert, werden auf die Abfindung Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung erhoben. Diese Regelung gilt durch die Gesundheitsreform einheitlich für alle Krankenkassen (Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler).

Sozialversicherungsrechtliche Behandlung - Kranken- und Pflegeversicherung wird als freiwillige Mitgliedschaft fortgesetzt

Im Falle einer nachfolgenden freiwilligen gesetzlichen Krankenversicherung kann eine Nachforderung der Beiträge auf die ausgezahlte Abfindung erfolgen.

Die Abfindung wird aufgeteilt in einen Arbeitsentgeltanteil und einen sozialen Anteil.
Der Arbeitsentgeltanteil vergütet den vorzeitigen Wegfall des Arbeitsentgelts durch die frühere Aufgabe der Beschäftigung. Der soziale Anteil entschädigt für den Verlust des Arbeitsplatzes.
Zu Beitragsbemessung bei freiwillig Versicherten im Anschluss an das beendete Arbeitsverhältnis wird nur der Arbeitsentgeltanteil herangezogen.

Der Arbeitsentgeltanteil wird individuell nach Alter und Betriebszugehörigkeit errechnet (gleiche Berechnungsgrundlage, die auch die Bundesagentur für Arbeit verwendet; § 158 SGB III).

Betriebszugehörigkeit Lebensalter am Ende des Arbeitsverhältnisses
unter 40 Jahre ab 40 Jahre ab 45 Jahre ab 50 Jahre ab 55 Jahre ab 60 Jahre
weniger als 5 Jahre 60% 55% 50% 45% 40% 35%
5 und mehr Jahre 55% 50% 45% 40% 35% 30%
10 und mehr Jahre 50% 45% 40% 35% 30% 25%
15 und mehr Jahre 45% 40% 35% 30% 25% 25%
20 und mehr Jahre 40% 35% 30% 25% 25% 25%
25 und mehr Jahre 35% 30% 25% 25% 25% 25%
30 und mehr Jahre   25% 25% 25% 25% 25%
35 und mehr Jahre     25% 25% 25% 25%

Für die monatliche Beitragsbemessung wird jeweils ein Betrag in Höhe des zuletzt bezogenen Arbeitsentgelts zu Grunde gelegt, solange der in der Abfindung enthaltene Arbeitsentgeltanteil dafür ausreicht. Zu Grunde gelegt wird ein maximales Einkommen bis zur Beitragsbemessungsgrenze in der Krankenversicherung (4.987,50 Euro monatlich im Jahr 2023).

Der monatliche Beitrag aus der Abfindung wird für den kürzesten der folgenden Zeiträume erhoben:

  • längstens so lange, bis der Arbeitsentgeltanteil aufgebraucht ist
  • längstens bis zum Ablauf der normalerweise einzuhaltenden Kündigungsfrist des Arbeitgebers
  • längstens für ein Jahr.

Wenn die gesetzliche Kündigungsfrist eingehalten wird, bleibt die Abfindung bei der Ermittlung der Beitragshöhe im Rahmen der freiwilligen Versicherung also unberücksichtigt.

Auswirkungen auf das Arbeitslosengeld

Die Berücksichtigung von Entlassungsentschädigungen ist in § 158 SGB III geregelt.

Danach ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld, wenn die/der Arbeitslose wegen Beendigung ihres/seines Arbeitsverhältnisses eine Abfindung, Entschädigung oder ähnliche Leistung erhalten oder zu beanspruchen hat und außerdem das Arbeitsverhältnis beendet worden ist und eine Frist nicht eingehalten wurde, die der ordentlichen Kündigungsfrist des Arbeitgebers entspricht.

Durch das Ruhen des Anspruchs wird der Beginn der Zahlung von Arbeitslosengeld hinausgeschoben. Die Anspruchsdauer wird hierdurch nicht gekürzt.

Solange der Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht, besteht kein Kranken- oder Pflegeversicherungsschutz.

Ob Entlassungsentschädigungen bei einem eventuell nachfolgenden Bezug von Bürgergeld (früher Arbeitslosengeld II) als Einkommen oder als Vermögen zu berücksichtigen sind, richtet sich allein nach den Vorschriften des SGB II.


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