Abrechnung von Lohn- und Gehaltsempfängern - Auszubildende

Aktuelles

Bekanntmachung zur Fortschreibung der Höhe der Mindestvergütung für Berufsausbildungen nach dem Berufsbildungsgesetz (2024)
Am 18.10.2023 erfolgte im Bundesgesetzblatt die Bekanntmachung zur Fortschreibung der Höhe der Mindestvergütung für Berufsausbildungen nach dem Berufsbildungsgesetz (2024).
Mindestvergütung für Auszubildende bei Ausbildungbeginn 2024


Ausbildungsvergütung - Kürzung bei Teilzeit (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 1. Dezember 2020, 9 AZR 104/20)
Kürzung der Ausbildungsvergütung bei Teilzeit ist rechtens.


In bestimmten Fällen können auch Auszubildende Kurzarbeitergeld bekommen.
Die Unvermeidbarkeit des Arbeitsausfalls wird aber häufig nicht gegeben sein. Dem Betrieb sind besondere Maßnahmen zuzumuten, die Ausbildung auch während der Kurzarbeit fortzusetzen. Wegen der aktuellen Krise kann es aber durchaus sein, dass auch die Ausbildung nicht mehr möglich ist. Dann ist es auch möglich für Auszubildende Kurzarbeit zu beantragen.
Auszubildende haben aber bei Einführung von Kurzarbeit zunächst gegen den Ausbildenden Anspruch auf Weiterzahlung der Vergütung für die Dauer von sechs Wochen (§ 19 BBiG).


Bundesrat stimmt Mindestvergütung für Azubis zu - Gesetz zur Modernisierung und Stärkung der beruflichen Bildung
Der Bundesrat hat am 29. November 2019 der vom Bundestag beschlossenen Reform der beruflichen Bildung für höher Qualifizierte zugestimmt.
Die Bundesregierung will die Wettbewerbsfähigkeit und die Attraktivität der dualen Berufsausbildung erhöhen. Gelingen soll dies insbesondere mit einer Mindestvergütung für Auszubildende, international vergleichbaren Abschlussbezeichnungen und Teilzeitausbildung.
Das Gesetz wurde am 17.12.2019 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht. Die Neuregelungen treten zum 1. Januar 2020 in Kraft.
Wesentliche Neuerungen:

  • Mindestvergütung für Auszubildende
  • Einführung transparenter Fortbildungsstufen für die höherqualifizierende Berufsbildung (Klare Bezeichnungen für die berufliche Fortbildung).
  • Die Möglichkeit der Teilzeitberufsausbildung soll gestärkt werden.
  • Die Durchlässigkeit innerhalb der beruflichen Bildung soll gestärkt werden.

Auszug aus der Pressemitteilung der Hans-Böckler-Stiftung vom 26.07.2019:

Die in Tarifverträgen vereinbarten Ausbildungsvergütungen unterscheiden sich je nach Branche und Ausbildungsjahr sehr stark. Die Spannbreite reicht von 325 Euro im Friseurhandwerk in Brandenburg im 1. Ausbildungsjahr bis zu 1.580 Euro im westdeutschen Bauhauptgewerbe im 4. Ausbildungsjahr. Zudem gibt es in vielen Branchen auch eine erhebliche regionale Differenzierung. Dies geht aus einer aktuellen Auswertung von 20 ausgewählten Tarifbranchen hervor, die das Tarifarchiv des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung kurz vor Beginn des neuen Ausbildungsjahres 2019 vorlegt.

"In der großen Mehrzahl der Tarifbranchen liegen die Vergütungen für Auszubildende bereits heute deutlich oberhalb der geplanten Mindestausbildungsvergütung, die nach dem Willen der Bundesregierung ab 2020 bei 515 Euro liegen soll", so der Leiter des WSI-Tarifarchivs Prof. Dr. Thorsten Schulten. "Das Problem sind jedoch viele nicht-tarifgebundene Unternehmen, die mitunter ihre Auszubildenden immer noch deutlich schlechter bezahlen. Die Einführung einer Mindestausbildungsvergütung ist deshalb nicht zuletzt auch für die Stabilisierung des Tarifvertragssystems wichtig. Hierzu hätte sie durchaus auch noch etwas höher ausfallen können, ohne die Tarifverträge in der Breite zu tangieren."

Grundsätzliches

Auszubildende sind Arbeitnehmer im steuerrechtlichen und beitragsrechtlichen Sinn.

Wenn der Auszubildende ein Jugendlicher im Sinne des Jugendarbeitsschutzgesetzes ist (unter 18 Jahre; § 1 und § 2), gelten zusätzliche gesetzliche Bestimmungen.

Nach § 19 Jugendarbeitsschutzgesetz (JArbSchG) beträgt der Urlaub für Jugendliche, wenn der Jugendliche

  • zu Beginn des Kalenderjahres noch nicht 16 Jahre alt ist mindestens 30 Werktage,
  • zu Beginn des Kalenderjahres noch nicht 17 Jahre alt ist mindestens 27 Werktage,
  • zu Beginn des Kalenderjahres noch nicht 18 Jahre alt ist mindestens 25 Werktage.

Es gelten Festlegungen zur Arbeitszeit und zur Freizeit (§ 8 bis § 21b JArbSchG). Außerdem existieren Beschäftigungsverbote und -beschränkungen (§ 22 bis § 27 JArbSchG) sowie Vorschriften zur Gesundheitlichen Betreuung (§ 32 bis § 46 JArbSchG).

Nach § 49 JArbSchG haben die Arbeitgeber Verzeichnisse der bei ihnen beschäftigten Jugendlichen zu führen. Mindestinhalt:

  • Vor- und Familiennamen
  • Geburtsdatum
  • Wohnanschrift
  • Datum des Ausbildungsbeginn bzw. Beginn der Beschäftigung

Die Rechtsverhältnisse zwischen Ausbildungsbetrieb und Auszubildenden regelt das Berufsbildungsgesetz.

Für die Ausbildungsvergütung sind möglicherweise geltende Tarifverträge zu beachten.

Ausbildungssuche zählt als Anrechnungszeit für die Rente

Zeiten der Ausbildungssuche zwischen dem 17. und 25. Lebensjahr und Zeiten der Schulausbildung oder der Besuch einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme nach dem 17. Lebensjahr (maximal 8 Jahre) zählen als Anrechnungszeit für die Rente.
Voraussetzung für die Anerkennung der Ausbildungssuche: Bei der Arbeitsagentur melden!
§ 58 Abs. 1 Nr. 3a und 4 SGB VI:

(1) Anrechnungszeiten sind Zeiten, in denen Versicherte
....
3a. nach dem vollendeten 17. Lebensjahr mindestens einen Kalendermonat bei einer deutschen Agentur für Arbeit oder einem zugelassenen kommunalen Träger nach § 6a des Zweiten Buches als Ausbildungsuchende gemeldet waren, soweit die Zeiten nicht mit anderen rentenrechtlichen Zeiten belegt sind,
4.   nach dem vollendeten 17. Lebensjahr eine Schule, Fachschule oder Hochschule besucht oder an einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme im Sinne des Rechts der Arbeitsförderung teilgenommen haben (Zeiten einer schulischen Ausbildung), insgesamt jedoch höchstens bis zu acht Jahren, oder
....

Berufsausbildungsvertrag

Nach § 10 Berufsbildungsgesetz muss der Ausbildende mit den Auszubildenden einen Berufsausbildungsvertrag abschließen. Es sind die für den Arbeitsvertrag geltenden Rechtsvorschriften und Rechtsgrundsätze anzuwenden.
Der Ausbildende hat unverzüglich nach Abschluss des Berufsausbildungsvertrages, spätestens vor Beginn der Berufsausbildung, den wesentlichen Inhalt des Vertrages schriftlich niederzulegen. Der Vertrag ist von den Ausbildenden, den Auszubildenden und deren gesetzlichen Vertretern zu unterzeichnen. Eine Ausfertigung der unterzeichneten Niederschrift ist den Auszubildenden und deren gesetzlichen Vertretern unverzüglich auszuhändigen (§ 11 Berufsbildungsgesetz).

Ausbildende haben Auszubildende für die Teilnahme am Berufsschulunterricht und an Prüfungen freizustellen (§ 15 Berufsbildungsgesetz).

Die Vergütung ist nach dem Lebensalter der Auszubildenden so zu bemessen, dass sie mit fortschreitender Berufsausbildung, mindestens jährlich, ansteigt (§ 17 Berufsbildungsgesetz).
Die Vergütung für den laufenden Kalendermonat ist spätestens am letzten Arbeitstag des Monats zu zahlen (§ 18 Berufsbildungsgesetz).

Die Berufsausbildung beginnt mit einer Probezeit. Diese muss mindestens einen Monat und darf höchstens vier Monate betragen (§ 20 Berufsbildungsgesetz). Beide Vertragspartner sollen damit ausreichend Gelegenheit haben, die für die Ausbildung im konkreten Ausbildungsberuf wesentlichen Umstände eingehend zu prüfen. Während der Probezeit kann das Ausbildungsverhältnis jederzeit ohne Einhalten einer Kündigungsfrist gekündigt werden (§ 22 Berufsbildungsgesetz).
Die Dauer eines vorausgegangenen Praktikums ist nicht auf die Probezeit in einem folgenden Berufsausbildungsverhältnis anzurechnen. Auf den Inhalt und die Zielsetzung des Praktikums kommt es nicht an (Bundesarbeitsgericht Urteil vom 19. November 2015 - 6 AZR 844/14).

Höhe der Ausbildungsvergütung - Mindestvergütung für Azubis

Das Mindestlohngesetz gilt nicht für Auszubildende, da sie keine Arbeitsverträge, sondern Ausbildungsverträge abschließen (§ 22 Abs. 3 Mindestlohngesetz). Damit gilt der flächendeckende gesetzliche Mindestlohn nicht für die Höhe der Ausbilungsvergütung.

Vergütungsanspruch und Mindestvergütung
Das Gesetz zur Modernisierung und Stärkung der beruflichen Bildung wurde am 17.12.2019 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht. Die Neuregelungen treten zum 1. Januar 2020 in Kraft. Wer sich vor dem 1. Januar 2020 bereits in einer Berufsausbildung befindet, profitiert nicht von den neuen Regelungen.

Mit der gesetzlichen Verankerung einer Mindestvergütung im BBiG sollen Auszubildende in Zeiten sinkender Tarifbindung besser vor unangemessenen Vergütungen geschützt werden. Grundsätzlich bleiben dabei auch in Zukunft die in Tarifverträgen vereinbarten Vergütungen maßgeblich für die Bestimmung der Angemessenheit.

Zum Vergütungsanspruch sagt der § 17 BBiG:

(1) Ausbildende haben Auszubildenden eine angemessene Vergütung zu gewähren. Die Vergütung steigt mit fortschreitender Berufsausbildung, mindestens jährlich, an.
(2) Die Angemessenheit der Vergütung ist ausgeschlossen, wenn sie folgende monatliche Mindestvergütung unterschreitet:
  1. im ersten Jahr einer Berufsausbildung
    1. 515 Euro, wenn die Berufsausbildung im Zeitraum vom 1. Januar 2020 bis zum 31. Dezember 2020 begonnen wird,
    2. 550 Euro, wenn die Berufsausbildung im Zeitraum vom 1. Januar 2021 bis zum 31. Dezember 2021 begonnen wird,
    3. 585 Euro, wenn die Berufsausbildung im Zeitraum vom 1. Januar 2022 bis zum 31. Dezember 2022 begonnen wird, und
    4. 620 Euro, wenn die Berufsausbildung im Zeitraum vom 1. Januar 2023 bis zum 31. Dezember 2023 begonnen wird,
  2. im zweiten Jahr einer Berufsausbildung den Betrag nach Nummer 1 für das jeweilige Jahr, in dem die Berufsausbildung begonnen worden ist, zuzüglich 18 Prozent,
  3. im dritten Jahr einer Berufsausbildung den Betrag nach Nummer 1 für das jeweilige Jahr, in dem die Berufsausbildung begonnen worden ist, zuzüglich 35 Prozent und
  4. im vierten Jahr einer Berufsausbildung den Betrag nach Nummer 1 für das jeweilige Jahr, in dem die Berufsausbildung begonnen worden ist, zuzüglich 40 Prozent.
Die Höhe der Mindestvergütung nach Satz 1 Nummer 1 wird zum 1. Januar eines jeden Jahres, erstmals zum 1. Januar 2024, fortgeschrieben. Die Fortschreibung entspricht dem rechnerischen Mittel der nach § 88 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g erhobenen Ausbildungsvergütungen im Vergleich der beiden dem Jahr der Bekanntgabe vorausgegangenen Kalenderjahre. Dabei ist der sich ergebende Betrag bis unter 0,50 Euro abzurunden sowie von 0,50 Euro an aufzurunden. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung gibt jeweils spätestens bis zum 1. November eines jeden Kalenderjahres die Höhe der Mindestvergütung nach Satz 1 Nummer 1 bis 4, die für das folgende Kalenderjahr maßgebend ist, im Bundesgesetzblatt bekannt. Die nach den Sätzen 2 bis 5 fortgeschriebene Höhe der Mindestvergütung für das erste Jahr einer Berufsausbildung gilt für Berufsausbildungen, die im Jahr der Fortschreibung begonnen werden. Die Aufschläge nach Satz 1 Nummer 2 bis 4 für das zweite bis vierte Jahr einer Berufsausbildung sind auf der Grundlage dieses Betrages zu berechnen.
(3) Angemessen ist auch eine für den Ausbildenden nach § 3 Absatz 1 des Tarifvertragsgesetzes geltende tarifvertragliche Vergütungsregelung, durch die die in Absatz 2 genannte jeweilige Mindestvergütung unterschritten wird. Nach Ablauf eines Tarifvertrages nach Satz 1 gilt dessen Vergütungsregelung für bereits begründete Ausbildungsverhältnisse weiterhin als angemessen, bis sie durch einen neuen oder ablösenden Tarifvertrag ersetzt wird.
(4) Die Angemessenheit der vereinbarten Vergütung ist auch dann, wenn sie die Mindestvergütung nach Absatz 2 nicht unterschreitet, in der Regel ausgeschlossen, wenn sie die Höhe der in einem Tarifvertrag geregelten Vergütung, in dessen Geltungsbereich das Ausbildungsverhältnis fällt, an den der Ausbildende aber nicht gebunden ist, um mehr als 20 Prozent unterschreitet.
(5) Bei einer Teilzeitberufsausbildung kann eine nach den Absätzen 2 bis 4 zu gewährende Vergütung unterschritten werden. Die Angemessenheit der Vergütung ist jedoch ausgeschlossen, wenn die prozentuale Kürzung der Vergütung höher ist als die prozentuale Kürzung der täglichen oder der wöchentlichen Arbeitszeit. Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 bis 4, auch in Verbindung mit Absatz 2 Satz 2 bis 7, sind mit der Maßgabe anzuwenden, dass für die nach § 7a Absatz 2 Satz 1 verlängerte Dauer der Teilzeitberufsausbildung kein weiterer Anstieg der Vergütung erfolgen muss.
(6) Sachleistungen können in Höhe der nach § 17 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch festgesetzten Sachbezugswerte angerechnet werden, jedoch nicht über 75 Prozent der Bruttovergütung hinaus.
(7) Eine über die vereinbarte regelmäßige tägliche Ausbildungszeit hinausgehende Beschäftigung ist besonders zu vergüten oder durch die Gewährung entsprechender Freizeit auszugleichen.

Für jeden Auszubildenden, der seine Ausbildung ab 2020 beginnt, ist eine Ausbildungsvergütung damit wie folgt zu zahlen:

  • In tarifgebundenen Unternehmen ist entsprechend der Tarifvereinbarung zu zahlen (in einem Tarifvertrag kann aber die Mindestausbildungsvergütung unterschritten werden).
  • Nicht tarifgebundene Unternehmen dürfen den Branchentarif um bis zu 20 Prozent unterschreiten.
  • In Unternehmen ohne für die Branche gültigen Branchentarif sind mindestens die folgenden Beträge zu zahlen (Mindestausbildungsvergütung).
Ausbildungs­beginn 1. Lehrjahr 2. Lehrjahr (Wert 1. Lehrjahr + 18 Prozent) 3. Lehrjahr (Wert 1. Lehrjahr + 35 Prozent) 4. Lehrjahr (Wert 1. Lehrjahr + 40 Prozent)
2020 515 Euro 608 Euro 695 Euro 721 Euro
2021 550 Euro 649 Euro 743 Euro 770 Euro
2022 585 Euro 690 Euro 790 Euro 819 Euro
2023 620 Euro 732 Euro 837 Euro 868 Euro

Ab 2024 wird die Höhe der gesetzlichen Mindestvergütung für das erste Ausbildungsjahr jeweils im November des Vorjahres im Bundesgesetzblatt bekannt gegeben und jährlich an die durchschnittliche Entwicklung aller Ausbildungsvergütungen angepasst.

Am 18.10.2023 erfolgte im Bundesgesetzblatt die Bekanntmachung zur Fortschreibung der Höhe der Mindestvergütung für Berufsausbildungen nach dem Berufsbildungsgesetz (2024):

Die Höhe der monatlichen Mindestvergütung nach § 17 Absatz 2 Satz 1 des Berufsbildungsgesetzes beträgt, wenn die Berufsausbildung im Zeitraum vom 1. Januar 2024 bis zum 31. Dezember 2024 begonnen wird,

im ersten Jahr einer Berufsausbildung   649 Euro (§ 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 des Berufsbildungsgesetzes),
im zweiten Jahr einer Berufsausbildung   766 Euro (§ 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 des Berufsbildungsgesetzes),
im dritten Jahr einer Berufsausbildung   876 Euro (§ 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 des Berufsbildungsgesetzes)
und
im vierten Jahr einer Berufsausbildung   909 Euro (§ 17 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 des Berufsbildungsgesetzes).

Zur Angemessenheit der Ausbildungsvergütung gibt es ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 29.4.2015 (9 AZR 108/14)
Leitsätze des Urteils:

1. § 17 Abs. 1 Satz 1 BBiG begründet keine Pflicht, die einschlägige tarifliche Ausbildungsvergütung zu vereinbaren.
2. § 17 Abs. 1 BBiG und § 138 BGB verfolgen unterschiedliche Regelungszwecke. Eine Ausbildungsvergütung, die so hoch ist, dass sie noch nicht gegen die guten Sitten verstößt, muss noch nicht angemessen sein.
3. Auch dann, wenn üblicherweise nur zwischen 80 vH und 100 vH der tariflichen Ausbildungsvergütung gezahlt werden, ist eine die Grenze zu 80 vH unterschreitende Ausbildungsvergütung regelmäßig nicht mehr angemessen.

Auszug aus der Pressemitteilung Nr. 28/15 des Bundesarbeitsgerichts:

Ausbildende haben Auszubildenden gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 BBiG eine angemessene Vergütung zu gewähren. Maßgeblich für die Angemessenheit ist die Verkehrsanschauung. Wichtigster Anhaltspunkt für diese sind die einschlägigen Tarifverträge. Eine Ausbildungsvergütung ist in der Regel nicht mehr angemessen, wenn sie die in einem einschlägigen Tarifvertrag geregelte um mehr als 20 vH unterschreitet. Handelt es sich bei dem Ausbildenden um eine gemeinnützige juristische Person, rechtfertigt allein der Status der Gemeinnützigkeit es nicht, bei der Prüfung der Angemessenheit der Ausbildungsvergütung von einer Orientierung an den einschlägigen Tarifverträgen abzusehen.

Nach einer Pressemitteilung der Hans-Böckler-Stiftung vom 18.05.2015 fallen die tariflich geregelten Ausbildungsvergütungen je nach Branche und Ausbildungsjahr sehr unterschiedlich aus. Danach variieren die Ausbildungsvergütungen von 515 Euro im Kfz-Gewerbe Thüringen im 1. Ausbildungsjahr bis zu 1.505 Euro im Bauhauptgewerbe West im 4. Ausbildungsjahr.
Weitere Fakten zum Urlaubsgeld aus der Pressemitteilung vom 18.05.2015:

Im vergangenen Jahr stiegen die Ausbildungsvergütungen überwiegend zwischen 2,0 und 4,5 Prozent. Nur in wenigen Tarifbereichen wurden keine Steigerungen vereinbart.
Innerhalb der Branchen gibt es zum Teil bundesweit einheitliche Ausbildungsvergütungen, es bestehen aber auch beträchtliche regionale Unterschiede (Stand: 1.5.2015). "Die aktuellen Ausbildungsvergütungen zeigen ähnliche Differenzierungen wie die Tariflöhne und -gehälter", sagt WSI-Tarifexperte Dr. Reinhard Bispinck. "Neben bundeseinheitlichen Tarifverträgen gibt es solche mit starken regionalen Unterschieden, häufig verbunden mit einem West-Ost-, aber auch mit einem Süd-Nord-Gefälle". ....
....
Bundesweit einheitliche tarifliche Ausbildungsvergütungen gibt es u. a. bei Banken (1.025 Euro) und Versicherungen (1.037 Euro), in der Druckindustrie (994 Euro), in der Papierverarbeitung (970 Euro) sowie bei der Deutschen Bahn (877 Euro), der Deutschen Post (920 Euro), der Deutschen Telekom (940 Euro) und im öffentlichen Dienst (Bund, Gemeinden: 949 Euro, Länder: 941 Euro).

Ausbildungsvergütung - Kürzung bei Teilzeit

Die Kürzung der Ausbildungsvergütung bei Teilzeit ist nach einem Urteil des Bundesarbeitsgericht vom 1. Dezember 2020 (9 AZR 104/20) rechtens.
Auszug aus der Pressemitteilung Nr. 44/20 des Bundesarbeitsgerichts:

Eine tarifliche Regelung, nach der sich die Ausbildungsvergütung von Auszubildenden in Teilzeit entsprechend der Anzahl wöchentlicher Ausbildungsstunden vergleichbarer Auszubildender in Vollzeit berechnet, verstößt nicht gegen höherrangiges Recht.

Berechnung der Lohnsteuer für Auszubildende

Eine Pauschalierung der Lohnsteuer wie bei Minijobs kommt bei Auszubildenden grundsätzlich nicht in Betracht. Das gilt auch dann, wenn die Ausbildungsvergütung die Geringfügigkeitsgrenze nicht übersteigt. Die Ausbildungsvergütung wird also grundsätzlich als laufender Arbeitslohn nach den Lohnsteuerabzugsmerkmalen besteuert. Damit hat der Arbeitgeber auch für Auszubildende die elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale (ELStAM-Verfahren) abzurufen.

Sozialversicherungsrechtliche Behandlung von Auszubildenden

Azubis sind nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 SGB IV als "zur Berufsausbildung Beschäftigte" sozialversicherungspflichtig. Es besteht grundsätzlich Versicherungspflicht in allen Versicherungszweigen. Das gilt auch dann, wenn die Ausbildungsvergütung die Geringfügigkeitsgrenze nicht übersteigt. Das Ausbildungsverhältnis kann also nicht als geringfügige Beschäftigung abgerechnet werden. Die Regelungen zur Gleitzone bzw. zum Übergangsbereich dürfen bei Auszubildenden auch nicht angewendet werden, auch wenn die Ausbildungsvergütung in diesem Bereich liegt. Dazu gibt es ein Urteil des Bundessozialgerichts vom 15.7.2009 (B 12 KR 14/08 R).
Leitsätze:

1. Gegen die Sozialversicherungspflicht der zu ihrer Berufsausbildung betrieblich Beschäftigten und ihre Belastung mit Beiträgen bestehen auch bei einem monatlichen Entgelt im Bereich der Geringfügigkeitsgrenze keine verfassungsrechtlichen Bedenken.
2. Ebenso begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, dass der Beitragsanteil, den die zu ihrer Berufsausbildung betrieblich Beschäftigten zu tragen haben, nicht nach den Regelungen über die sog. Gleitzone bemessen wird.

Für Auszubildende gilt jedoch die Geringverdienergrenze von 325 €. Zur Berufsausbildung Beschäftigte, die nicht mehr als 325 € im Monat verdienen (Geringverdiener), müssen keine eigenen Beiträge zahlen. Der Arbeitgeber muss also neben seinen Arbeitgeberanteilen auch die Arbeitnehmeranteile übernehmen. Wird durch eine einmalige Zuwendung (Urlaubsgeld oder Weihnachtsgeld) die Geringverdienergrenze (325 €) überschritten, so tragen Arbeitgeber und Auszubildender die Beiträge aus dem die Grenze übersteigenden Betrag je zur Hälfte. Auf der Seite Geringverdiener finden sie Beispiele.
Wegen der ab 2020 eingeführten Mindestvergütung für Auszubildende ist diese Regelung kaum noch von Bedeutung.

Übersteigt die Ausbildungsvergütung die Geringverdienergrenze, gelten die normalen Grundsätze der Beitragsberechnung.

Für Auszubildende gilt die Personengruppe 102 in den Meldungen nach der DEÜV (für Meldezeiträume ab dem 01.01.2012 außer bei Verdienst in der Geringverdienergrenze). Für Auszubildende, deren Arbeitsentgelt die Geringverdienergrenze nicht übersteigt, gilt für Meldezeiträume ab dem 01.01.2012 die Personengruppe 121. Der Personengruppenschlüssel 121 ist selbst dann anzuwenden, wenn die Geringverdienergrenze infolge einmalig gezahlten Arbeitsentgelts überschritten wird.

Für Auszubildende in einer außerbetrieblichen Einrichtung gilt für Meldezeiträume ab dem 01.01.2012 die Personengruppe 122. Eine außerbetriebliche Berufsausbildung liegt vor, wenn die Ausbildung von verselbstständigten, nicht einem Betrieb angegliederten Bildungseinrichtungen durchgeführt wird.

Mit dem Besprechungsergebnis der Spitzenorganisationen der Sozialversicherungsträger vom 08.03.2017 kam es zur Änderung der Beschreibung der Personengruppe 102. Auszubildende ohne Arbeitsentgelt sind danach mit der Personengruppe 102 zu melden. Zur Gewährleistung eines einheitlichen Verfahrens gilt die - bereits für Teilnehmer an dualen Studiengängen ohne Arbeitsentgelt festgelegte - PGR 102 für den gesamten Personenkreis der Auszubildenden ohne Arbeitsentgelt.

Damit gilt:

Berufsausbildung Personengruppe bis 2011 Personengruppe ab 2012
Betriebliche Berufsausbildung und Entgelt über 325 € 102 102
Betriebliche Berufsausbildung und Entgelt von max. 325 € 102 121
Betriebliche Berufsausbildung ohne Arbeitsentgelt 102 102
Außerbetriebliche Berufsausbildung; Höhe des Entgelts ist nicht relevant 102 122

Für Auszubildende in der Seefahrt, deren Arbeitsentgelt die Geringverdienergrenze nicht übersteigt, gilt für Meldezeiträume ab dem 01.01.2012 die Personengruppe 144.

Die neuen Personengruppenschlüssel wurden vorrangig für den Sozialausgleich benötigt, da diese Beschäftigten keinen Zusatzbeitrag zahlen müssen. Auszubildende mit Entgelt unter 325 € hatten generell keinen Anspruch auf Sozialausgleich. Sie zahlten ja auch keine eigenen Beiträge. Mit dem Wegfall des Sozialausgleichs ab 2015 werden auch die 2012 eingeführten Personengruppenschlüssel 121, 122, 123 und 144 eigentlich nicht mehr benötigt. Sie sollten deshalb nur noch für Meldezeiträume bis zum 31.12.2014 verwendbar sein.
Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) hat sich aus abrechnungstechnischen Gründen gegen den Wegfall der Personengruppenschlüssel ausgesprochen.
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) ist dieser Auffassung gefolgt und hat sich für die dauerhafte Beibehaltung dieser Personengruppenschlüssel ausgesprochen. Damit sind sie weiterhin im Meldeverfahren zu berücksichtigen (Besprechungsergebnis der Spitzenverbände der Krankenkassen vom 22.10.2014).

Nach § 242 Abs. 3 Nr. 6 SGB V hat die Krankenkasse bei Geringverdienern den Zusatzbeitrag in Höhe des durchschnittlichen Zusatzbeitragssatzes nach § 242a zu erheben. Diese Steuerung wäre in den Lohnprogrammen über den Personengruppenschlüssel möglich.

Der Auszubildende ist mit Beginn der Beschäftigung wie ein normaler Arbeitnehmer bei der zuständigen Krankenkasse unter Angabe der Versicherungsnummer mit dem Abgabegrund 10 anzumelden.
In bestimmten Wirtschaftsbranchen besteht die Pflicht zur Abgabe einer Sofortmeldung.
Während der Ausbildung sind grundsätzlich die gleichen Meldungen zu erstatten, wie für die anderen versicherungspflichtig Beschäftigten (z. B. Jahresmeldungen oder Unterbrechungsmeldungen). Zudem ist auch dem Auszubildenden für jede abgegebene Meldung eine Meldebescheinigung auszustellen.

Fahrtkosten zur Ausbildungsstätte und zur Berufsschule

Hier gibt es Unterschiede beim Ansatz für die Fahrten zur Ausbildungsstätte und zur Berufsschule.

Mit dem neuen Reisekostenrecht wird ab 2014 der Begriff der "ersten Tätigkeitsstätte" eingeführt. Die Berufsschule kann keine erste Tätigkeitsstätte sein, da diese im Rahmen eines Ausbildungs-Arbeitsverhältnisses aufgesucht wird. Die erste Tätigkeitsstätte der Auszubildenden befindet sich in der Regel im Betrieb des Arbeitgebers.
Damit sind die Fahrten zur Berufsschule im Rahmen einer beruflich veranlassten Auswärtstätigkeit nach Reisekostengrundsätzen abzugsfähig.

  • Fahrten zur Ausbildungsstätte: Ansatz der Entfernungspauschale pro Entfernungskilometer
    Der Arbeitgeber kann dem Auszubildenden einen Fahrkostenersatz zahlen. Der Fahrkostenersatz des Arbeitgebers für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte (hier Ausbildungsstätte) ist steuerpflichtig. Die Lohnsteuer kann ab dem 1. Entfernungskilometer mit 15% pauschaliert werden, und zwar in Höhe der Entfernungspauschale. Die Pauschalierung der Lohnsteuer löst Beitragsfreiheit in der Sozialversicherung aus.
    Ab 2019 sind Zuschüsse des Arbeitgebers für die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel steuerfrei (§ 3 Nr. 15 EStG).
  • Fahrten zur Berufsschule: Ansatz von 0,30 Euro/gefahrener Kilometer (Fahrtkosten bei Auswärtstätigkeiten)
    Fahrten des Auszubildenden zur Berufsschule oder zu anderen Ausbildungseinrichtungen sind damit beruflich veranlasste Auswärtstätigkeiten.
    Der Arbeitgeber kann dem Auszubildenden Aufwendungen für diese Fahrten im Rahmen der Reisekostenregelung steuerfrei erstatten.

Der Arbeitgeber ist gegenüber dem Auszubildenden grundsätzlich nicht erstattungspflichtig, was die Fahrtkosten betrifft. Er muss den Auszubildenden für den Schulbesuch lediglich freistellen und die Ausbildungsvergütung weiterzahlen.

Fahrtkosten lassen sich als Werbungskosten absetzen, wenn der Arbeitgber diese nicht erstattet.

Ab 2012 entfällt die Einkommensüberprüfung bei volljährigen Kindern

Der Verdienst eines Auszubildenden konnte bis 2011 Auswirkungen auf das Kindergeld haben. Bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres wurde Kindergeld auch ohne Anrechnung von Einkünften und Bezügen des Kindes gewährt. Bei Auszubildenden über 18 Jahre durften die Einkünfte und Bezüge des Auszubildenden im Jahr 2011 den Betrag von 8.004 € pro Kalenderjahr nicht überschreiten.
Der Anspruch ist dabei in voller Höhe und nicht nur in Höhe des übersteigenden Teils entfallen.

Ab 2012 entfällt die Einkommensüberprüfung bei volljährigen Kindern unter 25 Jahren für Kindergeld und Kinderfreibeträge. Ab 2012 wird das Kindergeld einkommensunabhängig gewährt. Für ein über 18 Jahre altes Kind kann bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres Kindergeld weitergezahlt werden, solange es für einen Beruf ausgebildet wird.

Checkliste zum Ausbildungsbeginn

Auszubildende müssen dem Arbeitgeber die Steuer-Identifikationsnummer und das Geburtsdatum mitteilen. Der Arbeitgeber kann mit diesen Angaben alle für den Lohnsteuerabzug notwendigen Daten abrufen (ELStAM-Verfahren).

Als Azubi ist man selbst krankenversicherungspflichtig. Damit muss man sich eine Krankenkasse aussuchen.

Bis Ende 2010 bekam jeder Arbeitnehmer von seinem Rentenversicherungsträger einen Sozialversicherungsausweis. Seit Januar 2011 ist der Sozialversicherungsausweis in der früheren Form entfallen. Stattdessen erhält jeder Arbeitnehmer ein Schreiben seines Rentenversicherungsträgers, worin ihm seine Sozialversicherungsnummer mitgeteilt wird. Der Inhalt und die Funktion des Schreibens decken sich mit dem bisherigen Sozialversicherungsausweis.

Termin mit Hausarzt machen (ärztliche Bescheinigung zur gesundheitlichen Eignung für den Beruf)

Informationen zu Arbeitspapieren


© 2007-2024 A.Liebig - Impressum - Kontakt - Datenschutz - Inhaltsverzeichnis (Sitemap) - Lohnlexikon